piwik no script img

Kolumne Press-SchlagFataler Druck von zwei Seiten

Kolumne
von Johannes Kopp

Der Fall Fortuna Düsseldorf zeigt: Die Vereine und der DFB müssen aufpassen, dass sie den antifaschistischen Fans nicht die Machtbasis entziehen.

Polizei vor dem Düsseldorfer Fanblock in Frankfurt Bild: dpa

Mentalität schlägt Qualität.“ Mit dieser Trainerphrase aus dem Abstiegskampf war auf der Homepage von Fortuna Düsseldorf das Gastspiel beim FSV Frankfurt überschrieben worden. Das eigentliche Thema der Partie war aber ein ganz anderes.

Fortuna-Fans schlugen Fortuna-Fans. Das Logo der rechtsextrem unterwanderten Ultra- und Hooligangruppe „Frente Atletico“, die Atletico Madrid unterstützt, war von Mitgliedern der „Bushwhackers Düsseldorf“ aufgehängt worden. Zwischen beiden Gruppierungen bestehen freundschaftliche Beziehungen. Der Versuch von antirassistischen Düsseldorfer Fans, das Transparent zu entfernen, führte zur Eskalation. Es kam zu einer wüsten Schlägerei.

Wie in Aachen, Braunschweig und Duisburg versuchen auch in Düsseldorf rechtsextreme Fans seit geraumer Zeit unter Androhung von Gewalt, die Macht in der Kurve zu erlangen. Die Gruppierung „Dissidenti Ultra“ erklärte: „Beleidigungen und Drohungen, die bis zu Mord und Vergewaltigung reichen, gibt es seit Wochen und Monaten in beängstigender Regelmäßigkeit.“

Auch in Düsseldorf scheint die Vereinsführung fatalerweise zu glauben, dieses Problem aussitzen zu können. Auf der Homepage wurde der Vorfall verschwiegen. Die Fans, die sich gegen rassistische Bekundungen in ihrer Kurve zu Wehr setzten, erhielten kein Wort der Unterstützung, kein Zeichen der Solidarität.

Eine solche Unterstützung wäre umso wichtiger, weil auch die organisierte Fanszene im Kampf gegen Rechtsextremismus unmissverständliche Klarheit vermissen lässt. Das Bündnis aktiver Fußballfans (BAF) hat sich erst kürzlich an der Organisation des Fankongresses in Berlin nicht beteiligen wollen, weil ihnen die Abgrenzung der anderen überregionalen Fanbündnisse gegenüber rechtsextremen Fangruppierungen zu dürftig ausfällt.

Manch einer fürchtet wohl, dass die Aufspaltung der Fanszene die Verhandlungsposition mit den Klub- und DFB-Funktionären schwächen wird. Die jüngste Meldung, dass am 6. April nur Dauerkarteninhaber und Vereinsmitglieder von Hannover 96, also registrierte Anhänger, in den Gästeblock nach Braunschweig dürfen, wird die Angst eher noch befeuern.

Viele Fans argwöhnen, dass dieses erstmalige Experiment Schule in der Liga machen wird, und wähnen sich derzeit noch mehr unter Druck, zusammenstehen zu müssen. Genau dieses Dilemma haben sich die Rechtsextremen schon in der jüngsten Vergangenheit zunutze gemacht. Indem sie sich dem breiten Fanprotest gegen Kommerzialisierung, martialische Polizeiauftritte und Überwachungsmaßnahmen anschlossen, konnten sie in den Stadien wieder eine größere Anhängerschaft akquirieren.

Die Bundesligaklubs und der DFB sollten sich bewusst werden, dass sie mit restriktiven Maßnahmen wie in Braunschweig gesellschaftlich wichtige Kräfte im Stadion schwächen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Sehr geehrte Redation, lieber Herr Kopp,

     

    ich finde es äußerst beschämend für ein solch gutes journalistisches Medium, wenn weiterhin Tatsachen verwässert und nicht korrekt wiedergegeben werden.

     

    Während meiner Zeit im Vorstand der Interessengemeinschaft der Alemannia Fans und Fan-Clubs e.V. (FAN-IG) haben wir auf den Konflikt regelmäßig Auskunft erteilt.

     

    Immer wieder ist zu lesen, dass die ACU von rechtsgerichteten Fans aus dem Stadion vertrieben, ja regelrecht geprügelt wurde. Dabei werden aber Fakten nicht erwähnt, die bei dem Konflikt durchaus eine Rolle spielen. Beispielsweise persönliche Beziehungen, ausgespannte Freundinnen, gemeinsame Vergangenheit usw.

     

    Es soll bitte nichts beschönigt oder relativiert werden. In Aachen gibt es wie in sehr vielen anderen Vereinen Probleme mit dem rechten Spektrum - aber ich kann Ihnen versichern, dass die ACU in Aachen an vielen Punkten den Konflikt hat eskalieren lassen und die Hilfe VERWEIGERT hat.

     

    Leider findet es nie eine Erwähnung, dass die ACU sich selber isoliert hat und jegliche Kommunikation verweigert. Steht allerdings etwas kritisches über sie in einem Kommentar fordern sie Zensur. Sie sind zweifelsohne Opfer von Übergriffen geworden. Übergriffe die aufs Schärfste zu verurteilen sind - aber zur Lösung des Problems wollen sie nicht beitragen. Sie verweigern die Kommunikation.

     

    Hinzu kommen Verbreitungen falscher Tatsachen und Sachverhalte durch Vertreter der ACU.

     

    Ich kann Ihnen nur empfehlen sich an den Vorstand der IG zu wenden um weitere Perspektiven zu bekommen und diese zu berücksichtigen.

  • Bitte mehr als eine Quelle fragen, dann schreiben! Es geht hier keineswegs um „linke Ultras“ gegen „rechte Hools“.Es gibt im Umfeld der Fortuna keine rechte Unterwanderung, auch nicht bei der Hoolgruppierung „Bushwhackers“. Diese sehen sich zwar als unpolitisch, haben aber in der Vergangenheit immer wieder Nazis vertrieben, die versucht haben, die Düsseldorfer Szene zu unterwandern (u.a. Thorsten Lemmer und co). Und als die meisten Dissidenti-Ultras noch in der Grundschule waren, haben sich viele der Alt-Hools schon mit echten Nazis und Skins im Osten gemessen. Die Hoolszene in Düsseldorf besteht zu rund 50 Prozent aus Leuten mit Migrationshintergrund: Spanier, Italiener, Polen, Griechen und Türken. Bosnier, Serben, Kroaten und Albaner. Asiaten. Afrodeutsche etc etc. Alle zusammen, für den Verein und ihre Gruppe. Allein entkräftet schon mal den pauschalen „Nazi“-Vorwurf der Dissidenti, die bekenntermaßen der Antifa nahe stehen. Ziel dieser Gruppe scheint es offenbar zu sein, eine 100prozentige politische Korrektheit ins Stadion zu tragen. Das ist in etwas so realistisch, als würde man fordern, im Gangsta Rap dürfe das Wort „Fotze“ nicht mehr benutzt werden. Es gibt eben Menschen, die unpolitisch sind und die nicht das Bedürfnis haben, die Einstellung eines jeden zu hinterfragen, die einfach mit den Spaniern von Atletico zusammen feiern wollen.

    Die Dissidenti sind in der Ultras-Szene sehr umstritten und haben es prima drauf, sich als Opfer zu stilisieren (die Elf Freunde-Redaktion ist auch schon drauf reingefallen!). Tatsächlich sind die „Selbstreinigungskräfte“ gegen Rechts in Düsseldorf absolut intakt (im Gegensatz zu Aachen und Braunschweig!), eine linke Unterwanderung durch der Antifa ist kontraproduktiv und rückte die Szene in ein falsches Licht. Im Video „mein Verein“ des Düsseldorfer Rappers JayJay sind übrigens sowohl Hools als auch Ultras zu sehen (http://www.youtube.com/watch?v=f6DO8zVWJz8) Sehen so Nazis aus?