Kolumne Familie und Gedöns: Alleinerziehend gespenstisch effizient
Mein Freund ist nicht da, auf einmal bin ich für alles zuständig – und verwandle mich in eine Art Mutterschafts- und Haushaltsroboter.
D as hier sollte eine fröhliche-leichte Kolumne werden. Nichts Jammeriges. Und bloß nicht schon wieder was über die Kinder. Denn wie hatte ich vor Kurzem in einer großen deutschen Wochenzeitung gelesen? Dass Eltern so unglücklich seien, liege schlicht daran, dass sie alles auf einmal wollten: weiterleben wie früher und dazu das Kinderglück. Geht halt nicht.
Aber dann war ich für anderthalb Wochen alleinerziehend, während mein Freund in Hamburg auf Wohnungssuche gegangen ist. (Zugegebenermaßen auch kein besonders spaßiges Unterfangen.)
Ich musste in dieser Zeit mal von 7 Uhr bis 15 Uhr, mal von 14 bis 22 Uhr arbeiten. Um das zu bewältigen, habe ich mich anderthalb Wochen in eine Art Mutterschafts- und Haushaltsroboter verwandelt, der nicht nur alle anfallenden Aufgaben erledigt, sondern parallel dazu auch schon die in der Zukunft anstehenden Dinge plant und organisiert.
Doch nicht nur ich, auch die Kinder waren gefordert: Einerseits praktisch – immer wenn ich Frühdienst hatte, musste meine elfjährige Tochter dafür sorgen, dass sie mit samt ihrem fünfjährigen, noch völlig verschlafenen Bruder pünktlich in den Kindergarten oder die Schule kommt. Andererseits emotional – Aufforderungen, die ich normalerweise mit mehr Langmut ausspreche, verwandelten sich binnen weniger Minuten von freundlichen Bitten in wütendes Gebrüll.
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Und obwohl ich insgesamt mehr Zeit mit meinen Kindern verbracht habe als sonst, hatte ich gleichzeitig weniger Zeit für sie. „Mama spielen wir was?“ Irgendwann hat mein kleiner Sohn aufgehört, mir diese Frage zu stellen. Denn er kannte, meine Antwort schon: „Gleich. Ich muss nur noch schnell […]*.“ Und meine große Tochter hat in der gesamten Zeit nicht einmal gefragt, ob ich ihr abends etwas vorlese.
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