Kolumne Kriegsreporterin: Halber Chefredakteur und die Periode
Die einen haben es nicht ganz geschafft, andere bekommen Kameraverbot und wieder andere werden nicht bezahlt. Wie kommt denn das bitteschön?
H allo, taz-Medienredaktion! Seit wann, so frage ich dich, denn bei mir finde ich die Antwort nicht, wird bei Elmar Theveßen, dem ZDF-Experten für Terror, Terrorismus, Terroristen und organisierte Kriminalität, bestens organisierte Kriminalität, von hoher Stelle organisierte Kriminalität und Kriminalität ganz ohne Orga, eigentlich „stellvertr. Chefredakteur“ eingeblendet?
Ich glaube nämlich, das ist neu. Und wen interessiert das? Außer Elmar Theveßen? Dem Publikum ist es doch schnupp-egal, ob einer nun stellvertretender Chefredakteur oder stallfähiger Schafraseur ist. Die, nennen wir es mal nicht Eitelkeit, sondern „Information“ irritiert doch mehr, als dass sie schlau macht.
Denn der gemeine Zuschauer kann wohl kaum zuordnen, wann und wo es einen Chefredakteur beim ZDF braucht. Bei den Nachrichten? Bei den Mainzelmännchen? Und wenn man sich „Nachrichten“ zusammengereimt hat, stellt sich die Frage: Warum zeigt man statt des stellvertretenden Chefredakteurs nicht jemanden, der was zum Thema sagen kann? Und vor allem, warum ist der nur „stellvertretend“?
Möchte man beim Feierabendbier darauf gestoßen werden, dass es einer nicht ganz geschafft hat? Dass er quasi nur ein halber Chefredakteur ist und es irgendwo noch einen ganzen gibt, der aber scheinbar etwas anderes zu tun hat? Nein, ich weiß nicht, ob das ZDF sich damit einen Gefallen tut, den Herrn Theveßen mit dieser Titulierung auf den Schirm zu schicken.
berichtet jeden Mittwoch von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.
Personalfragen beschäftigen mich auch bei der ARD. Das Vielfrag-Institut Emnid hat den beliebtesten Tagesschausprecher ermittelt. Wobei es sich um den vor 21 Jahren verstorbenen Karl-Heinz Köpcke handelt. Was ich als überraschend empfinde und nun neugierig bin, ob die Umfrage aus den 90ern ist, jetzt aber erst veröffentlicht wird. Oder ob es sich um eine Umfrage aus dem Jenseits handelt? Oder um eine unter Deutschlands ältesten Mitbürgern?
Bei dieser nun nachgewiesenen Vorliebe für altbekannte Gesichter bekommt die Aufregung des Journalistinnenbundes noch einmal mehr Gewicht. Dessen Mitglieder nämlich haben sich bei der WDR-Intendantin Monika Piel beschwert. Stichwort: Diskriminierung von Frauen, die nur noch unregelmäßig ihre Periode bekommen oder gar nicht mehr.
So haben die Journalistinnenbündlerinnen das natürlich nicht formuliert, aber ihnen und der CDU-Abgeordneten mit dem schönen Namen Andrea Verpoorten war aufgefallen, dass der WDR in jüngster Zeit verstärkt Moderatorinnen vom Schirm genommen hat, die Ende 40, Anfang 50 sind. Vom „Kameraverbot“ ist die Rede, das die Intendantin, bald 61 Jahre alt, allerdings weit von sich und dem WDR weist.
Viel unverklemmter stellt sich der hannoversche Madsack-Verlag der hauseigenen Schweinerei im Umgang mit seinen MitarbeiterInnen. Um mehr Umsatz zu machen, sollen Leser die Inhalte im Netz nun bezahlen. Die freien Mitarbeiter, u. a. Urheber der Inhalte, möchte man an den Erlösen nicht beteiligen. Damit sich niemand Hoffnungen macht, schickte man folgende Mail aus: „Freie Mitarbeiter, die darauf bestehen, werden leider keine Aufträge für relevante Geschichten mehr bekommen können, von einigen werden wir uns unter Umständen trennen müssen.“
Da schlägt mein kleines solidarisches Freien-Herz ganz unrhythmisch in alle Richtungen aus und ich möchte die Madsack-Leute fragen: „Mit welchem Recht, ihr Arschkrampen, höhlt ihr das Urheberrecht aus und setzt diejenigen, die auf dieses verbürgte Recht bestehen, unter Druck?!“ Voller Fragen zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind