Kolumne Pressschlag: Der einzig wahre Messias
Ostereier für alle: Dieser angebliche Heilandstyp ist auferstanden, und auch in der Bundesliga sind alle Hoffenheim.
W ie man so hört, soll vor 1.980 oder auch 1.981 Jahren ein jüdischer Wanderprediger angeblich wiederauferstanden sein. Um diese Scheintoderfahrung wird seitdem ein ziemliches Gewese veranstaltet. Einige wenige Menschen glauben sogar, man stelle sich das mal vor, dieser ganze Hokuspokus sei wesentlich wichtiger als die Bundesliga-Ergebnisse vom Wochenende.
Das ist natürlich völliger Quatsch. Also jetzt echt mal: Dass irgendein Spinner mal heim zu Papa wollte, aber meinte, dabei einen überflüssigen Umweg nehmen zu müssen, das ist natürlich lange nicht so triumphal wie die Rückkehr von Messias Magath nach Wolfsburg. Was übrigens ungefähr so ein Kaff ist, wie Nazareth es mal war, aber das nur nebenbei.
Wenn wir uns aber schon mit den Ritualen dieser seltsamen Sekte beschäftigen, dann ist festzustellen: Diese Ostersache hat auf die Bundesliga abgefärbt. Egal, wie die Spiele auch ausgegangen sind: Die Hoffnung sprießt allerorten so üppig wie Flieder oder Maiglöckchen.
Seit ihrem 1:0-Sieg glauben die Mönchengladbacher wieder an den Klassenerhalt, während die unterlegenen Dortmunder, wie ihr Trainer Jürgen Klopp versicherte, trotzdem "kein Problem" haben, die Meisterschaft halt dann demnächst endlich mal klarzumachen.
THOMAS WINKLER ist Autor der taz.
In Hannover hofft man vehement auf die Champions League, aber in München stirbt die Hoffnung zuletzt, dass die 96er noch mal schwächeln. In Stuttgart hofft man nach dem 3:0-Sieg gegen den Hamburger SV, das Abstiegsgespenst endgültig vertrieben zu haben, beim HSV hegt man aber immer noch eine kleine Resthoffnung aufs internationale Geschäft. Dem strebt auch Mainz 05 nach dem 0:0 in Nürnberg zu und baut dabei auf das hoffnungsfroh leichte Restprogramm, während die Nürnberger trotzig Hoffnung daraus schöpfen, dass sie zwar nächste Woche in Dortmund antreten müssen, die aber ja gerade gegen den Tabellenletzten verloren haben. Kaiserslautern hat nach dem 1:0 auf Schalke berechtigte Hoffnungen, ein weiteres Jahr erstklassig bleiben zu dürfen, während der S 04 gegen Manchester auf wesentlich höhere Weihen hofft. Bremen wiederum hofft, mit dem 3:1 beim FC St.Pauli eine Krise, die beinahe eine ganze Saison lang dauerte, endgültig überwunden zu haben. Und Hoffenheim, ja, ähem …
Nur die armen Paulianer schöpften Ostern keine neue Hoffnung, sondern verspielten zum zweiten Mal nacheinander eine Führung und rutschten damit auf den allerletzten Tabellenplatz ab. Aber das ist ja auch nur gerecht: Zwar trägt St. Pauli den Heiligen schon im Namen, aber auf den Rängen stehen tatsächlich hauptsächlich stramme Atheisten.
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