Kolumne Liebeserklärung: Haten für Fortgeschrittene
Das Internet wimmelt nur so von Idioten und ihrem Hass. Doch Dunja Hayali und Shahak Shapira können auch haten. Und zwar richtig gut.
D as Internet ist ein Ort, an dem gerne unter die Gürtellinie gezielt wird. Das ist ja nichts Neues. Frustrierte Idioten, die den mit Nonsens angefüllten Raum zwischen ihren Ohren entleeren müssen, was meistens auf Kosten anderer geht. Da kommt es zu homophoben, rassistischen, juden- und frauenfeindlichen Äußerungen deluxe. Idioten gibt es halt leider, da kann man nichts machen.
Aber ertragen werden muss es nicht. Auch wenn die Anonymität des Netzes eine Spielwiese für niveaulose Hater bietet, können Wege und Mittel gefunden werden, um sich zu wehren. Wie ZDF-Moderation Dunja Hayali. Die wurde kürzlich auf Facebook von einem Nutzer mit Worten beschimpft, die man nur ungern wiederholen möchte.
Nach ihrer letzten „anti türkei schow“, so der Wortlaut der Hate-Nachricht, solle sie sich auf was gefasst machen, denn, so der Verfasser, „wir können auch ziemlich gefaehrlich sein Wenn wir wollen..!!“ Und Hayali, schon Erfahrung im Metier Online-Beschimpfungen, adaptiert den Schreibstil der lästigen Nachricht und… hatet einfach zurück. Zum Glück.
Hass vor der Twitter-Zentrale
Eine andere Möglichkeit wäre natürlich auch, die Hate-Beiträge zu melden. So machte es Satiriker Shahak Shapira, der in den letzten sechs Monaten 300 Hate-Posts – übelster Art – bei Twitter meldete. Das Unternehmen schien sich jedoch nicht wirklich für sein Anliegen zu interessieren, denn er bekam gerade mal neun Antworten. Über Löschungen wurde er nicht in Kenntnis gesetzt.
Resignation? Keineswegs. Shapira fuhr am Wochenende nach Hamburg zur Twitter-Zentrale und sprühte die 30 härtesten Tweets auf die Pflastersteine vor dem Gebäude. „Wenn Twitter mich zwingt, diese Dinge zu sehen, dann müssen sie es auch zu sehen bekommen“, sagt Shapira im zu der Aktion gehörigen Video.
Liebe Dunja Hayali, lieber Shahak Shapira. Gut habt ihr das gemacht. Einfach zurück haten. Dem Shitstorm eines entgegen setzen. Haten ist was für Uncoole. Aber ihr beide habt Haten ein bisschen cooler gemacht. Danke dafür.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links