Kolumne Kriegsreporterin: Brillensex im Schlaf dank Eva Herman
Eva Hermann hat ein neues Buch. Für den Verlag liest sie im Internet Nachrichten. Krudes Zeug über Terroristen und Taliban, Islamismus und Bedrohung generell.
Hallo, taz-Medienredaktion, na, da staunste, was!?! Ich hab nämlich schon die Spiegel-Abo-Deutschland-Fahne. Fürs Auto. Die bekommt man, wenn man ein Mini-Abo bestellt. Plus eine Uhr. Dabei wäre ein Kalender viel sinnvoller. Die Checker vom Spiegel winken nämlich jetzt mit dem Fähnchen, die Abo-Prämien werden aber erst 14 Tage nach Abo-Beginn bzw. Geldeinzug ausgesandt. Ja und ob Deutschland dann noch im Rennen ist … Na, auf jeden Fall hab ich jetzt ne tolle Fahne für meinen Helm. Fürs erste Spiel wird es ja wohl reichen, da ist die Löwi-Truppe ja auf jeden Fall dabei. Aber da sieht man mal wieder, wie privilegiert man als Spiegel-Leser ist. So eine Fahne hat ja wirklich nicht jeder …
Ich bleib noch mal beim Schlachtfeld Spiegel und gehe eine Abteilung runter, zu den Kolleginnen von der Online-Depesche. Die sitzen nicht nur in einem Haus siebter Klasse, die haben auch ab und zu Meldungen, die ohne Gegner sind. Am Montag warfen sie mal wieder eine Nebelkerze aus, die es schaffte, einem komplett die Orientierung zu rauben. Unter dem Titel: "Schlafstörung: Sexsomnie überraschend weit verbreitet" hieß es: "Sie haben Sex im Schlaf, und morgens können sie sich oft an nichts erinnern: Sexsomnie-Patienten reden meist mit niemandem über ihr Leiden, auch nicht mit ihrem Arzt."
Das ist echt ne harte Sache. Menschen, die sich an nichts erinnern und dann nicht drüber reden. Das ist fast so schlimm, wie es sein kann, Sex zu haben und sich dran zu erinnern. Am meisten aber verwundert mich, dass die wunderbare Möglichkeit, im Schlaf Sex zu haben - immerhin ohne den ganzen Höflichkeitsquatsch wie warme Worte und Geflirte -, als "Störung" gehandelt wird. Von so was kann man doch nur träumen! Apropos Arzt: Theo Wessel, Geschäftsführer der Suchtkrankenhilfe, fordert, die "Mediensucht" sollte als Verhaltenssucht anerkannt werden. Zunächst dachte ich, der Doktor der Psychologie meint das ewige Sich-in-die-Medien-Drängen von Menschen, vorwiegend Männern, die in Fachdiensten wie Peter Turi unglaublich belangloses Zeug absondern. Oder Leuten wie Miriam Meckel, die sogar ihr angebliches Burn-out medial ausschlachten muss, um sich ihrer Existenz zu vergewissern. Dann aber kam ich drauf, dass der gute Doktor die meint, die mindestens 20 Stunden in der Woche spielen, chatten oder auf Facebook ihr unglaublich belangloses Zeug absondern.
Ihrer Existenz vergewissert uns jetzt auch wieder Eva Herman, die für den Verlag, der ihr Buch herausgibt, im Internet so etwas wie Nachrichten liest. Krudes Zeug, in dem es vorwiegend um Terroristen und Taliban geht, Islamismus und Bedrohungen generell. Frau Herman spricht Sätze von einer solchen Schwurbelgewalt, dass man förmlich sehen kann, wie sie sich beim Lesen fragt, ob das wohl noch Sinn macht, was sie da vorträgt. Diese Frage ist letztendlich aber ganz überflüssig, denn Frau Hermann liest Nachrichten, "die Ihnen die Augen öffnen". Das sind nicht etwa Brillen-News aus dem Hause Fielmann. Das sind Nachrichten, die man versteht, wenn man für das Happening eine Aurabrille aufsetzt.
Dann umhüllt Adams gefallenes Fräulein ein samtig rosa Schein. Ihre Augen werden zu Erdbeeren, in denen Diamanten funkeln, ihre Brüste beginnen zu leuchten wie Lichtgestalten von Ingo Maurer, und aus ihrem blonden Kopfe wachsen zwei Hörner. Leider habe ich vergessen, die Brille wieder abzunehmen, und bin so zur Ausgabe der Spiegel-Abo-Auto-Fähnchen bei den Kollegen aus dem Online-Keller gegangen. Ich glaube, ich bin jetzt schwanger. Noch ganz verschlafen zurück nach Berlin!
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