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Kolumne Nullen und EinsenNiedlich ist nicht mehr

Meike Laaff
Kolumne
von Meike Laaff

Wie ein kleines Plastikding einer angekündigten Revolution die Unschuld raubt: Die Waffe aus dem 3-D-Drucker heizt die Technikfolgen-Debatte neu an.

Noch nicht die Cody-Wilson-Waffe, sondern ein Vorgängermodell. Bild: dpa

D as ist jetzt halt schon irgendwie ungünstig. Da sollte sie kommen, die vierte industrielle Revolution mit 3-D-Druckern. Viel ist schon gesagt und geschrieben worden über die Demokratisierung von Design und über die Emanzipation des Konsumenten, wenn jeder künftig aus einer Datei und ein paar Plastikkügelchen jedes beliebige Objekt ausdrucken kann. Wie Science Fiction hört sich das an, nach einem Morgen, das besser ist als das Heute. Und dann kam Cody Wilson.

Der Mittzwanziger aus Texas entwickelt allerdings keine Vorlagen für Trillerpfeifen, Ersatzteile für Mixer oder Minecraft-Figürchen, die 3-D-Drucker aus Plastik ausspucken können – Wilson hat sich eine Waffe ausgedruckt. 16 Teile, ein handelsüblicher Nagel dazu, fertig ist die Pistole.

Sieht aus wie ein Kinderspielzeug, funktioniert aber laut Medienberichten. Zumindest einen Schuss lang. Die Druckvorlage für diese Waffe will Wilson im Netz veröffentlichen. Für jeden reproduzierbar. Oder besser: Für jeden, der Zugang zu einem 3-D-Drucker hat.

Bild: privat
Meike Laaff

ist Redakteurin für Internet und Gesellschaft im Ressort taz2/medien und twittert als @mlaaff.

Wilson meint das durchaus politisch: Als durchgeballerter Libertärer ärgert er sich über die aktuelle US-Debatte über schärfere Waffengesetze – und findet eben ein Schlupfloch. Wilson zeigt denen, die den Waffenbesitz in den USA stärker regulieren wollen, den Mittelfinger. Botschaft: Ihr könnt uns gar nichts vorschreiben. Befreiung durch Technik.

Generell ist die Maker-Szene ein Haufen sympathischer Visionäre – passionierte Frickler, smarte Spielkinder, die aus Ideen Produkte zaubern und von einer Zukunft erzählen, in der ich nicht nur Massenkunde bin, sondern Produkte auf mich angepasst werden. Wir gegen die Industrie. Hübscher Gedanke.

Freiheit versus Sicherheit

Und dann kommt Cody Wilson und erinnert inmitten all dieser kleinen bunten Techno-Utopie daran, dass ein 3-D-Drucker nicht nur Heiterkeit und fehlende Badewannenstöpsel ausspucken kann. Sondern eben auch den Nachbarn bewaffnen – billig und kaum kontrollierbar. Wilson bringt einen zurück zu der schmerzhaft banalen, aber oft verdrängten Erkenntnis, dass derartige Technologie meist nicht gut oder böse ist.

Ein 3-D-Drucker selbst entscheidet nicht, ob er konstruktive oder destruktive Objekte ausspuckt. Ein Software-Schnipsel allein sorgt nicht dafür, dass Menschen überwacht werden. Drohnen können auch für zivile Technikspielereien genutzt werden. Wie all das genutzt wird, darüber entscheiden Menschen.

Wir müssen uns dringend verständigen, wie wir auf derlei ambivalente Technologien reagieren. Wie wir versuchen, schädliche Nutzung von konstruktiver abzugrenzen. Um diese Fragen können sich auch jene nicht mehr herumdrücken, die nach eigenem Bekunden nichts mit Internet und Technik am Hut zu haben – weil die Grenzen zwischen digitaler und analoger Welt durchlässiger werden. Siehe 3-D-Drucker.

Einfach werden diese Debatten nicht. Schon allein weil man mal wieder Freiheit und Innovation versus Sicherheit abwägen muss. Wichtig sind sie aber allemal. Welche Reaktion ich wegen der ausgedruckten 3-D-Waffen vorschlage? Ganz ehrlich: Ich wünschte, ich hätte eine fertige Antwort.

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Meike Laaff
tazzwei-Redakteurin

17 Kommentare

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  • F
    Felix

    Ohne Patronen nutzt einem auch die beste selbstbau Waffe nichts, egal ob die nun aus dem 3D Drucker oder aus der Werkstatt kommt (Lauf, Verschluss oder andere stark beanspruchte Teile kann man sowieso [noch] nicht drucken). Und wenn man die Patronen auf dem Schwarzmarkt kaufen muss, dann kauft man auch gleich die ganze Waffe da, oder nicht?

     

    Das größere "Problem" an 3D-Druckern ist ein anderes. Wer würde denn noch kleine Ersatzteile oder ähnliches zu überteuerten Händlerpreisen kaufen wenn es irgendwo einen Bauplan zum Download gibt und ein günstiger 3D Drucker zuhause steht? Lego-Bausteine, Kaffeemaschinenbauteile etc könnten günstig und einfach on-the-fly gedruckt werden und würde die Industrie umkrempeln.

    aber Waffen aus dem Drucker, das ist wohl das allergeringste Problem.

  • E
    ennui

    @ Kein Kunde (11.05.2013 01:54),

     

    .... ich auch nicht – und ich fand die durch Sie angeregte Vorstellung, dass künftig Do-It-Yourself-Cracks à la Opelschrauber mit einem womöglich geleasten 3-D-Drucker und "10 Zentnern Palstikkügelchen" [Plastik] ausgestattet in leeren Wohnungen hocken und sich "einen kompletten Hausstand" aus exklusiv ebenjenem Material ausdrucken, wirklich amusant; wäre aber definitiv nix für mich.

    Hingegen erscheint mir der Einsatz der 3-D-Druck-Technik mit anderen Zielen, wie z.B.: mit Biotinte funktionstüchtige (Ersatz-)Organe auszudrucken, nicht nur ungleich interessanter, angemessener, um nicht zu sagen: wichtiger – und entsprechend fortgeschrittene Forschunsprojekte (in den USA) zeitigen bereits vielversprechende Ergebnisse und lassen derlei mittelfristig realisierbar denken.

    Und keineswegs: " (....) nur Mainzelmenschchen wohnen, (....)"; In Italien hat ein Team bereits einen von normalgroßen Menschen bewohnbaren Haus-Prototyp erstellt und man plant dort durchaus zeitnah sehr distinguiert, organisch designte Hauserstellungen (auch nach Kundenwunsch) kommerziell anbieten zu wollen. (Hierbei wird nicht mit Material gedruckt, sondern eine große, mobile 3-D-Laser-Anlage ‘brennt’, verschmilzt das gewünschte Objekt aus einem speziell preparierten Sand‘haufen’).

    Wann die komplette “Voyager” incl. Bedienungsanleitung ausgedruckt werden könnte? Who knows‽

  • KK
    Kein Kunde

    @ ennui

     

    Ich wollte mit den Salatschuesseln die Technik keinesfalls klein reden.

     

    In Wohnhäusern, so raffiniert sie auch sein mögen, dürften aber bislang nur Mainzelmenschchen wohnen, noch leiden wir ja unter Beschränkungen, was die Größe der Ausdrucke angeht.

     

    Wir hatten ja damals nur drei Programme und es lief Freitags nichts ausser Star Trek im ZDF, daher stehe ich dem Replikator sehr aufgeschlossen gegenüber.

  • E
    ennui

    @ mackenzen:

    "(....) gar nix grosses veraendert sich durch diese technik!"

     

    Was zu bezweifeln wäre; Es mag auf die zutreffen, die meinen, sich einen "kompletten Hausstand" (cf. Lk "Kein Kunde") ausdrucken zu müssen (z.B.: Salatschleudern, Griffe zum Wegwerfen, etc.); aber: mit ebenjener 3-D-Technik werden bereits architektonisch ausgesprochen raffinierte, sehr individuelle Wohnhäuser ge-druckt, resp. -lasert.

  • I
    ion

    "Die Druckvorlage für diese Waffe will Wilson im Netz veröffentlichen."

    Vielleicht zumindest mal die taz lesen(?):

    «Pistolen-Baupläne sind offline»

    https://www.taz.de/!116012/#send-comment

     

    "Wir müssen uns dringend verständigen, wie wir auf derlei ambivalente Technologien reagieren."

    "Derlei"‽ Welcherlei, die "3-D-Drucker"? Die sind ein Witz gegen das, was demnächst an Technologie aus der Küche der Transhumanisten (H+) auf uns zukommen wird (, resp.: bereits Anwendung findet).

  • BI
    Bertram in Mainz

    Das Thema müssen wir unbedingt ernst nehmen. Aber aus einem ganz anderen Grund.

