Kolumne Fußball-Wissenschaft: Warum nicht die Besten?

Einfach mal die stärkste Elf aufstellen? Die Spieler auf der Position spielen lassen, die ihnen am besten liegt? Kommt deutschen Trainern nicht in den Sinn.

„Jogi, heute mal die beste Elf aufstellen?“ – „Ach Hansi, das ist doch langweilig.“ Bild: dpa

Natürlich können wir gegen die USA mit neun Innenverteidigern plus Müller und Neuer antreten. Wir könnten aber auch mit der spielerisch attraktivsten Elf aufs Grün traben. Die wichtigste Maßnahme: Philipp Lahm muss als Sechser weichen.

Kapitale Böcke gegen Portugal und ein „schwarzer Tag“ (Mehmet Scholl) gegen Ghana haben gezeigt, dass ausgerechnet der unumstrittenste deutsche Spieler in dieser Konstellation keine Topleistung bringt. Ist es verboten, den besten Außenverteidiger der Welt endlich dorthin zu stellen, wo er noch nie enttäuscht hat und wo die Unsrigen ohnehin kränkeln – auf seinen angestammten Posten?

Schweinsteiger stellt sich nach seinem eindrucksvollen Kurzauftritt gegen Ghana von selbst auf, weil er schon mit seiner Präsenz punktet. Gemeinsam mit Toni Kroos wäre das ein eingespieltes Sechserduo. Dass Khedira eine Pause braucht, scheint klar. Davor Müller, Özil, Götze und Miroslav Klose als echter Neuner. Und natürlich Kevin Großkreutz für Höwedes. Nur weil einer nächtens in die Hotellobby uriniert, ist er kein schlechter Spieler. Und jede gute Mannschaft braucht einen Kevin, mit schwierigem Charakter und Blasenproblem.

Zugegeben: Diese Elf wäre richtig fett offensiv. Dennoch ist dies eine naheliegende Aufstellung. Die Krux: Das Naheliegende ist schon deshalb falsch, weil deutsche Trainer seit Sepp Herbergers 1954er Finte gegen Ungarn immer den Geniestreich suchen, den strategischen Schachzug fürs Geschichtsbuch, wie Löw bei der Europameisterschaft gegen Italien.

Einfach die spielerisch beste Elf auf ihren Stammplätzen aufbieten, hat das Aroma von Routine statt von Genialität. Aber vielleicht fällt Löw gegen die Amis ja nichts Geniales ein. Oder er hebt sich seinen Coup fürs Achtelfinale auf. Oder – was sich in Interviews andeutet – die Mannschaft sorgt mit sanftem Druck dafür, dass sich die fußballerische Restvernunft durchsetzt und Schweinsteiger und Klose in die erste Elf aufrücken. Das wäre genial!

Der Autor führte 1983 in der taz die „Leibesübungen“-Seite(n) ein. Wir danken bis heute.

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Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.

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