Kolumne Pressschlag: Seltener Gast
Bundestrainerin Silvia Neid besucht zum ersten Mal ein Heimspiel von Turbine Potsdam, dem besten deutschen Fußballclub. Was macht die Frau eigentlich beruflich?
U li Hoeneß, der Präsident des FC Bayern München, tobt: "Wie oft müssen wir denn eigentlich noch Deutscher Meister werden, bis der gnädige Herr Bundestrainer mal nach München kommt?" Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge stehen beinahe die Tränen in den Augen, als er die Reporter fragt: "Was sollen wir denn noch alles für den deutschen Fußball tun?" Gerade hat er angekündigt, keinen einzigen seiner Spieler mehr für die deutsche Nationalmannschaft abzustellen.
"Der österreichische Teamchef ist Stammgast bei uns, obwohl wir nur einen Österreicher im Kader haben", meckert er. Der Hintergrund: Seit Joachim Löw Bundestrainer ist, war er noch kein einziges Mal in Fröttmaning, um ein Heimspiel der Bayern zu beobachten. Beim Deutschen Fußballbund sieht man das gelassen. Ko-Trainer Hansi Flick sei doch schon ein paar Mal in München gewesen.
Ein Witz? Unvorstellbar? Gewiss. Doch jetzt wird es ernst: Silvia Neid, die Trainerin der Frauennationalmannschaft, war am Mittwoch zum ersten Mal bei einem Spiel des erfolgreichsten deutschen Klubs der Gegenwart. Vor dem 10:0 der Potsdamerinnen gegen Glasgow City im Achtelfinalhinspiel der Champions League war Silvia Neid in ihrer Funktion als Bundestrainerin noch nie im Karl-Liebknecht-Stadion, wenn Turbine gespielt hat. Seit Juli 2005 ist Neid für die Nationalmannschaft verantwortlich.
Da hatte Turbine gerade den Uefa-Cup gewonnen. 2006, 2009, 2010 und 2011 holte die Mannschaft von Trainer Bernd Schröder den deutschen Meistertitel. 2010 gewann sie die Champions League und stand im Mai 2011 noch einmal im Finale dieses Wettbewerbs. Schröder kommentierte das im vergangenen Jahr so: "Es gehört sich, mal in der Bundesligasaison zu einem Verein zu kommen, der nicht gerade der letzte in Deutschland ist." Neid antwortete damals, ihre Ko-Trainerin Ulrike Ballweg sei für die Spielbeobachtung in Potsdam zuständig.
Das ist nicht wirklich witzig und zeugt von einer sehr eigenwilligen Berufsauffassung. Dass Silvia Neid für Bernd Schröder über die Jahre zu einer Art Lieblingsfeindin geworden ist, wird angesichts dieser Ignoranz niemanden verwundern.
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