Kolumne Ökosex: Ängie-Poster im Autohaus
Kampagne, Klima, Kanzlerin: Ein offener Brief an Angela Merkel in Sachen "Biospritdebakel".
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
mit Bewunderung verfolge ich Ihren Einsatz für den Klimaschutz auf europäischer und internationaler Ebene. Mein Klimaclub Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, Sie beim Kampf für eine weltweit konsequente Treibhausgasminderung publizistisch zu unterstützen. Wir wollen - in Ihrem Geiste - Klimaschutz zu einer Herzensangelegenheit der gesamten Gesellschaft machen.
Martin Unfried (41) arbeitet als Experte für europäische Umweltpolitik in Maastricht. Er liebt die solare Effizienzrevolution, kauft sich hemmungslos Klimaschutzprodukte und will damit bis 2012 raus sein aus der fossilen Welt. Er singt auch bei Ökosex, der ersten Kolumnenband der Welt.
Wie ich nun allerdings aus der Presse erfahren habe, musste der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit die geplante Verordnung zur Beimischung von Biotreibstoffen aussetzen. Eigentlich sollte die höhere Beimischung den deutschen Autobauern ermöglichen, im Jahre 2012 einen Durchschnittswert der Fahrzeugflotte von 120g/km CO2 zu erreichen. Das klappt jetzt nicht. Darum müssen die Einsparungen da erfolgen, wo es auf den Verbrauch von fossilen Brennstoffen ankommt: im Motorraum des deutschen Personenkraftwagens und in der Verantwortung von BMW, Volkswagen, Audi, Mercedes und Porsche.
Liebe Frau Bundeskanzlerin, hier setzt die Kampagne "Kanzlerin ins Autohaus" des Klimaclubs an, mit der wir Sie tatkräftig unterstützen möchten. Wie die Automobilindustrie immer wieder zu Recht betont, gibt es eine gewaltige Nachfrage nach großen, schnellen Spritschleudern. Die deutschen Konzerne müssen darauf leider, dem Markt folgend, mit noch größeren, noch schnelleren und noch viel mehr Sprit verschleudernden Fahrzeugen antworten. Der Kunde und Staatsbürger nimmt also eine klimapolitische Schlüsselfunktion ein. Kein anständiger deutscher Autokäufer hat allerdings bewusst die Absicht, das internationale Klima zu vernichten. Eher halten noch zu viele Mitbürger fälschlicherweise überzüchtete Leistung und überhöhte Geschwindigkeit für ein Markenzeichen einer freien Bürgergesellschaft (Bundeswirtschaftsminister Michael Glos von der CDU, Thomas Gottschalk).
Hier können Sie, Frau Bundeskanzlerin, persönlich einhaken und den Autokonzernen helfen. Wir würden mit Ihrer Zustimmung bundesweit in allen Autohäusern von BMW, Volkswagen, Audi, Mercedes und Porsche große, ästhetische Poster aufhängen. Darauf wäre Ihr Gesicht zu sehen, Frau Bundeskanzlerin, mit der einfachen fettgedruckten Aufforderung an die Kunden: "Hallo, Sie, kaufen Sie kein Auto über 120 g/km CO2!" Klein würde unter ihrem Kinn stehen: "Das wünscht sich Ihre Bundeskanzlerin." Diese Poster würden einschlagen wie eine Bombe. Komplementär könnten wir uns auch Poster mit Herrn Matthias Wissmann vom Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) vorstellen mit ähnlicher Textaussage in Absprache mit der deutschen Automobilindustrie.
Frau Bundeskanzlerin, diese Idee (kein Auto über 120) erscheint auf den ersten Blick sehr einfach. Aber gerade in dieser Einfachheit liegt eine große Wahrheit, die im politischen Alltag und im Streit über die CO2-Emissionsgrenzwerte manchmal verloren geht. Als freie Bürgerinnen und Bürger stehen wir im Autohaus. Wir können uns frei für oder gegen Klimaschutz entscheiden. Für oder gegen die Lächerlichkeit eines Verbrauchs von 7 Litern. Für oder gegen die Zukunft unserer Kinder. Für oder gegen die Werte einer Kulturnation. "Kein Auto über 120" wäre deshalb auch das schlüssige Motto unserer Posterkampagne mit Ihnen auf den Autobahnen. Sie, Frau Bundeskanzlerin, mit Ihrer Auto-Ritaet, brauchen kein gesetzliches Tempolimit. Sie können uns, das Volk, einfach bitten, nicht schneller als 120 km/h zu fahren. Klimaschutz Deutschland ist reif dafür.
Mit solar-effizienten Grüßen
Martin Unfried
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