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Kolumne PRESS-SCHLAGDas Wunder von Bochum

Kolumne
von Markus Völker

Peter Neururer spielte in einer Liga unter Lothar Matthäus. In Bochum wird der viel Verspottete nun als Messias gefeiert.

Peter im Glück: Neururer siegt und siegt beim VfL Bochum. Bild: dpa

E s geschehen noch Zeichen und Wunder. Es gibt einen neuen Superdupertrainer. Er hat die Nachfolge von Josep Sala Guardiola und Josef Heynckes angetreten. Er trainiert einen Verein in der Zweiten Bundesliga. Sein Name: Peter Neururer. Seine Bilanz: vier Siege in vier Spielen. Seine Rettungstat: Er hat den VfL Bochum wohl vorm Abstieg bewahrt. Sein Credo: Ich kann alles, außer Klappe halten. Im Netz und anderswo huldigen sie ihm jetzt, dem Neururer-Peter mit dem Retroschnauzer.

Wenn er nicht gerade einen Verein wie den VfL rette, dann mache er Blinde sehend und Lahme laufend. Er verwandle Wasser in Pils. Kurzum: Sie rufen Hosianna, weil ihnen im Ruhrpott ein Fußball-Messias erschienen ist. An der Ruhr-Uni Bochum wird demnächst bestimmt ein neuer Lehrstuhl eingerichtet, Fachgebiet: Eschatologie, die Lehre von den letzten Dingen und vom Aufbruch in eine neue, paradiesische Welt.

Die Fans und die Spieler des VfL wurden erleuchtet von einem Mann, den zuletzt keiner mehr haben wollte. Der lange arbeitslos war und der immer wieder zum Gespött wurde. Der im vergangenen Jahr einen Herzinfarkt beim Golfspiel erlitten hatte und danach sagte: „Mir ging’s wie Hitler. Der starb auch im Bunker.“ Neururer galt als lächerliche Person, als Anachronismus, Dampfplauderer und Sabbelkopf. Er spielte in einer Liga unter Lothar Matthäus, und das will schon etwas heißen. Neururer schien nur noch ein Dasein als TV-Experte fristen zu können, immer gut für einen flotten Spruch, aber nicht gut genug, um ein seriöses Fußballteam zu betreuen.

Bild: taz
Markus Völker

ist Sportredakteur der taz.

Dann kam der VfL, sein Verein. Bochum war so weit unten angekommen, dass sie sich nicht mehr um die öffentliche Meinung scherten. Unter normalen Umständen hätte es der designierte Vorruheständler nicht als Chefcoach an die Castroper Straße geschafft, aber beider Befindlichkeiten hatten sich so weit angenähert, dass die Verpflichtung Neururers fast schon alternativlos war.

Neururer verstand den VfL auf Anhieb, und der VfL verstand seinen neuen Trainer. Da gab es kein Fremdeln und kein Vertun, Neururer konnte gleich loslegen. Unter solchen Idealbedingungen wirkt natürlich das System Neururer. Seine Motivationsreden („Verantwortung, eiserne Disziplin und Leidenschaft“) waren keine Botschaften mehr aus dem fernen Absurdistan. Seine leutselige Art wurde ihm nicht mehr verargt, seine Arbeit auf dem Platz nicht argwöhnisch beäugt. Bochum hat sich diese dünkelhafte Skepsis einfach nicht mehr leisten können. Gut so. Denn befreit von dieser Last negativer Bewertung ist Neururer zu ganz großer Form aufgelaufen. Ihm winkt jetzt sogar ein neuer Vertrag.

Gemeinsam mit dem VfL hat der 58-Jährige eine wunderbare Symbiose gebildet, so wie der Falsche Clownfisch mit der Prachtanemone. Peter „Clownfisch“ Neururer ist wieder wer. Das ist zweifelsohne – ein Wunder.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.

3 Kommentare

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  • G
    Gerhard74

    Peter Neururer ist ein absoluter Fußballtrainer , der Sachverstand, viel Emotionen vermittelt und Kompetenz besitzt.Solche Floskeln, wie in diesem Artikel beschrieben,

    sind eines Peter Neururers unwürdig und bezeichnend für Inkompetenz und zeigen nur, wie einige Journalisten sich profilieren wollen ohne wirkliches Hintergrundwissen

  • C
    Chris

    Diesen völlig subjektiven Kommentar als Artikel zu bezeichnen ist eine Frechheit - ich hoffe diese Wortwahl lässt ihre Netiquette zu - ebenso wie sein Inhalt.

     

    Peter Neururer ist einer der ganz wenigen Menschen in der Fußballbranche, die sich trauen als authentische Persönlichkeit aufzutreten, klar Stellung zu beziehen und sich nicht hinter Floskeln zu verstecken.

     

    Für mich als Fußballfan fühlt es sich so an, als sei der VFL aus der Totenstarre erwacht. Damit bin ich wohl nicht der Einzige, denn das Stadion ist trotz des miserablen Tabellenplatzes in der 2. Bundesliga wieder voll.

     

    Weiter mutmaßen Sie, P.N. wäre unvermittelbar. Völlig rätselhaft ist dabei, wie ein Sportjournalist so schlecht informiert sein kann. Würden Sie sich etwas mit der Materie auskennen, wüssten Sie, dass er lediglich auf ein für ihn passendes Angebot gewartet hat.

     

    Ich habe erst vor kurzem angefangen die Taz zu lesen und werde es sogleich wieder einstellen. Herzlichen Glückwunsch.

     

    MfG

  • H
    Hennes

    Neururer ist so etwas wie ein lebendes Fossil des Rasensports, den letzten Kohleflözen des Ruhrpotts entstiegen, ein freundlicher Quasselflosser, tausendmal sympathischer und unterhaltsamer als seine aalglatten jungen Kollegen, deren Namen man so schnell vergißt.