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Kolumne MittelalterSchmucke Mauern, spitze Zäune

Auf dem Land ist Platz für Flüchtlinge, sagt ein Bundesinstitut. Aber wer schützt die Neusiedler vor den Eingeborenen?

Wer um Mauern rumläuft, kann immer noch erschossen werden. Reste des antifaschistischen Schutzwalles am Potsdamer Platz in Berlin. Foto: dpa

I n Deutschland stehen rund zwei Millionen Wohnungen leer – mehr als 600.000 seien sofort verfügbar! Sagt der Direktor des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Harald Herrmann.

Das klingt wie eine Spammail mit dem Betreff „Habe gerade überwiesen“. Wo, fragt man sich als Kind des Spätkapitalismus, ist hier der Haken?

Ist es die in der Meldung nachgeschobene Tatsache, dass freie Räume vor allem in der Pampa vorhanden sind?

Nicht unbedingt: Erstens ist Landleben Trend. Zweitens liest man immer wieder, dass etwa die Latinos in den USA viele Gemeinden im verödeten Mittelwesten erfolgreich wiederbelebt haben.

Da wir aber in Deutschland sind, wo Freiheit kein Wert an sich ist, sondern dem Verdacht des Zügellosen unterliegt, fordert das Institut, Flüchtlinge auf bestimmte Wohnorte zu verpflichten, „um dort leerstehende Wohnungen zu füllen und den Druck von den Ballungsräumen zu nehmen“.

An der Waffe ausbilden

Ich wohne in Berlin direkt an der alten Zollmauer. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts sollte sie verhindern, dass verdächtige Subjekte die Stadt Berlin unregistriert beträten. Das „Akzisemauer“ genannte Machwerk wirkte aber auch in die andere Richtung, indem es die armen preußischen Soldaten von der Desertion abhalten sollte.

Solche Begrenzungen um schmucke, aber halb leere deutsche Landgemeinden könnten – den Plan von H. Herrmann weiterdenkend – durch Bürgerwehren bewacht werden, die vorher selbstverständlich von Frau Petry und ihren Klonen an der Waffe ausgebildet wurden: Nicht dass ein Flüchtlingsteenager meint, mal eben in die Großstadt ausbüxen zu können.

Aber Ernst beiseite. Das eigentliche Problem mit dem Vorschlag des Direktors des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung ist ein anderes: das Fehlen einer Bevölkerungs- und Sicherheitsforschung.

Handelt es sich bei den von ihm für die Flüchtlinge ins Zielfernrohr genommenen Regionen doch um: Nordrhein-Westfalen (!), Mecklenburg-Vorpommern (!!) und Sachsen (!!!). In diesen unsicheren Zielländern Flüchtlinge zwangsanzusiedeln gleicht tödlich leichtsinnigen kolonialen Unternehmungen etwa im frühneuzeitlichen Amerika, wo die Neuankömmlinge kaum einmal den ersten Winter in einer feindlichen Umgebung überleben konnten.

Maschendrahtzaun

Und kann es für einen Flüchtling ungeeignetere Siedlungsgebiete geben als Sachsen und MVP – von den Verhältnissen in NRW (Domplatte, Duisburg, Domkölsch) ganz zu schweigen?

In Italien schickt man in Gebiete, in denen die Institutionen von organisierter Kriminalität unterwandert sind, immer mal wieder die Armee, um ein Minimum von zumindest gefühlter Sicherheit zu garantieren.

Für Deutschland muss man wohl einen Vorschlag aus dem Landtagswahlprogramm der Partei „Die Rechte“, Gau S-A, in Erwägung ziehen: „ein gesicherter drei m hoher Maschendrahtzaun um das Bundesland Sachsen-Anhalt zum Schutz seiner Bürger vor weiteren Invasoren“.

Damit kein Funktionär mehr schutzsuchende Menschen zu den Barbaren schicken kann.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • 3G
    31737 (Profil gelöscht)

    Ressentiments wie beim Mauerfall - das "Volk" putzt sich gerne heraus...wenn man" Volk", was gutes zu berichten hat - Hauptsache "Wir sind das Volk" Mit Gruß

  • Interessante Frage:

     

    "Aber wer schützt die Neusiedler vor den Eingeborenen?"

     

    Haben die Flüchtlinge, haben ihre Helfer, DIESE Wortwahl, DIESEN historischen Vergleich verdient?

     

    Ist das nicht PEGIDA-Sprache, die bloß umgedrehte Angst vor Eroberern, die sich irgendwann "zur Wehr setzen" wie seinerseits die Kolonisten in Nordamerika gegen die Eingeborenen?

     

    Wer Flüchtlingshass schüren will, macht es mit solchen Bldern.

  • Ich weiß man gar nicht, was Sie haben, Herr Waibel.

     

    Sachsen ist zwar nicht das neue Palästina, das aber muss ja noch nichts heißen. Palästina war noch nicht einmal gegründet, als es die Zionisten damals heim das Reich des sagenhaften Königs Salomon gezogen hat. Sachsen ist deutlich älter - und außerdem noch nie besonders morgenländisch angehaucht gewesen (von einer Tabakfirma einmal abgesehen). Das war‘s dann aber auch schon mit den Unterschieden.

     

    "Die Europäer", jedenfalls, sind seinerzeit wohl ziemlich froh gewesen darüber, dass ein Problem, das sie seit vielen hundert Jahren mit "den Juden" hatten, da hin gewandert ist, wo angeblich noch Platz war für die Unerwünschten. Die Araber? Die waren selber Schuld. Wer sich zu blöd anstellt, sich in militanten Nationalstaaten zu organisieren, der braucht sich nicht zu wundern, wenn ihn niemand fragt.

     

    Inzwischen hat sich mancherlei geändert in der Welt. Manch anderes leider noch nicht. Noch immer lebt, wer sich nicht wehrt, verkehrt. Wobei "sich wehren" Leute töten meint. Es wird noch immer richtig scharf geschossen an den diversen Grenzen dieser Welt. Beziehungsweise mittlerweile wieder. Der Kalte Krieg ist ja vorbei. Nun wird die Erde neu verteilt. Ganz frei von Angst. Nur leider auch frei von jedem Verstand. Wer da hinein gerät, hat einfach Pech gehabt.

  • Ich komme zufällig aus der Pampa. Wir sprechen selbst manchmal spöttisch von Hessisch-Sibierien.

     

    Bei uns sind die Asylbewerber bestenes integriert, viele haben schon Praktika bei lokalen Unternehmen begonnen.

     

    Was eher ein Problem in Deutschland ist, ist dieses urdeutsche, arrogante, herbalassende Ätzen über alles, was man ohnehin schon immer doof fand und nun in jedem möglichen Kontext niedermacht.

     

    Herr Waibel gehört zu der Sorte Städter, die sich allein schon aufgrund ihres Wohnortes positive Eigenschaften zuschreiben.

     

    Ich bin auf dem Land aufgewachsen, habe 10 Jahre in einer Großstadt gelebt und wohne nun wieder auf dem Land. Und alles, ohne mich wesentlich im Charakter zu verändern.

     

    Viele, die von den zahlreichen Möglichkeiten in einer Stadt und dem tollen Kulturangebot schwafeln, sehen vielleicht einmal im Jahr ein Theater von innen.

     

    Ich rede hier nicht von Ostdeutschland, das ist ohnehin immer noch leider ein Sonderfall. Zu Sachen Integration kann ich nur sagen: Natürlich läuft die anfangs in einer Stadt besser aufgrund der vielen Gleichgesinnten. Langfristig läuft sie aber in ländlichen Regionen m.E. besser, da hier keine Alternative besteht.

     

    Der Sound von Herrn Waibel, den ich in letzter Zeit von vielen Seiten höre (Landeier, Provinz, blabla) ist letztlich auch nur hate-speech um sein eigenes Dasein zu überhöhen.

    Warum hört man eigentlich so viel mehr Negatives von Städtern über die Landbevölkerung als andersherum. Könnte es sein, dass hier Manche versuchen sich selbst was schön zu reden, was oft nicht schön is?

     

    Könnte ich schon verstehen, ich stand während meinem Jahrzehnt in der Großstadt sehr viel häufiger unzufrieden war und weniger ausgeglichen. Da kamen bei mir auch manchmal die Gedanken "Was läuft eigentlich falsch bei dir, dass du hier unzufrieden bist? Du bist doch dort, wo alle hinwollen, was angeblich die beste Art zu leben ist."

