piwik no script img

Kolumne Press-SchlagNach den Regeln der Unterhaltung

Kolumne
von Alina Schwermer

Kurzweiliger, spannender und TV-gerechter: Beim Tennis ist der Anfang dafür gemacht. Die anderen Sportarten müssen jetzt folgen.

Wenn Usain Bolt den Staffelstab an Fritzchen Müller abgibt – das wäre doch unterhaltsam Foto: ap

B ei den Next Gen Finals in Mailand hat man gerade versucht, die Tennisregeln an die Jugend von heute anzupassen: schneller, spannender, verständlicher, für die Generation „Findet Nemo“ und Snapchat. Das ist sehr charmant, Tennis kann sich ja wirklich ziehen. Manche Deutsche meckern dann natürlich trotzdem. Hier ist eben sehr angesehen, was möglichst lang und kompliziert und unverständlich ist. So wie beim Bahnrad: Statt „Oh Gott, so viele Disziplinen“, denkt der Deutsche anerkennend: „Wow, da hat sich jemand wirklich Mühe gegeben, es kompliziert zu machen.“

Sport ist ja nun wirklich nicht für jeden. Um nicht abzuschweifen, der Redaktionsauftrag zum Tennis war: Was könnte man auch in anderen Sportarten verändern, um sie besser zu verkaufen? Vielleicht so: puristisches Entertainment.

Jeder will, dass es echt ist, aber auch spannend. Leichtathletik zum Beispiel, das verstaubte Gerenne und Gewerfe, hat nur ein paar Ausnahmesportler im Fokus, dabei hat die Bundesjugendspiele jeder hinter sich. Die Lösung wären eine Art Bundesjugend International: Weltweit ausgeloste Dorfteams treten gegenein­ander an, und jedes bekommt, sagen wir, ein oder zwei Leichtathletik-Topstars als Verstärkung.

Wenn Usain Bolt den Staffelstab an das stolpernde Fritzchen Müller weitergibt, wäre das sportlich zwar nicht Top of the Pops, aber sehr dramatisch und nahe. Nähe würde auch Bonzen-Sportarten wie Golf oder Segeln helfen – wobei die leider nicht von ihrem Image wegwollen. Aber wenn schon ein Boxer und ein MMA-Star gegeneinander kämpfen, warum nicht ein Boxer und ein Golfer? Das wäre wenigstens offensichtlich nur Entertainment und nicht so verkappt wie dieses MMA-Ding.

Spielzeit auf ein angenehmes Maß kürzen

Natürlich bräuchte Sport auch mal Mut, sich nicht so ernst zu nehmen. Statt einer martialischen Europa-Auswahl gegen den Rest der Welt wie im Tennis wären andere Duelle schön: Vegetarier gegen Fleischesser, Trump-Fans gegen Trump-Gegner, Harry-Potter-Fans gegen „Star Wars“-Anhänger. Humor fehlt dem Sport ja immer eher.

Genauso gut verkaufen würde sich dieser softe Anti-Kommerz, ein bisschen wie bei Banksy und den Toten Hosen. Das wäre das Mittel der Wahl für den Fußball. Man würde all die sterilen Wettbewerbe wie Nations League und Supercup streichen und eine Liga der Traditionsvereine gründen.

Bei manchen Sportarten, Eishockey zum Beispiel, die halt per se schwierig sind, gäbe es einfach Regeländerungen. Keine angehaltene Uhr mehr, die die Spiele in die Länge zieht. Die Spielzeit würde auf ein angenehmes Maß von, sagen wir, 15 Minuten verkürzt, und die Saison beginnt mit Playoffs. Und neben all dem gäbe es natürlich eine Sportart für deutsche Puristen: Sie hätte ein 900-seitiges Regelwerk, das niemand versteht, epische Wettkämpfe über drei Tage und keine TV-Vermarktung. Aber damit sie sich verkauft, müsste vielleicht am dritten Abend doch Helene Fischer singen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Zur urdeutschen Disziplin -

    Durchsichtig wie'n Schweizer Käse

    Merkte ein kanadischer Rundfunkreporter an -

    "Is wie Turmspringen mit

    Fischschuppen - derweil!"

    &

    "Wo bleibt Behle?"

    • @Lowandorder:

      Biathlon - auch klar.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Da sind schon ein paar gute Ideen dabei. Toi, toi, toi.

     

    Bei dem Duell zwischen Boxer und Golfspieler wäre die Frage: In welcher Sportart treten die gegeneinander an?

    Mixed Martial Arts? Dann sollte der Golfer aber auch seine Schläger benutzen dürfen.

    Golf? Da könnte der Golfer als Handicap Boxhandschuhe verordnet bekommen.

    Oder vielleicht Mikado? Es wäre sicher unterhaltsam, wenn beide Kontestanten dabei Boxhandschuhe tragen würden.

     

    Eine Sportart, die es in sich hat, ist das Schachboxen, das gibt es wirklich: https://de.wikipedia.org/wiki/Schachboxen