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Kolumne HabseligkeitenOriginal und Fälschung

Kolumne
von Natalie Tenberg

Eine wunderschöne Verner-Panton-Muschelleuchte, ein obskurer britischer Online-Shop und ich - das konnte nur schiefgehen.

M ich plagte ein schlechtes Gewissen. Ein obskures Geschäft aus London schuldete mir 304 Euro, aber an wen sollte ich mich wenden? An einen Anwalt vor Ort? Oder an die deutsche Botschaft in Großbritannien? Und was sollte ich sagen? "Entschuldigung, ich wollte gerne eine Fälschung kaufen und nun habe ich den Schaden"? Trotz meines schlechten Gewissens fühlte ich mich ein klein wenig geprellt.

Bisher hatte ich mir aus Fälschungen nie viel gemacht. Was sollte denn gut daran sein, mit einem Polohemd aus dem Asienurlaub zurückzukehren, das zum Kik-Preis vorgibt, von Ralph Lauren zu sein? Ich widerstand mühelos der Versuchung, am Strand in Italien eine "fast echte" Gucci-Sonnenbrille zu kaufen. Dann aber entdeckte ich in einem Laden für Designklassiker eine wunderschöne, volle Muschelleuchte von Verner Panton.

Ich wünschte sie mir, ich brauchte sie, ich hatte nicht das Geld. Also begab ich mich ins Internet und tippte abwechselnd "Muschelleuchte", "Designklassiker" und weil es gerade so praktisch war auch "Bauhaus" ins Google-Feld. Siehe da, es erschienen lauter Webseiten, die Designermöbel, auf die es in Deutschland ein Copyright gibt, aus Italien oder England liefern. Eine hatte sogar die Muschelleuchte im Angebot, woraufhin ich sie sofort bestellte, zügig bezahlte und jeden Gedanken darüber beiseite schob, ob das nun eine legale Transaktion war.

Bild: taz

NATALIE TENBERG ist Redakteurin bei tazzwei.

In den ersten Wochen wartete ich geduldig. Die Internetbude musste ja erst vom Lieferanten beliefert werden. Aber spätestens zu Weihnachten würde die Lampe aus Perlmuttplättchen ihr sanftes Licht auf den Esstisch werfen. Im Sommer würde sie im Winde rauschen wie die Wellen des Meeres.

Während ich wartete und googelte und wartete und meinen Lieferstatus überprüfte (Payment received), stellte ich fest, dass es gar nicht nur die eine Muschelleuchte gab. Sondern ganz viele. Die ich sogar für 50 Euro ganz legal in Kreuzberg hätte kaufen können. Ganze Räucherstäbchengeschäfte hingen dort voll mit den Dingern. Weihnachten kam und ging, ich schrieb eine kurze höfliche E-Mail mit der Frage, wo denn die Leuchte bliebe. Sie erführen, so der nette Herr aus dem Internet, zurzeit Probleme mit dem Lieferanten. Bald aber wären diese aus dem Weg geräumt, bis dahin sollte ich mich bitte gedulden. Weitere Wochen vergingen, ich schrieb noch eine E-Mail, in der ich, inzwischen genervt, vom Verkauf zurücktrat. Man würde mir, so das Versprechen, sofort das Geld überweisen. Ich wartete, auf die Lampe, auf das Geld, aber weder das eine noch das andere fand seinen Weg über den Ärmelkanal zu mir nach Berlin.

Dann plötzlich, Wochen später, als ich wirklich schon mit der Leuchte abgeschlossen hatte, klingelte das Telefon. Es habe, so eine Dame, ein fürchterliches Missgeschick gegeben. Mir würde sofort der ausstehende Betrag überwiesen.

Ob ich ohne die gefälschte Lampe leben kann? Wahrscheinlich sogar besser. Stattdessen werde ich gleich heute in diesen Räucherstäbchenladen gehen und mir eine noch nicht einmal gefakete Lampe genauer ansehen. Vielleicht wirds ja was.

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