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Kolumne Right TrashDas ist auch öko

Das NPD-nahe Magazin „Umwelt & Aktiv“ wirbt für Umweltschutz – inklusive Rassismus, Antisemitismus und Verschwörungstheorie.

Braune Schweine Foto: dpa

#x201E;Wir wollen Ihnen aufzeigen, wie Tierschutz und Umweltschutz für fremde Interessen und Interessenten, die im Verborgenen agieren, zum Nachteil unserer Heimat und unseres Volkes instrumentalisiert werden“. Das ist das erklärte Ziel der Zeitschrift Umwelt & Aktiv. Der Name der Publikation klingt harmlos, ebenso der Untertitel: „Zeitschrift für gesamtheitliches Denken“. Mit seinem Anklang an das ökologisch-esoterische Konzept der Ganzheitlichkeit bedient diese Zeile den Slang des alternativen Lifestyles. Doch Umwelt & Aktiv ist die wichtigste Öko-Publikation der Rechten in Deutschland.

Wie auf jedem Cover klar zu sehen ist, widmet sie sich nicht nur dem Schutz von Natur und Tieren, sondern auch dem der „Heimat“. Fans dieses Begriffs propagieren seit einigen Jahren, er sei unpolitisch und frei von reaktionären, nationalistischen Konnotationen.

Bei Umwelt & Aktiv hingegen ist ganz klar, wie er zu verstehen ist: „Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, die Themen Naturschutz, Tierschutz, Ökologie wieder in die rechte Ecke zu bringen“, erklärt Bettina Rauch, Redakteurin der Zeitschrift in einem Interview mit dem rechten Videoportal nordland.tv. Das verwundert kaum: Die Vorsitzenden des Vereins Midgard e.V., der die Zeitschrift herausgibt, sind Mitglieder oder Symphatisant_innen der bayerischen NPD.

Wer die Feinde der zu schützenden „Heimat“ sind, stellt die vierteljährlich erscheinende Umwelt & Aktiv in ihrem Selbstverständnis klar: Die Zeitschrift mahnt vor den Global Playern, die angeblich „unsere Heimat zu einem Spielball im internationalen Finanzhandel“ machen. Damit bedient sie antisemitische Klischees, die das Finanzkapital als jüdisch identifizieren und es als geldgierig und wurzellos abwerten. Diese Haltung findet sich auch in der überproportional ausführlichen Berichterstattung über das Schächten, eine rituelle Art des Schlachtens ohne Betäubung, die im Judentum und im Islam angewandt wird.

Ökologischer Rassismus

Tierschützer kritisieren, das betäubungslose Töten sei brutal und verursache unnötiges Leid, doch die These gilt als umstritten. Rechte bedienen sich dieser Kritik häufig, um antisemitische und rassistische Ressentiments zu stärken. Die Umwelt & Aktiv bezeichnet das Schächten als „Perversion der Lebensmittelproduktion“ und fordert, die Regierung müsse „in einer Zeit der Globalisierung und (leider) multikulturellen, um nicht zu sagen durchrassten Gesellschaft, hier endlich Zeichen zu setzen“.

Right Trash

Wie lebt es sich in der rechten Filterblase, wenn Medien pauschal als "Lügenpresse" diffamiert werden und nur noch die Fakten zählen, die ins eigene Weltbild passen? Das fragt sich ein Team von taz-AutorInnen. Wir lesen mit, schreiben zurück oder beobachten einfach nur. Right Trash – seit Februar regelmäßig auf taz.de.

Inhaltlich ist die Zeitschrift durchaus auf aktuelle ökologische Debatten abgestimmt: Sie setzt sich mit vermeintlich traditionell linken Themen wie Kritik am Fracking und Gentechnik, Konsum- und Fleischverzicht und Homöopathie auseinander, verbindet sie aber mit der rechten Ideologie. Immer wieder warnt Umwelt & Aktiv vor den ökologischen Folgen der „Bevölkerungsexplosion“, die angeblich durch die mangelnde Verhütung in den „Entwicklungsländern“ entstehe. Überfischung, Müllberge, Klimaerwärmung – die Zeitschrift bietet ein apokalyptisches Szenario und hat auch sofort die Verantwortlichen allen Übels parat: Afrika und Asien.

Sie warnt davor, dass die „Überbevölkerung nach Europa“ überschwappe und schürt fleißig irrationale Ängste vor Migrant_innen. Die strukturellen Gründe ökologischer Probleme wie etwa die kapitalistische Produktionsweise, in der Profit mehr zählt als Umweltschutz, die Konkurrenz der Nationalstaaten auf dem Weltmarkt und die (neo-)koloniale Interessenpolitik der Staaten des globalen Nordens bleiben als Gründe ökologischer und sozialer Probleme außen vor.

Ihre Kritik richtet sich auch gegen US-Konzerne, die Wall Street und die „Eliten“, die sich ihrer Meinung nach gegen den Willen der Bürger_innen mit Vereinbarungen wie TTIP und der Verbreitung von Gentechnik durchsetzen. Der US-amerikanischen Unternehmerfamilie Rockefeller wird unterstellt, es sei ihr „langfristiges Ziel, das Saatgut des Planeten zu kontrollieren und darüber auch unser Leben“. Das sei Teil ihrer „Eugenik Langzeitagenda“.

Eine antisemitische Chiffre

Wer sich nun wundert, dass hier ein Begriff der Nazi-Rassenhygiene von Rechten kritisch benutzt wird, hat einen Modernisierungsschub im Denken innerhalb der Szene verpasst: Umwelt & Aktiv behauptet, die nationalsozialistischen Eugenik-Studien am Berliner Kaiser Wilhelm Institut seien von der Rockefeller Stiftung finanziert worden. Nach 1945 hätte diese dann Spitzenärzte der Nazis in die USA gebracht und deren Vergangenheit vertuscht.

Die Zeitschrift widmet sich nicht nur dem Schutz von Natur und Tieren, sondern auch dem der „Heimat“

Um das zu verstehen, muss man wissen, dass der Name Rockefeller in rechten und verschwörungstheoretischen Kreisen als antisemitische Chiffre gilt. Hier wird also behauptet, die Juden seien schlimmer als die Nazis.

Kritik von Greenpeace an ihrer Berichterstattung beantwortete die Umwelt & Aktiv mit einem Cover (1/2010), das sich an Martin Walsers antisemitischen Ausspruch von der „Auschwitzkeule“ anlehnt: Es zeigt einen dandyhaft im US-amerikanischen Stil gekleideten Herrn, der ein grünes Friedenssymbol am Revers trägt. Er stützt sich lässig auf einen Knüppel, der die Aufschrift „Faschismuskeule“ zeigt, und ein Exemplar der Zeitschrift niederdrückt, die in großen Lettern für Meinungsfreiheit kämpft. Hinter ihm ragt ein grüner Krake auf, dessen Augen ebenfalls Friedenssymbole zeigen.

Die Übersetzung: Die linken Kritiker_innen der Zeitschrift sind von den USA beeinflusste Müßiggänger, sie behindern gewaltsam die Meinungsäußerung der Publikation und haben Unterstützung von Mächten, die im Hintergrund die Strippen ziehen. Wer das sein soll? Keine Ahnung. Für den Teil der Recherche wollte der Mossad keine Informationen liefern.

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Redakteurin taz.de