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Kolumne Geht’s noch?Wer den Fußball nicht liebt

Jürn Kruse
Kolumne
von Jürn Kruse

Holstein Kiel dürfte bei einem Aufstieg in die Bundesliga nicht im eigenen Stadion spielen. Es sei zu klein, entschied die DFL.

Wenn man die Entscheidung weiterdenkt, kann man den ganzen Auf- und Abstiegskram auch eigentlich ganz bleiben lassen Foto: Tom

N ein, an den Sicherheitsbedenken könne es laut Holstein Kiel nicht gelegen haben. Feuerwehr, Polizei und die Stadt hätten der Deutschen Fußball-Liga (DFL) versichert, dass es keine Bedenken gegen Bundesligaspiele in Kiel gäbe. Auch das Flutlicht soll erstligatauglich sein.

Trotzdem: Unter der Woche gab die Kieler SV Holstein bekannt, dass die DFL nicht plane, dem Verein eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, sollte sich der Klub in den zwei Relegationsspielen am 17. und 21. Mai für die erste Liga qualifizieren. Glaubt man dem norddeutschen Verein, dann geht es bei der Absage durch die DFL einzig und allein um die Größe des Stadions. Die DFL fordert 15.000 Plätze, davon 8.000 zum Sitzen. Das Holstein-Stadion hat aber insgesamt nur 10.000.

Natürlich könnte Holstein umziehen. Aber wohin? Der Hamburger SV hat schon abgesagt, in den Volkspark können sie also nicht. Ans Millerntor des FC St. Pauli? Da gäb es dann vermutlich schon ein paar Sicherheitsbedenken der Polizei. Ins Lübecker Stadion an der Lohmühle?

Es ist eigentlich egal. Denn die Entscheidung an sich ist schlimm genug, zeigt sie doch einmal mehr: Die DFL liebt nur ihre eigenen Rekorde.

Wie ein Hund vorm Discounter

Und Holstein Kiel gefährdet das eine und kann mit dem anderen nicht dienen. Deshalb muss es draußen bleiben. Wie ein Hund vorm Discounter.

Würde die DFL den Fußball lieben, würde sie solche Geschichten wie den möglichen Aufstieg Holsteins von der dritten schnurstracks durch in die erste Liga feiern. Zumal in einer ansonsten spannungsbefreiten Zone wie der Bundesliga. Aber das tut sie nicht. Es wirkt eher so, als hasse sie solche Geschichten – im Gegensatz zu nahezu allen Fußballfans.

Die DFL, sie tickt einfach anders. Ausnahmen gibt es nur, wenn man von oben kommt. Von ganz oben. Und das ist nicht geografisch gemeint. Wenn RB Leipzig die 50+1-Regel, die den Einfluss von Investoren begrenzen soll, ad absurdum führt? Nicht so schlimm. Ausnahmen für Leverkusen, Hoffenheim und Wolfsburg? Na klar. Aber ein Klub mit zu kleinem, schmucklosem Stadion? Auf keinen Fall!

Wenn man die Entscheidung weiterdenkt, kann man den ganzen Auf- und Abstiegskram auch eigentlich ganz bleiben lassen. Er birgt viel zu viele unkalkulierbare Risiken für den nächsten Zuschauerrekord, den man dann so schön präsentieren kann, für das Hochglanzprodukt Bundesliga, für die Premiummarke.

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Jürn Kruse
Ist heute: Redaktionsleiter bei Übermedien und freier Autor. War mal: Leiter des Ressorts tazzwei bei der taz. Davor: Journalistik und Politikwissenschaft in Leipzig studiert. Dazwischen: Gelernt an der Axel Springer Akademie in Berlin.
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5 Kommentare

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  • Aber Hallo!;)) & mal für die Nachgeborenen.

     

    "Ins Lübecker Stadion an der Lohmühle?"

    Da musste ich mal herzlich lachen. Ob der Autor das Verhältnis zwischen Holstein und VfB Fans/Ultras wohl kennt? Ich glaub, das käme nicht so gut an... :D ..."

     

    Jau - Höre immer noch wie einst bei steifen WestenWind -

    Das Gejohle von dem ehem. Polizeisportverein für Ballspiele!;) - HL.

     

    Womit wir beim steinalten Thema wären.

    Sportorg - post WK II ~> Fachverbände &/vs Landesportbünde.

     

    Denn.Diese Organisation per ordre mufti - ;)((

    Gibt´s & nicht nur im Fußball - aber da besonders - seit

    DFB - Peco Bauwens Hermann Neuberger´s & Co.´s - übel Zeiten.

    Ein u.a. geeigneter Hebel zur Erpressung der öffentlichen Hand - hier insbesondere den Kommunen - zu Lasten des Breitensports - organisiert wie unorganisiert. Aber locker.

     

    kurz - Tuto completto - undemokratische Vorgänge.

    Hier ist nur mal eine der klassischen Varianten - via -;)

    Holzbeinhoch - gespült!;)(

    Liggers. Na - s´cher dat. Da mähtste nix.

    Normal.

  • "Wer den Fußball nicht liebt?" - Ich!

    Als Schüler haben wir selbstverständlich auch Fußball gespielt. Als wir uns redlich bemüht haben auch Tore zu schießen und zu gewinnen, wurde ich plötzlich von hinten gefoult.

    Da habe ich mir den Täter gepackt und ihn zurecht gewiesen mit den Worten: Hör mal, das ist ein englisches Spiel, das fair gespielt werden muss. Das darfst du nicht!

    Darauf antwortete mein Klassenkamerad: "Ich spiele in einer Jugendmannschaft und erläutere dir mal, was die Regeln im Fußball sind: Alles was der Schiedsrichter nicht sieht, ist erlaubt."

    Seit dieser Erkenntnis ist Fußball kein Spiel für mich! Aber ich habe auch verstanden, warum es in solcher Gesellschaft, verurteilte Steuer Hinterzieher zum Vereinspräsidenten schaffen!

  • Wenn das Stadion zu klein ist, dann ist das für die Zuschauer ein Sicherheitsrisiko, das Flutlicht für die Spieler. Verständlich, wenn das nicht auf Dauer bleiben kann.

     

    Es sollte aber ein geregelter Übergang ermöglicht werden, ein laufender Umbau nicht dem Aufstieg entgegenstehen, wenn es wenige Spiele betrifft. Zur Not sind ja wenige Spiele im fremden Stadion möglich, oder Spiele nicht zur besten Sendezeit laufen zu lassen.

     

    TL;DR: Ein gesunder Verein wird nicht daran scheitern.

  • "Ins Lübecker Stadion an der Lohmühle?"

     

    Da musste ich mal herzlich lachen. Ob der Autor das Verhältnis zwischen Holstein und VfB Fans/Ultras wohl kennt? Ich glaub, das käme nicht so gut an... :D

     

    Ansonsten aber ein schöner Abgesang auf die Bundesliga.

  • 4G
    42247 (Profil gelöscht)

    Glückwunsch an Holstein Kiel! Ich wünsche euch ein super Betriebsklima, ein solides, besonnenes und trotzdem leidenschaftliches Management um die Erste mehr als nur eine Saison lang aufzumischen. Gegen den frischen Wind von der Ostsee hat der Abgasclub nur eine theoretische Chance - auf geht`s, Störche.