Kolumne Fernsehen: Dumm und dünner
Ein bekannter deutscher Talkshowmoderator und weitere Gründe, sich für das deutsche Fernsehen zu schämen.
W eil ich auch vergangenen Sonntag nach dem „Tatort“ nicht schnell genug an die Fernbedienung kam, landete ich wieder bei „Günther Jauch“. Und was ich da sah, macht mich bis heute fassungslos.
Nachdem Jauch seine Premium-Sendezeit schon in der Woche zuvor der sogenannten Publizistin Gertrud Höhler zum Anpreisen ihrer Abrechnung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel geschenkt hatte, machte sich seine Redaktion (wenn’s da so was gibt) mit der letzten Sendung komplett lächerlich: Im Gespräch mit zwei Journalistenkollegen, einem Psychiater, einem „Kindermedienforscher“ und dem „Vater eines onlinesüchtigen Sohnes“ diskutierte Jauch die Frage „Achtung, Computer! Macht uns das Internet dumm?“
Immerhin eine Erkenntnis brachte die Runde: Fernsehmachen macht dümmer. Bevor es abfärbt, habe ich lieber schnell umgeschaltet und mich den Rest des Abends stumm, aber heftig fürs deutsche Fernsehen geschämt.
Wir erinnern uns: Günther Jauch – das ist der Mann, den die Anstaltsleiter 2010 im zweiten Anlauf ins Erste gelockt haben. „Mit Deutschlands wohl beliebtestem Moderator werden wir das Informationsprofil des Ersten weiter stärken“, frohlockte ARD-Programmdirektor Volker Herres damals. Und: „Als Journalist werden wir ihn exklusiv haben.“ Na, Bravo, die Investition hat sich gelohnt! Vielleicht solltet ihr auch noch den Gottschalk … – oh, Kacke, da war ja was. Bin untröstlich.
Jeden Cent wert zu sein scheint auch die Sat.1-Verfilmung der Plagiatsaffäre um einen früheren deutschen Verteidigungsminister von Adel. Nennen wir ihn Franz Ferdinand von Donnersberg. Das finden Sie affig? Dann haben Sie noch nicht gehört, wie der Autohersteller heißt, den FFD im Film retten will: Forpel. Ein Witz? Nein, mit so was macht man keine Scherze (also ich zumindest nicht). Und der Name der Bundeskanzlerin, in deren Kabinett FFD dient? Na? Nur Mut! Hauen Sie einfach das Dümmste raus, was Ihnen einfällt. Angelika Kermel? Viel zu sehr um die Ecke gedacht. Sie heißt: Angela Murkel.
Murkel! Murkel! Murkel!
Zweifeln Sie jetzt bitte nicht an Ihrem Humor, sondern an dem Verstand von Leuten, die sich so was ausdenken und trotzdem komisch finden.
Hören wir kurz rein in das, was Produzent Nico Hofmann zu seinem Projekt gesagt hat – „… ein humorvolles Stück über politische Moral … mit Augenzwinkern und würdevollem Anstand …“ –, und man ahnt, was für ein erbärmlicher Mist da auf uns zukommt.
Aber man muss Sat.1 auch mal loben: Am Montag startet die neue Serie „Es kommt noch dicker“, in der eine Dicke und eine Dünne über Nacht ihren Körperumfang tauschen. Dass da nicht früher jemand draufgekommen ist! Wie wäre es als Nächstes mit einer Serie über einen stark behaarten Außerirdischen, der auf der Erde landet und in einer Durchschnittsfamilie auf Katzenjagd geht? Oder man könnte auch von Babys erzählen, deren recht erwachsene Gedanken von Prominenten gesprochen werden? Nur so als Idee. Nicht dass die bei Sat.1 das bräuchten. Denen fällt schon so genug ein.
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