     

    Die jetzigen Versuche funktionieren nur durch das amerikanische Waffenrecht. Eine "gut" funktionierende Waffe kann man nicht so leicht drucken. Die stark belasteten Teile kann man aber in den USA als Ersatzteile kaufen. Jetzt hat man eine komplette einfache Waffe hergestellt. Die Munition kann man in den USA einfach so kaufen. Eine einfache Waffe kann man wohl auch ohne 3-D-Drucktechnik herstellen.

     

    Aber das Thema wird sich gut eignen, um die 3-D-Drucktechnik unter Aufsicht zu stellen. Vielleicht muss jeder 3-D-Drucker ein "digitales Wasserzeichen" einarbeiten. Wir hatten das schon bei den "tracking dots" bei hochwertigen Farbdruckern.

     

    Sicher wird sich die Lobby der Urheberrechte an das Thema anhängen. Man versucht, uns die Kontrolle über alle Immaterialgüter aus der Hand zu nehmen. Musik und Video mit DRM oder gestreamt ohne Speichermöglichkeit. E-Books und Software wird an Geräte oder Personen gebunden. Programme funktionieren zunehmend nur mit Online-Anbindung. Niemand kann erwarten, dass man uns so einfach das Drucken von Gegenständen erlaubt.

     

    Ersatzteile drucken? Vielleicht werden wir das dürfen. Aber nur gegen eine Urheberrechts-Gebühr und mit Nachweis, dass wir ein solches Gerät besitzen. Anschließend werden wir mit Werbung zugemüllt, wie billig gerade zufällig jetzt im Sonderangebot das neue Gerät ist.

  • KK
    Kein Kunde

    @ NRA

     

    Natürlich ist die Aufmerksamkeit lächerlich in anbetracht einer Pistole, bei deren Verwendung man berechtige Angst um die Sicherheit der eigenen Hand haben muss.

     

    Der wirkliche Grund überhaupt über die Druckerthematik zu reden ist ein ganz anderer.

     

    Copyrights.

     

    Daher wird man das Thema forcieren.

    Vermutlich gibt es irgendwo ein Dossier welches besagt, dass mit Vorbehalten gegenüber Waffen in Deutschland am besten Stimmung gemacht werden kann gegen diese Technik.

     

    Die eigentlich Bedrohung ist doch, dass auf einem USB Stick die nötigen Informationen stecken können um sich mit Hilfe von 10 Zentnern Palstikkügelchen einen kompletten Hausstand zu kopieren.

     

    Und diesmal steht auf der anderen Seite eben nicht eine popelige Unterhaltungsindustrie sondern gleich der ganze Rest.

     

    Diese Drucker sind eine Massenvernichtungswaffe die gegen die Verteilungsungerechtigkeit gerichtet ist.

     

    Oder zumindest gerichtet werden könnte.

  • C
    caat

    Sofern ich richtig informiert bin, funktioniert diese Waffe auch nur deswegen, weil das Waffenrecht in den USA eben doch wieder sehr liberal ist. Denn dieser Tüftler baut im Endeffekt nur den Rahmen, ich bin mir nicht sicher, welches Teil es war, aber ich meine, es wäre der Verschluss gewesen, den man in den USA legal erwerben kann und ohne Registrierung, da es nicht als Waffe gewertet wird. In Deutschland zum Beispiel ist jedes vitale Waffenteil dem Waffenrecht unterworfen. Die Diskussion sollte sich also nicht um 3-D-Drucker drehen, sondern um das Waffenrecht der USA...wenn überhaupt. Und ein Gerät, welches eine einzelne Patrone halbwegs genau abfeuert, kann jede_r Heimwerker im Keller zusammentüftlen...

  • M
    mackenzen

    meine guete ueberall dieses wirklich nur noch komplett dumme medien gefasel ueber ausgedruckte waffen! alles nur um diese nicht mal halb so wichtigen plastik 3ddd drucker im gespraech zu halten... gar nix grosses veraendert sich durch diese technik! ein fehlender badewannenstoepsel zu kaufen ist viel billiger: kein mensch braucht dazu sone teuere technik! und schon gleich gar nicht bei der herstellung von waffen! man kann ganz wunderbar eine ein schuss pistole bauen: ganz ohne 3ddd drucktechnik! schneller unauffaelliger und besser! dazu kommt noch dass es nirgendwo auf der welt schwierig ist illegal eine echte voll funktionsfaehige wumme zu besorgen wenn man das wirklich moechte! hat denn der herr auch die dazu notwenige patrone und projektil ausgedruckt?! dieses thema ist nur voellig unwichtiger hype und kommt in der taz auch noch viel zu spaet... die sau wurde schon lange durchs dorf getrieben...