     

    Zufriedene Menschen haben es nicht nötig, andere Lebenformen ständig herabzuwürdigen.

  • 3G
    32978 (Profil gelöscht)

    Sehr geehrter Waibel, Ihr Beitrag ist diskriminierend und voll von Klischees über die Landbevölkerung in Deutschland. Kleine Ortschaften sind durchaus sehr hilfsbereit, was die Aufnahme und Unterstützung von Migranten betrifft. Ich kenne keine Untersuchung, die belegt, dass es auf dem platten Land mehr Angriffe auf Flüchtlinge gibt als in den größeren Städten.

    Fakt ist jedoch, dass in jeder Kommune irgendwann ein Limit erreicht ist.

    Ihr Artikel macht die gesellschaftliche Situation keineswegs besser!

  • Zumindest in Sachsen richtet sich dieser kollektive Hass nicht nur gegen Asylbewerber, sondern vor allem gegen Westbürger und Ausländer allgemein.

     

    Der Hallesche Universitätsprofessor Marneros schreibt in seinem Buch (Blinde Gewalt):

    +++ Wenn aus purer Lust an sinnloser Gewalt getötet wird +++

     

    Er schreibt nicht über Kampfhunde, Hyänen oder Kojoten, nein, er schreibt über Pack. Nicht mal Tiere töten nur zum Spaß.

    http://siggi40.de/

     

    In Chemnitz habe ich alle Massaker überlebt. Dafür mehrmals wegen Körperverletzung vorbestraft, weil ich mich wehrte und diesen unterbelichteten Schulabbrechern den Spaß am Abmurksen verdorben hatte. Das Opfer wird zum Täter sterilisiert, weil man dann das Opfer auch noch finanziell massiv schädigen kann.

    • @Siggi40.de:

      Oh! Wie konnte das passieren? Dass ich die vielen "Massaker" in Chemnitz verschlafen habe, meine ich, die es seit der Wende gegeben haben muss. Wieso hat "meine" taz denn nicht berichtet? Weil Chemnitz "Dunkeldeutschland" ist?

       

      Könnte es sein, verehrter SIGGI40.de, dass sie einen Massenmord (Massaker) mit einer (wiederholten) Einzeltat verwechseln? Ich könnte das verstehen. Wer glaubt, dass Opfer zu Tätern "sterilisiert" werden, der ist vermutlich auch sonst ziemlich durcheinander.

       

      Nein, es ist nicht schön, wenn man mehrfach fast abgemurkst wird von unterbelichteten Schulabbrechern, die daran ihren "Spaß" haben. Und noch unschöner ist es, wenn man nachher zur Strafe dafür, dass man sich gewehrt hat, einfährt. Vor allem, wenn man zugleich "finanziell massiv [ge]schädig[t]" wird. So etwas kann einen schon ganz schön aus der Spur werfen. Wenn man denn jemals in der Spur gewesen ist.

       

      Ich frage mich, wieso Sie eigentlich in Chemnitz bleiben. Unterliegen Sie denn einer Residenzpflicht wie ein Asylbewerber? Ich meine: Im Westen Deutschlands sind die Leute doch angeblich solidarischer und zivilisierter als im Osten. Glauben Sie nicht, dass ihnen dort eher geholfen wird?

    • @Siggi40.de:

      diese stumpfe verunglimpfung der ostdeutschen als rassisten und vermeindlich einzige rassisten in D ist beschämend und rassismus in reinster form.

      sie lenken vom problem ausländerfeindlichkeit ab, indem sie in bester nazimanier einen sündenbock präsentieren. für sie sind nicht die ausländer oder wahlweise die juden für sie sind die ostdeutschen das grundübel der welt. der unterschied zu den rechten besteht nur im ausgetauschten hassobjekt.

      keine frage gibt es diese probleme im osten, aber nicht jeder ossi ist per geburt rassist, wer so denkt ist selbst einer. sie lenken von den hintergründen ab und werfen nebelgranaten!

      es lebe die simple einfache weltsicht!