Kolumne Meer: Deutsche Politikerinnen besonders sexy
Auf sexybundestag.de kann man die Abgeordneten des Deutschen Bundestags danach bewerten, wie gerne man sie daten würde. In Deutschland liegen nur Frauen an der Spitze.
T ypisch für das Netz ist die Feedback-Kultur. Blogs sind ohne Kommentare kaum denkbar, Tweets kaum ohne Replies. Bei Facebook wird Tag und Nacht gequatscht, geliked, gefeedbackt.
Und schon lange gibt es Webseiten, bei denen man Fotos von sich hochladen kann, um diese von anderen bewerten zu lassen. Auf solchen Hot-or-Not-Seiten kann meist das eigene Foto auf einer Skala, im allgemeinen von 1 bis 10, von Dritten bewertet werden – oder das Ganze findet als Wettbewerb statt, indem das eigene Foto mit denen von anderen Community-Mitgliedern verglichen wird.
So funktioniert auch die neue Seite sexybundestag.de – nur, dass die Bilder nicht von den Abgeordneten selbst hochgeladen wurden. Sondern: es wurden die Bilder der Abgeordneten auf eine Webseite gezogen und dort zum Zweikampf freigegeben. Ganz offen wird zu jeweils zwei Fotos gefragt: "Mit welchem Politiker oder welcher Politikerin würden Sie lieber ...? Wählen Sie". Über die Nutzung der Bilder ist, nur am Rande angemerkt, die Bundestagsverwaltung nicht sonderlich amüsiert. Ob man juristische Schritte gegen den Betrieber der Seite einleiten wird, ist noch offen.
ist Online-Redakteurin der taz. Sie schreibt die Kolumne "Meer", bei der sie ihre Blicke nicht nur über das Informationsmeer schweifen lässt.
Der will mit der Seite wohl ordentlich für sich und seine Webseiten Werbung machen. Laut sexybundestag.de wurde die Seite von Francis Boulle gemacht. Er teilt mit: "Abgesehen davon, dass ich ein lustiges und einprägsames Tool programmieren wollte, mit dem sich die deutsche Öffentlichkeit über ihre Parlamentarier informieren kann, war es mir natürlich ein Fest, den ersten Bundestags-Schönheitswettbewerb überhaupt zu veranstalten." Auch wenn er davon ausgehe, dass manche davon peinlich berührt sein würden, so unterstreicht er: dies sei nicht seine Intention gewesen. Er hoffe, dass man "die lustigen Aspekte" würdigen könne.
Bei Dorothee Bär ist Boelle da an der richtigen Adresse. Die CSU-Abgeordnete sagt, sie finde sexybundestag.de "lustig". Bär ist vorne bei dem Voting mit dabei. Am besten schneiden jedoch Politikerinnen der Linken ab: Nicole Gohlke oder ihre Parteigenossinnen Sahra Wagenknecht, Caren Lay und Yvonne Plötz. Je nach Votingsituation kann das aber auch mal variieren. Vorn sind auch die SPDlerinen Carola Reimann und Sabine Bätzing-Lichtenthäler, sowie die Grünen Katja Dörner und Agnes Malczak. Meist knapp dahinter die bestgevotete FDPlerin, Miriam Gruß.
Der erste Mann taucht so um Platz 30 herum auf, erst ab Platz 50 lockert sich das weiblich geprägte Bild weiter auf.
Beim britischen und irischen Parlament, für deren Abgeordnete ebenfalls gevoted werden kann, ist das nicht ganz so deutlich. Mögliche Erklärungen: 1) Deutsche Politikerinnen sind besonders sexy. 2) Im deutschen Internet klicken hauptsächlich lesbische Frauen und heterosexuelle Männer. 3) Der sexistische Mainstream, der in Deutschland besonders schlimm ist. 4) Die sich selbst erfüllende Prophezeiung durch das Logo von sexybundestag.de – es zeigt die Silhouette einer Frau.
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