Kolumne Lustobjekte: Piratenpartei? Dann lieber Tiere!
Niedlich, naiv, Nazivergleich: Die Piraten werden einfach nicht erwachsen und fundierte Inhalte sind immer noch nicht in Sicht. Da könnte ja mancher Affe besser Politik.
D ie Piraten sind so was von 2011. Wie, glauben Sie nicht? Die Piratenpartei, das ist doch die einäugige Hoffnung, der Johnny Depp, der Freibeuter der Politik! Die Piraten, das sind doch die, die seit 2011 auf der Erfolgswelle segeln, einen Landtag nach dem anderen entern und frischen Wind in die öde Parteienlandschaft bringen, höhö. Ja. Aber.
Die Namenswitze sind mittlerweile alle gemacht und fundierte Inhalte irgendwie immer noch nicht wirklich in Sicht, da kann man schnell mal ungeduldig werden, ich meine, hallo, wir leben im Internet …, äh, im Internetzeitalter, da muss eben alles ein bisschen schneller gehen, da muss man liefern, da hat doch niemand Zeit zu warten, bis die Piraten erwachsen geworden sind und endlich so richtig mitspielen dürfen bei den Großen.
Es muss also was Neues, Frisches her, eine Partei, die im Kern so ist wie die Piraten. Nur besser. Analysieren wir also zunächst ihre wichtigsten Eigenschaften:
1. Die Piraten sind gerade deshalb erfolgreich, weil sie kein ausgereiftes Programm haben.
2. Die Piraten sind glaubwürdig.
3. Die Piraten verkörpern das Lebensgefühl einer jungen, internetaffinen und freiheitsliebenden Generation.
4. Die Piraten sind verhuscht, etwas naiv – und niedlich.
ist Redakteurin bei taz.de und twittert jetzt unter //twitter.com/#%21/mareiwilltanzen:@mareiwilltanzen.
Na, klingelt’s? All das könnte auch: eine Katzenpartei. Wobei, ach, Cat-Content ist ja noch älter als die Piratenpartei. Lieber eine Rehpartei. Oder eine Ponypartei. Oder, meinetwegen, eine Eulenpartei, eben irgendwas mit Tieren. Die interessieren sich auch nicht für Afghanistan oder eine Auffanggesellschaft, vertreten aber klare Positionen zu den wichtigsten Fragen des Lebens. (Hunger? Ja. Durst? Auch. Schlafen? Später.)
Tiere sind so transparent, die vögeln sogar in der Öffentlichkeit. Und sie können Internet viel besser als die Piraten – oder haben Sie schon mal ein millionenfach geklicktes Video gesehen, in dem einer von denen mit einem Stofftier spielt? Eben. Außerdem erreichen Tiere auch die Zielgruppe, die nicht so richtig weiß, was das mit diesem Internet eigentlich soll. Und Rehe machen einem schöne Augen, nicht nur leere Versprechungen.
Oh ja, die Welt wäre eine bessere, würde sie von Tieren regiert. Wasser statt Club Mate, frische Luft statt Elektrosmog, Sex statt Post-Gender. Seien wir doch mal ehrlich: Ob auf der Bühne ein Pirat sitzt, der die ganze Zeit mit seinem Smartphone rumspielt, oder ein Affe, der Grimassen schneidet, macht keinen großen Unterschied. Ein Affe wäre nur lustiger. Und er kann nicht reden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus