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Kolumne Press-SchlagUngebremste Freude

Martin Krauss
Kolumne
von Martin Krauss

Ein Ausdruck sportiver Männlichkeit: Jogi Löw rast, der DFB lässt rasen, Bierhoff witzelt, und der Sponsor wollte doch nur mal sein Produkt zeigen.

Werbeshow mit Folgen: Ich geb Gas, ich will Spaß Bild: dpa

J ogi Löw saß nicht am Steuer. Dabei ist er doch der „Steuermann“ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) des deutschen Fußballs. Vorne saß einer, der eigentlich etwas davon versteht: Pascal Wehrlein, bei Mercedes-Benz angestellter DTM-Fahrer.

Passiert ist Wehrlein nichts, auch nicht den Beifahrern Benedikt Höwedes und Julian Draxler, beides Nationalspieler. Verletzt sind nur zwei Nichtpromis: ein deutscher Urlauber und ein Gemeindearbeiter aus dem Südtiroler St. Leonhard, wo Löw, Draxler, Höwedes und Kollegen sich gegenwärtig auf die Fußball-WM vorbereiten.

Am Tag vor dieser DFB-Raserei war eine andere bekannt geworden. Bundestrainer Löw muss seinen Führerschein für sechs Monate abgeben. „Selbstverständlich stehe ich dazu, dass ich manchmal leider zu schnell gefahren bin“, teilte Löw mit. „Ich weiß, dass ich mich hier zügeln muss.“

Für Löws Rückenfreihalter bei der Nationalelf, Oliver Bierhoff, ist die Sache mit dem fehlendem Lappen und nun anstehendem „Idiotentest“ ein Grund zum Witzeln: „Wir werden mit unserem Generalsponsor sprechen, dass man Jogi nur noch Autos gibt, die tempolimitiert sind.“

Vorherrschaft auf der Straße

Der Generalsponsor ist Mercedes-Benz, und der wollte am Tag nach Bierhoffs Witzelei mit Nationalspielern auf einer offensichtlich nicht genügend gesicherten Strecke ein Werbevideo für ein sehr leistungsstarkes Auto drehen. Mercedes-Benz verkündet nun, es sei eine bloße „Produktfahrt-Vorstellung“ gewesen, „kein Speed-Rennen“. Aber, bitte, wozu ist eigentlich ein Auto mit 360 PS da? Doch genau dafür: Speed! Vorherrschaft auf der Straße! Und dafür, sich selbst die Vorfahrt zu genehmigen! So ungefähr darf man sich nämlich Jogi Löw im Straßenverkehr vorstellen: gerne auf der linken Spur, in der Regel zu schnell und öfter mal mit dem Handy am Ohr.

Nun kam es im DFB-Trainingslager zu besagtem Unfall. Der gilt allen Beteiligten zwar bloß als PR-Desaster – und nicht als Crash, bei dem Menschen verletzt wurden. Aber sowohl Löw als auch Wehrlein zeigen, warum Mercedes-Benz und der DFB so gute Partner sind. Zu schnell fahren gilt nämlich allemal besser, als vorsichtig zu schleichen. Dergestalt den Straßenverkehr zu gefährden, ist eher Ausdruck sportiver Männlichkeit denn ein ahndungswürdiges Vergehen.

Raul Bobadilla, Fußballprofi des FC Augsburg, wurde im Jahr 2013 mit 111 Stundenkilometern in der Basler Innenstadt erwischt, wo 50 erlaubt waren: Zu 13.000 Euro Strafe und einer 16-monatigen Gefängnisstrafe auf Bewährung wurde Bobadilla verurteilt.

Bei Bobadilla ist niemand zu Schaden gekommen, deutsche Behörden hätten ihn nie so hart verfolgt. Also hätte Jogi Löw ruhig noch überholen und Oliver Bierhoff noch ein Witzchen beisteuern können.

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte
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1 Kommentar

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  • Vielleicht ist bei Löws Verfehlungen (er ist ja Wiederholungstäter) auch der Grund zu suchen, daß er die Affäre um den inkontinenten Kevin Großkreutz so relativ geräuschlos ad acta gelegt hat ? Mit Vorbildfunktionen kann er wohl fürs erste mal nicht mehr punkten...