Kolumne Geht's noch?: Rassismus ist kein Imageproblem
Gekürzt, verstellt und respektlos: Was man von einem Interview zwischen der „Bild“ und Bundesaußenminister Heiko Maas alles lernen kann.
W enn Zitate, die keine sind, als solche gekennzeichnet werden und Rassismus als Imageproblem dargestellt wird, dann läuft etwas schief in Politik und Medien. Im Interview mit der Bild-Zeitung sprach Außenminister Heiko Maas von der Özil-Debatte, Integration und Rassismus. In alter Bild-Manier stark angeworben, bleibt die Berichterstattung eher mau – genau wie die Aussagen des SPD-Politikers.
Während der Außenminister im Interview sagt: „Es schadet dem Bild Deutschlands, wenn der Eindruck entsteht, dass Rassismus bei uns wieder salonfähig wird“, ist auf der Startseite der Bild zu lesen: „Özil-Debatte schadet unserem Ansehen“. Munter gekürzt und verstellt gibt die Bild einen Satz als Zitat an, der so nie gesagt wurde.
Als sei ein Möchtegern-Zitat nicht genug, entdeckte BILDblog gleich noch ein weiteres. Im Interview sagte der Minister: „Ich glaube auch nicht, dass der Fall eines in England lebenden und arbeitenden Multimillionärs Auskunft gibt über die Integrationsfähigkeit in Deutschland.“ Auf der Startseite der Bild klang das allerdings etwas anders: „Dieser Multimillionär hat nichts mit Integration zu tun.“ Immerhin: In dem Fall reagierte die Bild und glich das Zitat den Worten von Maas an. Generell verwunderlich ist, dass das Interview der Zeitung nicht mehr wert war als zwei einsame Absätze auf ihrer Webseite.
„Die Rassismusdebatte schadet Deutschlands Ansehen in der Welt fast so sehr wie Außenminister Heiko Maas“, reagierte Moritz Hürtgen, Redakteur bei Titanic, per Twitter auf die Aussagen des SPD-Politikers. Das Titelbild von Hürtgens Twitter-Profil ziert ein Tweet von Bild-Chef Julian Reichelt: „Und wieder versucht Titanic-Mitarbeiter Hürtgen, mit Fake News Spaltung herbeizuführen.“ „Fake News“ – große Worte für den Chef einer Zeitung, die sich Zitate zusammenbastelt, wie es ihr gerade passt und Aussagen entstellt. Wie war das noch gleich mit dem Glashaus und den Steinen?
Zurück zu Maas: Auch hier hagelt es Kritik, zum Beispiel von Altkanzler Gerhard Schröder. Zurecht. Denn Rassismus als Imageproblem darzustellen ist respektlos. In erster Linie schadet Rassismus den Menschen – und das sollte auch einem Außenminister wichtiger sein als das öffentliche Ansehen. Özils Aussagen zu untergraben und seine Person auf Einkommen und aktuellen Wohnort zu reduzieren ist nicht nur ungeschickt – es spielt auch jenen in die Hände, die Menschen aufgrund ihrer Heimat, ihres Einkommens oder ihrer Religion diskriminieren und somit für das von Maas genannte Imageproblem sorgen. Erst nachzudenken und dann zu reden, das möchte man dem vermeintlichen Sozialdemokraten mit auf den Weg geben.
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