Kolumne Right Trash: Der Katze geht die rechte Pfote steil
Memes sind nicht nur harmlose bunte Bildchen mit witzigen Sprüchen. Rechte benutzen die einfachen Aussagen, um ihre Hetze zu verbreiten.
E ine weiß-braune Katze starrt mit schlecht gelauntem Gesichtsausdruck in die Gegend. Über ihrem Kopf steht in weißen Blockbuchstaben „Ich hatte mal Spaß“, weiter unten folgt abschließend: „es war schrecklich“. Das Original von „Grumpy cat“ verbreitete sich im Internet rasend schnell, in den ersten 48 Stunden wurde das Motiv mehr als eine Millionen Mal aufgerufen, hunderte abgewandelte Kopien wie die oben beschriebene entstanden in dem Zeitraum. Erstaunlich für ein Bildchen mit so wenig Aussage, sollte man meinen.
Doch genau so funktionieren Memes: Es sind Bilder, Videos oder Gifs, die sich durch einen einfachem Aufbau auszeichnen, leicht kopiert werden können und eine große Reichweite erzielen. Ihre Inhalte beruhen auf spaßigen, leicht erfassbaren Aussagen und erreichen besondere Aufmerksamkeit, wenn sie polarisieren. Häufig transportieren sie das Insiderwissen einer bestimmten Gruppe, gerade das macht sie aber auch für Außenstehende interessant, die an dieser Exklusivität teilhaben wollen. Die Comicfigur Pepe the frog verbreitete sich ausgehend von den Tiefen des Nerdforums 4chan und erlangte Berühmtheit, als die rechte Alt-Right-Bewegung sie im Zuge des US-Präsidentschaftswahlkampfs im vergangenen Jahr als eine Art Maskottchen verwendete.
Memes transportieren aber nicht nur harmlose popkulturelle Botschaften, die auf Referenzen zu Film, Musik und Comics beruhen. Sie haben häufig auch ein soziales oder politisches Anliegen, das aber nicht unmittelbar erkennbar ist, weil es Teil eines Witzes oder einer verkürzten Botschaft ist. Das machen sich Rechtsextreme gern zu Nutze. Schon seit einiger Zeit verfolgen sie die Strategie, mit einem poppigen, subkulturellen Auftreten ihre Inhalte gerade unter jüngeren Leuten zu streuen. Gruppen wie die „Identitäre Bewegung“ sind in den sozialen Medien besonders aktiv, aber nicht nur sie setzen auf die kurzen, einprägsamen Statements, die mit Memes transportiert werden können.
Die Form der Memes kommt ihnen entgegen, weil ihre Ideologie darauf beruht, komplexe gesellschaftliche Verhältnisse auf vereinfachte Erklärungen herunterzubrechen. Sie bedienen klare Feindbilder und ein Gruppengefühl, das in einer konkurrenzdominierten Gesellschaft Halt verspricht. Häufig äußern sie sich zu angesagten Themen wie Umwelt- und Naturschutz. „Revolt against the modern World“ heißt es in altbackener Schriftart auf einem grünschwarz gefärbten Motivbild der rechten Gruppe „Greenline Front“, das zwei Männer auf einer Wiese zeigt, die Sicheln schärfen.
Es sind aber nicht nur solche düsteren, kämpferischen Szenarien, von denen Rechte profitieren. Ein Bild, das drei Haufen Asche zeigt und mit dem Titel „Leaked Anne Frank nudes!“ versehen ist, kursierte in der WhatsApp-Gruppe der österreichischen „Aktionsgemeinschaft“ am Wiener Juridicum. Die Studierendenvertretung steht der konservativen ÖVP nahe, nicht nur eindeutig rechte Gruppierungen vertreten antisemitische Inhalte. Und nur weil der Antisemitismus als Witz verpackt daher kommt, ist sein diskriminierender Gehalt nicht weniger wirkungsvoll.
Wie lebt es sich in der rechten Filterblase, wenn Medien pauschal als "Lügenpresse" diffamiert werden und nur noch die Fakten zählen, die ins eigene Weltbild passen? Das fragt sich ein Team von taz-AutorInnen. Wir lesen mit, schreiben zurück oder beobachten einfach nur. Right Trash – seit Februar regelmäßig auf taz.de.
„Keep calm and carry on“ hieß die Parole einer britischen Plakatcampagne im Zweiten Weltkrieg, die sich heute als Meme-Motiv einiger Beliebtheit erfreut. Davon kursieren nicht nur Abwandlungen wie „Keep calm and support Hungary“, mit der der NPD-Vorsitzende Frank Franz im Winter 2016 dazu aufrief, die rigide Grenzpolitik Ungarns gegen die Zuwanderung von Geflüchteten zu unterstützen. Auch das Meme „Keep calm and fuck israel“, das implizit dazu anhält, den jüdischen Staat zu zerstören, erfreut sich einiger Beliebtheit.
Was tun gegen die Flut an scheinbar harmlosen Bildchen, die durchs Netz geistern und die Gehirne junger Menschen mit popkulturell verpackter rechter Ideologie verkleistern? Die Amadeu Antonio Stiftung hat eine hilfreiche Broschüre herausgegeben, die sich mit dem Phänomen rechter Memes auseinandersetzt. Wie man rechte Falschmeldungen aufdeckt und mit rechter Hetze umgeht, zeigt die Initiative „Zuerst Denken, Dann Klicken“ (ZDDK) der NGO mimikama.at. Wer einen humorvollen Zugang zum Thema rechte Memes sucht, findet auf der Facebook-Seite „Katzen gegen Glatzen“ (#kagegla) Abhilfe: Sie nutzt die Katzenikonografie des Internets, um mit Memes klare Statements gegen rechts zu setzen. So verkündet hier beispielsweise ein braun-gelb getigertes Katzenbaby lauthals: „Schon das kleinste Kätzchen weiß – Nazis sind der größte Scheiss“.
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