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Kolumne MännerIm Heros-Center

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Warum gilt ausgerechnet der Mann als Held, der andere Männer besiegt und am Ende die Frau mit der Kopfhörer-Frisur kriegt?

Einsamer Sturmtruppler: „Star Wars“ vermittelt ein Bild vom Mann als ärgstem Feind anderer Männer. Bild: reuters

B in ich froh, dass ich jung bin. Ich nenne keine Herrenhandtasche mein Eigen. Oder 68er-Nostalgie. Oder eine sichere Rente. Weil ich so jung bin, verstehe ich die Sehnsüchte der ganz Jungen.

Neulich sah ich mit zwei Kindern von Freunden eine DVD. Der Neunjährige hatte sich gewünscht, den ersten Teil der „Star Wars“-Serie zu sehen. Seiner zwölfjährigen Schwester gefiel das gar nicht. Sie tippte demonstrativ gelangweilt auf einem iPad herum. Ich konnte sie verstehen.

„’Star Wars‘ ist halt eine klassische Heldengeschichte“, sagte der Freund achselzuckend. „George Lucas hat die Mythen der Welt gescannt und chic in Szene gesetzt. Helden sind nun mal so.“ Dann überantwortete er mir seinen Nachwuchs. Nicht nur das ließ mich an seiner Urteilskraft zweifeln.

Bild: Foto: privat
Matthias Lohre

ist Politischer Reporter der taz. Vor Kurzem erschien sein Buch „MILDE KERLE – Was Frauen heute alles über Männer wissen müssen“ bei S. Fischer/Krüger. Im August veröffentlicht er dort "Der Film-Verführer - Warum Frauen Action lieben und Männer Romantik wollen".

„Star Wars“ prägt seit Jahrzehnten die Art, wie Hollywood Heldengeschichten erzählt. Luke Skywalker ist ein junger Mann, der sich in einer Welt voller böser Männer durchsetzen muss und am Ende einen bösen Mann besiegt. Am Ende rettet er eine Frau, die vor allem durch eine interessante Kopfhörer-Frisur beeindruckt.

Krieger und Mäuschen

Dieses Bild zeichnet Männer als einsame Krieger, Frauen als passive Wesen. Düstere Aussichten für heranwachsende Mädchen. Aber auch für Jungs. Filme lehren sie, der Macher zu sein, der sie in einer koedukativen Welt niemals sein können.

Dass es anders geht, bewies lange vor „Star Wars“ ein anderer extrem erfolgreicher Fantasyfilm: „Der Zauberer von Oz“. Heros ist ein Mädchen (Dorothy), dem eine gute Hexe (Glinda) und drei männliche Freunde (Vogelscheuche, Zinnmann, Löwe) dabei helfen, sich Angriffen der bösen Hexe des Westens zu erwehren. Erfolg durch Kooperation. Aber gut, Filme reflektieren nun mal ihre Entstehungszeit. Heute herrscht eine ruppige Ellenbogenmentalität. Ganz anders als damals bei „Oz“, 1939.

Der neunjährige Junge geht aufs Klo. Seine Schwester läuft zum DVD-Player, nimmt „Star Wars“ heraus und legt „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ ein. Na toll. Zwar ist die Heldin in der Vampir-Schnulze eine sehr junge Frau. Blassen Männern bleibt hier aber nur der undankbare Job, die weibliche Protagonistin gegen eine Welt voller böser Männer zu verteidigen. Und sie müssen der Heldin ständig beweisen, keiner dieser Bösewichte zu sein.

Der Neunjährige kommt zurück. Seine Argumentation im Interessenkonflikt: „Haste nicht mehr alle, oder was?!“ Der Konter seiner um einen Kopf größeren Schwester: „Ich kann dich auch verprügeln.“ Dieses Angebot scheint er ablehnen zu wollen. Hat die Zwölfjährige also doch etwas aus Hollywood-Filmen gelernt: Frauen sind emanzipiert, wenn sie sich benehmen wie die Machohelden, die Männer nicht mehr sein dürfen.

„Ein Vorschlag zur Güte“, rufe ich. „Wir laden einen Film ’runter, der euch beiden gefallen wird.“ Ich tippe aufs iPad „Zauberer“ und „Oz“, finde einen Videoschnipsel. Die Geschwister blicken aufs Display, dann aufeinander, und der Junge fragt mich mit aufgerissenen Augen, stellvertretend für seine Schwester: „Ey, wie alt bist du?“ Alt, denke ich, sehr alt.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.
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7 Kommentare

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  • P
    petronius

    so weit ok, hr.lohre

     

    nur bitte ich, beim nächsten mal den "tin man" mit "blechmann" zu übersetzen

  • T
    Thomas

    Übrigens trifft das mit der Passivität für die Figur der Leia nicht so richtig zu. Sie schießt um sich, rettet den eingefrorenen Han, infiltriert imperiale Basen, etc... Ich will Star Wars jetzt nicht ernsthaft verteidigen, aber die Kritik sollte dann doch ein bisschen treffender sein.

     

    Das Rollenbild ist in den neueren Filmen viel schlimmer, da hätte man besser ansetzen können.

  • R
    ridicule

    mailmotten oder Humor abhanden? 2.0

     

    Man,man,man-Matthias,

    wo lassen Heros denken?

     

    grad noch die Chauvi-Schnitten, halbverdaut;

    - un wat issen nu wieder ditte?

     

    ""… „Ich kann dich auch verprügeln.“ Dieses Angebot scheint er ablehnen zu wollen. Hat die Zwölfjährige also doch etwas aus Hollywood-Filmen gelernt: Frauen sind emanzipiert, wenn sie sich benehmen wie die Machohelden, die Männer nicht mehr sein dürfen."

     

    Ja, geht's noch?

     

    Lang vor Hollywood verprügelte meine

    Mutter03 die Jungs, die ihrem älteren! Bruder an die Wäsche wollten.

    (Ihre Enkelin weist ähnliche Qualitäten auf:-))nur hat's der Enkel nicht nötig!

     

    Und Hilde, die Wilde, die eine meiner

    staatschen Tanten, sprang dunnemals wutentbrannt

    an hillig Sündach aufs Fensterbrett und brüllte, die Faust schüttelnd:

    " Pat up, du Aas, ik kriech di!" - un de Jung schlich außen um den Hof rum.

    Pubertäre körperliche Überlegenheit der holden Weiblichkeit, halt.

     

    Die andere Lieblingstante geht heute noch mit kurz vor 90 täglich in den Kuhstall.

     

    Einfach mal neu justieren; es lohnt sich!

    - nich daß wir noch sammeln müssen.

    Alt - da sachste wat!

  • AG
    Anton Gorodezky

    Der Zauberer von Oz basiert auf einem Kinderbuch, dass 39 Jahre vor seiner Verfilmung veröffentlicht wurde - nämlich 1900. Da hätte die Recherche ruhig ein bisschen besser sein können.

  • N
    NoPussys

    Zitat: ".....wie die Machohelden, die Männer nicht mehr sein dürfen. "

     

    Bullshit. Pussyzeit ist vorbei.

     

    Diese kinderwagenschiebenden Bionadebubis sind spiessige Pussys. Von gestern.

     

    Gähn.

  • L
    Leoanrd

    Der Artikel bezieht sich glaub ich auf diesen vortrag der schon 1-2 jahre alt ist. wenn nicht sind die paralellen jedenfalls extram

    http://www.ted.com/talks/colin_stokes_how_movies_teach_manhood.html

  • W
    whut

    "Zwar ist die Heldin in der Vampir-Schnulze eine sehr junge Frau."

     

    Das ist übrigens genau genommen falsch. Bella ist eine drei Hauptfiguren und sicherlich die Identifikationsfläche für viele der weiblichen Zuschauer. Die "Heldin" ist sie aber eigentlich nicht, da sie in den überwiegenden Teil der fünf Filme eher die "damsel in distress" also diejenige mit der etwas passiert (anstatt derjenige, der handelt) ist.

     

    Wie schon richtigerweise angemerkt wurde: Sie rettet nicht, sie WIRD gerettet.

     

    Im Endeffekt ist gerade die weibliche Rolle in Twilight weitaus konservativer umrissen als das bei Star Wars der Fall war (nicht nur bzgl. der Rolle der Frau in der Welt sondern insbesondere auch bzgl. der Rolle der Frau innerhalb von Partnerschaften).