Kolumne Right Trash: Hauptsache gegen Muslime
Futter für die rechte Filterblase: Mit Anti-Islam-Tiraden kämpft die AfD gegen das Umfragetief. Ihre Kernklientel applaudiert. Mehr aber auch nicht.
t az Es sieht mau aus für die AfD gerade. Die Flüchtlingsdebatte hat sich beruhigt, die Umfragewerte für die Rechtspopulisten dümpeln vor sich hin. Also sucht die Partei händeringend nach einem neuen Thema. Und scheint nun voll auf eine Karte zu setzen: Anti-Islam-Tiraden. Das deutsche Grundgesetz? Ist dabei egal.
So wurde AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland diese Woche vom Schweizer Tagesanzeiger nach seiner Position zu muslimischen Deutschtürken gefragt. Gauland antwortete, er glaube nicht, „dass der Deutschtürke in diesem Land richtig aufgehoben ist“. Das habe das türkische Verfassungsreferendum gezeigt, bei dem gut 400.000 Deutschtürken für ein Präsidialsystem in der Türkei stimmten. Gaulands Konsequenz: Integration gescheitert, „der Türke“ sollte deshalb „seine Loyalität zwischen Istanbul und Ankara ausleben“. Also auswandern.
Was das Referendum mit dem Islam zu tun hat – unklar. Waren alle Abstimmungsteilnehmer gläubige Muslime? Und was ist mit den rund 2,3 Millionen Deutschtürken, die überhaupt nicht abstimmten, oder den 240.000, die mit Nein votierten? Gauland hält sich nicht mit Differenzierungen auf – er will sie alle raus haben. Ob er wirklich meine, dass sich trenne müsse, was nicht zusammengehört, also Muslime und Deutschland, fragte der Tagesanzeiger nach. „Zum Beispiel“, bejahte Gauland.
Ähnlich rüde Töne benutzte zuvor auch Gaulands Co-Spitzenkandidatin Alice Weidel. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel forderte sie: „Kopftücher gehören aus dem öffentlichen Raum und von der Straße verbannt.“ Diese seien ein „sexistisches Symbol“, das Verbot sollte „auf jeden Fall gesetzlich festgelegt werden“. Das stand bisher nicht mal im AfD-Programm, das ein Kopftuchverbot „nur“ für den öffentlichen Dienst fordert. Weidel will es nun überall – unbeeindruckt vom Grundgesetz, das eine freie Religionsausübung garantiert.
Das freilich sieht man in der AfD ohnehin nicht so eng. Albrecht Glaser, Bundesvize und zuletzt Bundespräsidentenkandiat der Partei, forderte kürzlich ganz offen, dem Islam das Grundrecht auf Religionsfreiheit zu entziehen. In einer Rede nannte er den Islam eine „Konstruktion“, die ihrerseits die Religionsfreiheit nicht respektiere. „Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muss man das Grundrecht entziehen.“ Dass es im AfD-Programm heißt, die Partei „bekennt sich uneingeschränkt zur Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit“ – geschenkt.
Schrill, schriller, AfD. Der rechten Filterblase gefällt's. „Das Kopftuch ist widerwärtig, solche Personen gehören nicht zu uns“, kommentiert ein Nutzer den AfD-Facebookpost zum Weidel-Interview. Ein anderer schreibt: Die Muslime sollten ihre „Kultur“ ausleben, „aber bitte nicht bei uns“. Eine Kommentatorin ergänzt: „Was haben wir hier mit dem Dreck zu tun, Muslime und Islam gehören nicht zu Deutschland.“
Außerhalb der Blase indes zahlt sich die Anti-Islam-Stimmungsmache bisher nicht aus. Ein Umfragesprung ist nicht zu verzeichnen. Und laut einer Allensbach-Umfrage im Auftrag der FAZ zweifeln inzwischen 74 Prozent der Deutschen daran, dass die AfD eine normale demokratische Partei ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung