Kolumne Ökosex: Poldi, VW und das Kraftwerk der Liebe
Warum ausgerechnet Volkswagen beweist, wie idiotisch die Abwrackprämie war.
F rüher fand ich den Fußballer Lukas Podolski nicht so gut und die Wochenzeitung Die Zeit schon. In den letzten Wochen drehte sich das erstaunlicherweise komplett. Das hat mit Fotovoltaik zu tun.
Fritz Vorholz hat in der Zeit recht brutal auf die angeblich zu hohe Einspeisevergütung für FV eingedroschen. Inhaltlich kein Problem, aber der kulturelle Unterton hat mich erstaunt. Anders dagegen Poldi. Dieser hat mir einen großen Wunsch erfüllt. Gucke ich "Sportschau", dribbelt er in der Werbepause nicht vor einem Sportwagen oder einer Bierkiste, sondern vor einem schicken Fotovoltaikdach. Poldi macht Werbung für Solarworld. FV-Werbung zur Primetime.
So was hatte ich vor Jahren noch in meinen wildesten Ökosexträumen fantasiert. Die Solarjohnnys auf Ballhöhe mit den Werbemilliarden der alten Steinzeitökonomie. Bisher war der bezahlte Fußball fest in der Hand von Atomstrom- und Automobilkonzernen. Mit fatalen Folgen für die emotionale Verfasstheit von kleinen Jungs und deren Papas. Da ist der Solarworld-Spot eine Revolution. Er bedeutet: Es gibt das solare Glück. Es gibt die Alternative zum Sportwagenorgasmus. Da sind wir schon im Zentrum der leider nur am Rande geführten Klimakulturdebatte. Im "Sportschau"-Umfeld wie in der Gesellschaft tut sich was.
Martin Unfried, Jahrgang 1966, arbeitet als Experte für europäische Umweltpolitik in Maastricht. Er liebt die solare Effizienzrevolution, kauft sich hemmungslos Klimaschutzprodukte und will damit bis 2012 raus sein aus der fossilen Welt. Er singt auch bei Ökosex, der ersten Kolumnenband der Welt.
Klaus Leggewie hat in dieser Zeitung geschrieben, die Parteien würden die radikaleren Erwartungen von uns solaren Effizienzrevolutionären nicht repräsentieren. Stimmt. Minister Gabriel wollte mich letzte Woche überzeugen, dass die Abwrackprämie doch gut für die Umwelt war. Eine Studie zeigt, dass die Leute überwiegend kleinere Autos gekauft haben mit weniger Schadstoffen. Das ist wirklich ein schöner Nebeneffekt, aber nicht überzeugend bei fünf Milliarden Spieleinsatz. Die Autobranche hat jetzt erst recht Überkapazitäten. Sie produziert immer noch zu viel vom Falschen. Darum jetzt von Poldi zu VW.
Nämlich gerade Volkswagen hat letzte Woche gezeigt, welche Alternativen es zu den Abwrackmilliarden gab. VW und Lichtblick präsentierten mit dem gasbetriebenen "Zuhausekraftwerk" ein Produkt, bei dem es Unterkapazitäten gibt. Seit Jahren ist bekannt, das kleine und flexibel zuschaltbare Blockheizkraftwerke im Keller eine Schlüsselstellung einnehmen können in einem Netz mit mehr erneuerbaren Energien. Nun war es aber nicht diese Regierung, die ein Kellermillionenprogramm vertreten hat. Es war nicht Gabriel, der die Atompläne von CDU/FDP und die Kohlepläne der SPD mit dem Aufbau von kleinen virtuellen Kraftwerken konterte. Es ist ein Ökostromanbieter, der diesen wichtigen Baustein für die Klimawende kommuniziert. Kurioserweise mit VW.
Was wunderbar ist. Denn VW ist als Symbol so wichtig wie Poldi für die Fotovoltaik. Und die Jungs können kommunizieren. Blockheizkraftwerk klingt nach Blockwart. "Zuhausekraftwerk" klingt nach Kraftwerk der Liebe. Das ist hochpolitisch. Wahrscheinlich wissen die im VW-Vorstand noch gar nicht, dass sie plötzlich aus ökonomischen Gründen gegen zentrale Kohle- und Atomstrukturen sein müssen. Stromlücke? Ich auf jeden Fall werde den Atom- und Kohlefreunden künftig nur noch freundlich entgegnen: Das regelt VW im Keller.
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