Kolumne Rote Erde: Einsperren!
Oliver Bierhoff ist manchmal ein komischer Kauz. Jetzt wollte er eine Mandela-Zelle gegen den Lagerkoller bauen. Abgelehnt. Doch die Idee hat andere Teams inspiriert.
D er deutsche Manager ist ein merkwürdiges Wesen. Er glaubt, zur Elite des Landes zu gehören. Aber ist nicht eher das Gegenteil der Fall? Einmal überweist er einer amerikanischen Pleitebank Dutzende von Millionen Euro, die unwiederbringlich verloren sind. Ein andermal spricht er von einem florierenden Unternehmen, obwohl Vorstand und Aufsichtsrat längst wissen, dass die Firma gegen die Wand fährt.
In der Welt der Manager muss man sich ständig beweisen, auch außerhalb der Firmenzentrale. Seinen Überlebenswillen schult die Managerelite in der Natur, wo man durch Schlamm robbt und am Sauerampfer nagt. Gern lässt man sich die Gefahren des Hochgebirges von Leuten wie dem Yeti-Kenner Reinhold Messner erklären. Der deutsche Manager braucht diese erhellenden Momente, um 25 Stunden pro Tag am Bruttosozialprodukt zu werkeln.
Der Manager der deutschen Nationalmannschaft heißt Oliver Bierhoff. Auch er gehört zur Elite, als ehemaliger Fußballer sowieso. Bierhoff hat stets sehr gute Ideen. Er überlegt tagelang, wie er die Nationalspieler bespaßen könnte. Denn eines darf niemals passieren: dass der Lagerkoller ausbricht. Also hat sich Oliver Bierhoff gedacht, wir machen mal was Besonderes: Wir bauen die Gefängniszelle nach, in der Nelson Mandela auf Robben Island gesessen hat, einfach mal so. Nicht irgendwo, sondern im Quartier des Deutschen Fußball-Bundes in Erasmia. Da sollten Schweini, Poldi und Sami dann reingehen, um wieder zu Sinnen zu kommen.
Markus Völker ist Sportredakteur der taz und berichtet von der WM aus Südafrika.
So hatte Oliver Bierhoff sich das gedacht: "Wenn du Lagerkoller hast, dann geh doch mal rein und schau mal, ob du das 27 oder 28 Jahre aushältst. Das hilft bestimmt gegen Lagerkoller." Das hat der Oliver Bierhoff in dieser Woche wirklich gesagt. Aber Schweini, Poldi und Sami können nun doch nicht in den Mandela-Knast rein, denn Bierhoff hat das Ding nicht bauen lassen. Irgendwer im Stab des DFB muss der Meinung gewesen sein, dass so eine Internierung von Schlüsselspielern kontraproduktiv sei. Man hätte sie doch auf dem Platz gebraucht und nicht eingesperrt, darauf wartend, dass der Lagerkoller endlich verfliegt. Wie heißt es doch so schön? Wichtig is aufm Platz - und nicht inner Zelle.
Wie man hört, zieht die Idee des Oliver Bierhoff ihre Kreise. Das chilenische WM-Team hat Baupläne angefordert von den Verliesen des Augusto Pinochet. Die Spanier wollen, heißt es aus gut informierten Kreisen, mehr über die Foltermethoden des Francisco Franco wissen, um ihr Team wachzurütteln. Die US-Amerikaner arbeiten an einem Reservat für formschwache Kicker. Und die Niederländer planen einen Barackenbau nach dem Vorbild von Westerbork.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!