piwik no script img

Kolumne Generation CamperEdelsteine und Begierde

Ida-Oberstein, das klingt verstaubt. Dabei lässt sich vor Ort noch so manches Juwel finden, auch wenn keine Edelsteine mehr gefördert werden.

Ein lila leuchtender Amethyst Foto: Imago/Blickwinkel

Mögen viele Menschen bei Idar-Oberstein an Rosenquarzkettchen, Kaffeefahrten & Rentnerglück denken – ich denke an märchenhafte Klunker, an Marilyn Monroe und a girl’s best friend. Was, zugegeben, weit hergeholt ist. Weil die Zeiten Idar-Obersteins als Weltmetropole der Edelsteinindustrie längst vorbei sind. Einst versorgten Tausende hochqualifizierter Edelsteinschleifer die Welt mit Hochkarätern, mit perfekten Saphiren, Opalen, Smaragden, Diamanten, diesem ganzen Luxus und dem Glamour, von dem man so leicht weiche Knie kriegen kann.

Heute haben hier die Händler der Edelsteine in den verschwiegenen Etagen der Börse das Sagen. Aus der Erde fördert man schon lange nichts mehr. Und als Produktionsstandort teilt diese Region das Schicksal anderer Industrieregionen in Deutschland: es ist vorbei.

Natürlich macht der alte Glanz noch einiges her. Edelsteinmessen, eine Fachhochschule, junge Talente und zahlreiche Juweliere locken Besucher an. Die beiden Museen für Edelsteine und Mineralien sind Weltklasse. Es gibt Schaubergwerke. Der Tourismus kann auf großartige historische Relikte zurückgreifen. Etwa die historische Weiherschleife außerhalb der Stadt, in die ich nach erschöpfendem Sightseeing einbiege. Sie liegt an einem Steinbruch und wird sogar bewirtschaftet. Eine Art Freilichtmuseum?

Aber hier wird, so scheint mir, sogar gearbeitet. In echt. Wird geklopft, werden Steine geschnitten. Die Wirtin serviert mir Hühnerbrühe und bestätigt meinen Eindruck: Ich bin unter leidenschaftlichen Buddlern gelandet. Zahlreiche Menschen kämen vor allem wegen der kristallgefüllten Drusen zum Steinbruch. Bei Idar-Oberstein gibt es immer noch Fundstellen. Und wie eh und je lockt der Geist der Edelsteine. Back to the roots.

In der Werkstatt greift die Wirtin in einen Sack und holt eine Handvoll Amethyste heraus, die sie mir schenkt. Ein kleiner glitzernder Schatz. Kurz zittern mir die Knie, ein Herzschlag setzt aus. „Damit Sie wiederkommen“, lächelt sie. Das werde ich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!