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Kolumne HabseligkeitenHaben und halten

Kolumne
von Natalie Tenberg

Wer etwas über Männer erfahren will, muss Judith fragen: Sie ist Expertin für Haarausfall und Bauchansatz. Und eine neue Spezies: Den Trophy Man.

U nsere Freundin Judith kennt sich mit Männern aus. Mit denen aus dem Internet (siehe "Im Netz der Liebe", taz 12. 2. 2009) und denen, die sie einfach so trifft. Sie weiß sogar so gut Bescheid, dass sie ein Buch über diese Menschen geschrieben hat, das sie "Breitbeiner" genannt hat. Wenn ich etwas über Stiefel, Jacken und Gürtel wissen möchte, schaue ich mir die Videos von dieser blonden Frau auf guardian.co.uk an, die immer so beschwingt redet, und wenn ich wissen will, welche Moden sich bei den Männern ergeben, frage ich Judith.

Was also, wollen Cigdem und ich wissen, als wir mit ihr beim Vietnamesen zu Mittag essen, gibt es Neues bei den Männern? Judith nimmt einen Schluck Zitronengrastee, rückt ihre Brille zurecht und erklärt: "Neuerdings gibt es einen Trend zum Trophy Man." Cigdem und ich wissen nicht, was das ist, wären aber interessiert. "Die Trophy-Männer stehen der Frau nicht bei ihrer Karriere im Weg." Wir sind sofort sehr neidisch und möchten so einen Trophy-Mann sehen.

Judith schaut sich um und zeigt auf ein Pärchen, das zur Tür hereinkommt. Er trägt einen grünen Pullover, sieht klassisch gut aus und wird von seiner Freundin im Felljäckchen ins Lokal geführt. Er steht herum, sie verhandelt mit dem Kellner über die Plätze. Er schaut lange in die Karte, sie weiß sofort, was sie will. Beide bestellen das Tagesgericht, ein mildes Curry, und vergleichen die Bilder von Kindern - wahrscheinlich den eigenen - auf ihren Smartphones. Besonders spannend wirkt der Trophy-Mann leider nicht. Was macht man mit so einem? Immer nur zu Hause bleiben und sich an ihm erfreuen?

Nein, sagt Judith. Hätte man einen Mackermann, dann müsse man das Heim hüten. Der Trophy-Mann aber unterstützt seine Frau, die selbstverständlich keine Gefahr für ihn darstellt. "Wenn sie abends mit ihren Freundinnen um die Häuser ziehen will und er nicht in der Lage ist, auf die Kinder aufzupassen, dann kann sie auch eine Nanny zahlen."

Das Trophy-Pärchen löffelt im Curry, und zu unserer Überraschung reden sie recht freundlich und angeregt miteinander. Wir essen zum Nachtisch Obst und bestellen Tee. Wo liegen, möchten wir endlich wissen, die Nachteile des Trophy-Mannes. Gibt es überhaupt welche? Das klingt alles so goldig! Judith sieht den Trophy-Mann kritisch. "Eigentlich ist er ein Vollweichei. Man hat zwar als Frau den Vorteil, dass man komplett an ihm vorbeiziehen kann, der Nachteil ist allerdings, dass solche Typen auch dementsprechend fad sind, ideenlos." Der arme Mann im grünen Pullover isst nun den Rest des Gerichts seiner Freundin auf.

Bild: taz
NATALIE TENBERG

ist Redakteurin im taz-Ressort "Gesellschaft, Kultur & Medien".

"Irgendwann", unkt Judith, "fängt diese Bestimmer-Frau dahinten etwas mit dem jüngeren Kollegen an, der noch nicht jeden Abend über Haarausfall und Bauchansatz jammert." Auf einmal erscheint uns der Trophy-Mann gar nicht mehr als Gewinn. Wir mögen unsere Kollegen gern, aber das? Nein!

"Im Türkischen", klärt Cigdem uns auf, "kann Freundin auch Besitzerin heißen." Wir sind begeistert. Die Türken, findet Judith, sind eine nähere Betrachtung wert.

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4 Kommentare

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  • R
    Riin

    Meine persönliche Erkenntnis des Tages: Mario Barth ist auch in weiblich nicht lustiger *augenroll*

  • T
    tazitus

    Wenn mal eine Schublade klemmt, reiben Sie die Kanten mit etwas Kernseife ab. Dann rutscht es wieder besser. (Aber bitte nicht anfeuchten). Oder legen Sie ihre Habseligkeiten einfach in eine andere Lade.

     

    Gruß von tazitus

    (praktizierender Soziologiker)

     

    @bernstein:

    "..Wo die biologische Uhr immer vernehmbarer tickt..", ist Schwerhörigkeit eine Geschenk.

  • P
    Peter

    Aus zuverlässiger geheimer Quelle wurde mir zugetragen, dass bei der TAZ fast ausschliesslich Trophy-Men arbeiten. Manche nennen diesen Typus schlicht "Pudel". Er kläfft schrill und eindringlich, um sein Frauchen zu schützen. Manchmal beisst er auch in eine Wade. Von hinten.

  • B
    bernstein

    Och, sind das nicht diese Männer, die sich auch immer so tapfer und demonstrativ solidarisch für den Feminismus in die Bresche werfen? Früher nannte man die mal "Softies" oder Hausmänner, und schon damals mussten sie Hohn und Spott nicht nur ihrer üblen Mackerkollegen ("ich bin der Maddin, ne"), sondern eben auch der emanzipierten Frauen ertragen. So hatten diese sich das dann nämlich doch nicht vorgestellt, auch wenn sie damals erst die Presseorgane (taz, Brigitte) mit entspr. Forderungen vollschrieben: dass Männer doch so zu sein hätten, und dass das modern sei, und die anderen von gestern seien. So mancher Softie, der derart verraten wurde, wird später wohl geflucht haben, dass er mal was auf dieses Zeitgeistgeschwätz gegeben hatte. Heute ziehen sich die Softies also schicker an - ist ja auch schon mal was.

     

    Über die weiblichen Äquivalente zu Bauchansatz und Haarausfall schweigen wir reaktionären Gentlemen natürlich vornehm, nur so so viel: Wo die biologische Uhr immer vernehmbarer tickt und die Häuslichkeit einzieht, nehmen wir gerne Reißaus, und die entspr. Damen müssen eben mit dem, nun ja, trophy-man zufrieden sein, den sie dann noch abbekommen. So ist das Leben, aber man kann ja auch Single bleiben und der Welt nicht als späte Bugaboo-Supermutti auf die Nerven gehen. Nix für ungut! Es ist doch nur die Natur.