Kolumne Press-Schlag: Bestatten, Fußballfan!
Anhänger von Dynamo Dresden graben ihren Spielern elf Gräber. Mit so einer Aktion wären sie beim Hamburger SV besser aufgehoben.
Es sollte ein wirkmächtiges Zeichen sein - bei Tageslicht wirkt es makaber. Da schaufeln Unbekannte nachts elf Gräber auf dem Trainingsplatz von Dynamo Dresden und stellen Holzkreuze auf. Die Totengräber - vermutlich waren es Dynamo-Ultras - wollten zeigen, was sie von Dresdens unterirdischer Saisonleistung halten. Aber nun zürnt die Geschäftsführung, die Fanbündnisse verurteilen die Aktion, der Staatsanwalt ermittelt. Der Protest ging nach hinten los.
Übrig bleibt ein umgepflügter Rasen. Und Dresdens Geschäftsführer Ralf Minge sagt: "Jetzt haben wir in dieser angespannten Witterungssituation nochmals deutlich schlechtere Trainingsbedingungen. Das hilft der Mannschaft keineswegs." Ein bisschen faul waren die aufgebrachten Fans allerdings schon. Denn die Gräber waren nicht tief genug; man hat lediglich in der Grasnarbe gewühlt - etwas mehr Einsatz hätte man von treuen Fans erwarten können. Abgeguckt war die Aktion auch: Vor fünf Jahren gruben Fans von Hajduk Split symbolisch Gräber in den kroatischen Boden.
Die Frage ist nun, warum nur elf Gräber ausgehoben wurden. An den Trainer wurde nicht gedacht und auch nicht an die Ergänzungsspieler, die Pfeffer, Dobry und Girke heißen. Sie alle versagten am Sonntag beim 0:3 gegen Paderborn, was den Zorn der Fans entfachte.
Die sonderbare Hassliebe, die in der Buddelaktion zum Ausdruck kommt, hat in Dresden Tradition. Kürzlich erst wurde das Spiel gegen Jena unterbrochen, weil Dynamo-Fans Feuerwerksböller abbrannten. Im März 2007 stellten sich vermummte Fans der eigenen Mannschaft in den Weg und drohten ihr Prügel an.
Die Lösung für so viel Unmut könnte 500 km nordwestlich liegen: Die Buddler sollten HSV-Fan werden! Der Hamburger SV hat ein Herz für morbide Fans. Das HSV-Grabfeld auf dem Friedhof Altona liegt in Hör- und Sichtweite der Heimspielarena. Das Bestattungsmodell "Teamgrab" bietet Platz für 20 Urnen. 2.419 Euro kostet die Beisetzung. Dazu kämen 370 Euro für die schwarz-blaue Urne. Sieht auch besser aus als schwarz-gelb.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Krieg im Nahen Osten
Definitionsmacht eines Genozids
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Verhandlungen mit den Grünen
Und was ist mit dem Klima?
Sondierung und Klima
Ein Kapitel aus dem Märchenbuch
Grünen-Realo Sergey Lagodinsky
„Vollgas in die Sackgasse tragen wir nicht mit“