  • S
    Schofel

    Dieses moralisierende Textchen veranlasst mich, ein neues Thema auf meine Projektlist zu setzen:

    Wie baue ich mit Matierialien und Maschinen aus dem Baumarkt vor der Haustür

    - Schießgeräte

    - Raketen

    - Bomben

    - Napalm

    - Giftgas

    u.v.m.

     

    Auf auf - jetzt aber mal ganz schnell mit einem Beutel Teelichtern vor den nächsten Heimwerker-Markt. Gewaltfreier Widerstand ist angesagt. 20% auf alles außer TAZ

  • N
    NRA

    Wenn ich eine Waffe für kriminelle oder zumindest anderweitig nicht genehmigungswürdige Zwecke brauche, drucke ich mir kein Kinderspielzeug aussondern besorge für ein bescheidenes Budget eine vernünftige Faustfeuerwaffe zzgl. Munition auf dem Schwarzmarkt. Das ist zuverlässiger, einfacher und wahrscheinlich sogar schwerer zu überwachen, als die Anschaffung eines 3D-Druckers.

     

    Die Aufmerksamkeit die diese Aktion erhält ist lächerlich.

  • M
    Muhmann

    "Waffen töten nicht. Menschen töten." - Wie ich diesen Satz inzwischen hasse...

     

    Es ist allen klar, dass Gegenstände nicht rum laufen und Menschen töten. Es geht darum, dass viele Schusswaffen und ähnliches dafür gebaut werden Menschen zu töten, bzw es einfach zu leicht machen in kurzer Zeit mit wenig aufwand viele Menschen zu ermorden, dass ist das Problem und nicht das irgend ein Gegenstand eventuell eine Waffe sein könnte (Das könnte auch ein Stift sein, eine Nadel oder auch einfach nur Hände).

    ...aber eventuell ist das für manche einfach nicht relevant, sondern es ist viel relevanter einen stumpfen "Scheisshaus" Spruch ablassen zu können und meint damit sei alles kla und gesagt.

  • CT
    Christophe T.

    "waffen töten nicht. menschen töten"

     

    dann muss es einfach an den Menschen in der USA liegen - ne ?

  • F
    FaktenStattFiktion

    Sehr geehrte Frau Laaf,

    Sie können aus jedem Eisenrohr "zumindestens einen Schuss" abgeben. Alles Material bekommen Sie im Baumarkt.

    Wer richtig faul ist, das Schwarzpulver an drei Tagen im Jahr sogar völlig legal.

     

    Was soll diese sinnlose Diskussion?

  • KK
    Kein Kunde

    Selbst ich als anerkannter Wehrzersetzer (das ist die harte Form des Zivildienstes) kann daran leider wenig schlimmes erkennen.

     

    Wir haben es nicht mit Rechtsstaaten zu tun solange Menschen ohne Anklage und Beweise festgehalten werden.

    Gut, das ist in den USA der Fall.

     

    Da unsere Bundesregierung, die ja mit überzeugender Einviertelmehrheit von der Bevölkerung gewählt wurde, als Bündnispartner fröhlich mitmacht empfinde ich die Grenze als sehr fließend.

     

    Wie auch immer, ich habe weniger Angst vor meinen Mitmenschen als vor unseren Staatsapparaten.

     

    Es sollte umgekehrt sein!

  • U
    Unbequemer

    Endlich hat die TAZ wieder ein Thema, wo sie ihre Rückwärtigkeit ausleben kann. Eine Diskussion, die seit der Erfindung des Messers immer dieselbe Erkenntnisse bringt. Gähn ... wo ist der nächste Stoff für neue Empörungen?

  • A
    autocrator

    waffen töten nicht. menschen töten.

    und es gibt bedeutend mehr waffen, als nur handfeuerwaffen. mit einer halbwegs professionellen zwille, die simpelst herzustellen ist, können genauso tödliche projektile verschossen werden wie mit einer pistole. Mit einem baseball-schläger kann ich spielen oder einen anderen menschen erschlagen. Das war nie ein problem und wird nie eins sein: homo homini lupus est, an dieser alten erkenntnis kommt niemand vorbei und die technik, hier der 3D-drucker, hat damit absolut nichts zu tun.