Kolumne Geht’s noch?: Zu kurze Pause
Ein Twitter-Mitarbeiter sperrt @realdonaldtrump – für elf Minuten. Hätten wir nicht länger Pause von den Tweets des US-Präsidenten haben können?
Z ugegeben, es war der ultimative Abgang. Ein Twitter-Mitarbeiter hat offenbar an seinem letzten Arbeitstag das Konto von US-Präsident Donald Trump, @realdonaldtrump, für kurze Zeit abgeschaltet. Twitter zufolge war Trumps wichtigster Kommunikationskanal elf Minuten lang nicht abrufbar. „Wir untersuchen den Fall weiter und unternehmen Schritte, damit sich dies nicht wiederholt“, teilte das Unternehmen mit.
Aber bitte: Wenn schon abschalten, dann nachhaltig. Elf Minuten reichen nicht aus, um Donald Trump wirklich an seiner Tweeterei zu hindern. Der US-Präsident macht einfach weiter, als sei nichts gewesen. Er wettert schon wenig später wieder gegen Hillary Clinton. Womöglich hat Trump die Abschaltung gar nicht mitbekommen.
Twitter-Nutzer*innen feiern den Mitarbeiter, der laut dem Statement des Unternehmens zuvor in der Kundenbetreuung tätig war, trotzdem. „Nicht alle Helden tragen einen Umhang“, lautet mehr als eine Antwort auf die Tweets des Unternehmens. Ein Nutzer fordert, dem Mitarbeiter den ersten jährlichen Covfefe-Preis zu geben. „Einige von uns haben es nicht mitbekommen. Bitte löscht ihn wieder, damit wir alle etwas davon haben“, schreibt ein anderer.
Vielleicht sollte der Präsident ab sofort einfach immer mal auf die Ersatzbank geschickt werden, wenn er wieder etwas Blödes auf Twitter geschrieben hat. Die Forderung nach der Todesstrafe und nach der Beendigung der Green-Card-Lotterie als Reaktion auf den Terrorakt in Manhattan zählen definitiv dazu. Ist beides nicht ohnehin missbräuchliches Verhalten gemäß den Twitter-Richtlinien? Immerhin handelt es sich um eine direkte (staatliche) Gewaltandrohung und um Hass schürendes Verhalten. Das sollte das Unternehmen mal untersuchen – anstatt der elf Offline-Minuten.
Schon klar, man kann nicht wahllos Menschen auf Twitter zensieren, auch und besonders nicht den US-Präsidenten. Dennoch sollten für ihn die gleichen Regeln gelten wie für alle anderen auch. Twitter schreibt selbst in seiner Satzung: Wer gegen die Regeln verstößt, kann vorübergehend oder sogar dauerhaft gesperrt werden. Das passiert bei „Normalnutzer*innen“ auch regelmäßig, wenn in ihren Tweets Spam, Hassrede oder Gewaltaufforderungen zu finden sind.
Nun war es bei Trumps Konto endlich auch so weit. Dann hat der Mitarbeiter ja doch alles richtig gemacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr