Kolumne Lost in Trans*lation: Feiern im Women-Only-Club
Im „Maxat“ in Berlin-Wedding feiern und arbeiten nur Frauen. Die Handtasche muss hier also nicht zur Abwehr nerviger Männer herhalten.
N eulich bin ich mit meiner Istanbuler Freundin Seda in einen Club in Berlin-Wedding gegangen. Der Name des Clubs, „Maxat“, spielt auf das türkische Wort „maksat“ an, was so viel wie „Zweck“ bedeutet. Dort, hörten wir, sollen nur Frauen feiern und arbeiten. Also nichts wie hin. Auf unseren 25 Minuten Fußweg werden wir leider wie immer von Typen gecatcallt. Und dann kommen wir am Club an – und was sehen wir? Oh my God! Ein Haufen manspreadender und Shisha paffender Männer hockt am Eingang. Wir checken noch mal, ob die Adresse stimmt, da sagt ein höflicher Herr: „Sie sind hier richtig, direkt die Tür gegenüber.“
Wir gehen rein und werden von einer riesigen Diskokugel begrüßt. Auf der Tanzfläche feiert eine türkeistämmige Frau mit Freundinnen ihren 20. Geburtstag. Alle drehen sich plötzlich um und schauen uns an. Mit einem eigenartigen Lächeln auf unseren Gesichtern sacken Seda und ich direkt an den ersten Tisch. Dann kommt eine Frau und fragt, was wir trinken. Sie lächelt. Wir entspannen uns langsam.
In der Mitte der Raums steht ein Laptop. Alle können dort die Musik, die sie hören wollen, auf YouTube abspielen, ganz ohne DJ. Etwas verunsichert wippen wir im Takt zu Liedern, die ich noch nie gehört habe. Auch wenn die Musik nicht gut ist, genauer gesagt ziemlich schlecht, um ehrlich zu sein richtig ultraschlecht, tut uns doch die positive Energie der Frauen echt gut. Auf den Tischen liegt zudem eine pinkfarbene Karte, auf der in großen Buchstaben steht: „Da habt ihr’s: In diesen Laden kommt nicht mal eine männliche Mücke rein.“ Wow, sehr feministisch.
Die Frauen, die ich mehrheitlich als konservativ einschätze, sind aufgebrezelt. In Berlin sieht man ja selten eine Frau, die sich stilvoll kleidet. Nach und nach steigt mit der Zahl der Frauen auch der Rhythmus der Musik. Wahrscheinlich kommen die Neuen direkt aus der Schule oder von der Arbeit, amüsieren sich ein wenig und gehen dann nach Hause.
Genug von Belästigungen und Drogen
Diese Clubkultur nur für Frauen gab es früher unter dem Namen „Frauen-Matinee“ in Istanbul und Izmir. So in den 80ern. Die Frauen brachten selbstgemachte Börek und gefüllte Weinblätter mit und tranken den ganzen Abend nur Brause.
Okay, im Maxat gibt es auch Alkohol, aber warum in Berlin 2018 der Bedarf für so einen Laden da ist, habe ich erst nicht recht verstanden. In Gesprächen, die ich mit einigen türkeistämmigen Frauen führe, erfahre ich, dass sie die Belästigungen durch Typen und den Drogenverkauf in Clubs satthaben. Deshalb feiern sie im Maxat. Ich habe auch oft Lust, catcallenden Männern meine Handtasche über den Kopf zu ziehen. Dann wiederum tut es mir leid um meine wunderschöne Markentasche, ayol.
Mir gefällt es im Maxat. Wenn Sie einen guten Abend unter tollen Leuten verbringen wollen, schauen Sie unbedingt vorbei. Der Club steht Frauen aller Nationen offen. „Maksat“, der Zwecks ist schließlich, dass wir uns alle schön amüsieren, Schatzis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles