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Kolumne GerüchteUmgetopfte Zimmerpalme

Wenn die Kinder ausziehen: Wo finde ich jetzt ein Lebewesen, das ich betüddeln kann?

E in Wellensittich wäre eine Möglichkeit. Ein Wesen, das sich freut, wenn man ihm frisches Grünzeug vorlegt, ihm Honigkekse backt und zusieht, wie es in seinem Badehaus planscht. Wellensittich riecht nicht, kackt nicht in die Gegend, man muss ihn nicht ausführen. Im Forum von "welli.net" habe ich mich informiert: Man muss die Vögel paarweise halten, in einer möglichst großen Voliere. Das erzeugt allerdings ein Platzproblem.

Eine Katze wäre raumsparender. Eine Katze lässt sich streicheln, ist trotzdem selbstständig. Freundin Suse hat mich auf die Nebenwirkungen aufmerksam gemacht, sie hat ihre Erfahrungen mit Mikesch. Eine Katze sollte nach draußen, Freigang haben. Was aber, wenn der Katze was passiert, wenn sie unter einem Laster endet, nicht mehr zurückkommt?

Das stresst. Katze riecht auch, genauer gesagt das Katzenklo, da hilft auch die moderne Einstreu nicht. Und es gibt Katzen, sagte Suse, die kuscheln überhaupt nicht. Die kommen nur ab und an zum Fressen vorbei und dann legen sie dir vielleicht noch einen toten Jungvogel vor die Füße. Eine Katze hat viele Nachteile.

Bild: taz
BARBARA DRIBBUSCH

ist Inlandsredakteurin der taz.

Vielleicht doch ein Hund. Ein Hund freut sich irre, wenn man nach Hause kommt, lässt sich gerne streicheln und zieht nicht nachts herum. Die Nachbarn Lodenbaum haben sich kürzlich einen Retriever angeschafft und ihn "Wolfgang" genannt, was ich einen bemerkenswerten Namen finde für einen Hund. Mit Wolfgang ist Margarete Lodenbaum beschäftigt, mindestens einmal am Tag muss sie ihn eine Stunde ausführen.

Das schlechte Gewissen läuft immer mit, hat mir Margarete gestanden. Denn Wolfi kackt natürlich nicht ordentlich hin am Wegesrand, wo man den Haufen mit einer Plastiktüte leicht aufnehmen könnte. Wolfi tobt über den Rasen und verschwindet im Gebüsch, da, wo auch Kinder verstecken spielen. Ein Hund ist eine treue Kackmaschine.

Fische wären am einfachsten. Fische sind sauber, leben praktischerweise gleich im Wasser. Fische kacken nicht, riechen nicht, kommen nicht unter einen Laster und müssen auch nicht ausgeführt werden. Sie sind schön bunt und ruhig.

Allerdings: Fische - sind die nicht kalt? Was fühlen sie ? Mögen sie mich? Das erfährt man von ihnen nicht.

Dabei geht es mir um das Emotionale, um die Verbindung zu einem anderen Lebewesen, das ich versorgen kann. Ein Lebewesen, das abends da ist, wenn ich heimkomme in das leere Haus. Christoph ist oft auf Geschäftsreise, mein Sohn David bei seinen Kumpels. Meine erwachsene Tochter Charlotte ist kürzlich ausgezogen. Und das ist der Punkt.

"Halte die Leere einfach mal aus", sagt Freundin Britt, "ein Haustier als Ersatz ist eine Schnapsidee." Britt behauptet, ich werde neuerdings ein bisschen wunderlich. Was vielleicht auch ganz normal sei. Schließlich beginne mit dem Auszug der Kinder ein neuer Lebensabschnitt. Sei bestimmt nicht einfach.

Papperlapapp. Meiner Zimmerpalme habe ich übrigens jetzt einen Namen gegeben: Yolante. Sie lässt seit Kurzem die Blätter so komisch hängen. Pflanzen reagieren auf Zuwendung, das kann man messen an elektromagnetischen Wellen, habe ich gelesen.

Vielleicht sollte ich Yolante mal umtopfen und düngen. Und anfangen, mit ihr zu reden.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

4 Kommentare

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  • S
    Schattenfels

    @ blabla:

     

    Dann sind wir uns ja einig :)

  • B
    blabla

    Beknackte Kommentare. Machen aber klar, dass ihr Minusmänner vom Umsorgen nicht viel versteht. Oder besser gesagt: Gar nix.

  • C
    Christoph

    Wenn man jemanden betüddeln möchte, reicht es aus, in der U1 hin - und her zu fahren (in Berlin, andere Städte haben ähnliche Reize).

  • S
    Schattenfels

    Diese Kolumne wäre sogar der Brigitte peinlich. Wer aber schon immer wissen wollte, warum so wenig Frauen in "Führungspositionen" sind und wen eigentlich die problematische Beziehung der Tatort-Komissarin zu ihrer pubertierenden Tochter interessiert, lese Frau Dribbusch.