Kolumne Familie und Gedöns: Taten statt Worte!
Kreist der Feminismus nur um sich selbst, wie es in den Feuilletons behauptet wird? Nein! Ein Jahresausblick auf die Leipziger Bewegung.
W as wurde nicht alles geschimpft im letzten Jahr. Der Feminismus sei zur reinen Nabelschau weißer Akademiker*innen in Berlin-Kreuzberg, Hamburg-Altona oder der Leipziger Südvorstadt verkommen. In ihrem moralischen Furor erteilten sie all jenen Sprechverbote, die nicht ihrer Meinung seien.
Wo es hinführe, wenn gendergerechte Sprache und der Schutz von Transsexuellen übermäßig wichtig genommen werde, zeige nicht zuletzt der Wahlerfolg von Rechtspopulisten wie Donald Trump. Der Feminismus sei so mit Identitätspolitik beschäftigt gewesen, dass er darüber die soziale Frage vergessen habe.
Was bleibt mit etwas Abstand vom Feminismus-Bashing, das im letzten Jahr in den Feuilletons betrieben wurde? Es stimmt, über den Schutz von Minderheiten sind ökonomische Unterschiede aus dem Blick geraten. Aber nur bei einem bestimmten Strang des Feminismus.
Die popkulturelle Variante, die auf Instagram in großen Lettern „We are all feminists“-T-Shirts zur Schau trägt, kreist in erster Linie um sich selbst. Empowerment zielt hier immer zuerst auf die Verbesserung der eigenen Position ab. Solidarität mit ärmeren Frauen? Ja, solange sie nicht zulasten der eigenen Privilegien geht.
Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.
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Ein linker Feminismus, wie er in vielen der Frauen*gruppen, -initiativen und -vereinen Leipzigs praktiziert wird, lässt Solidarität hingegen vom Lippenbekenntnis zur praktischen Haltung werden. Praktische Solidarität! So könnte das Motto für 2018 lauten. Solidarität mit den Transmännern und -frauen, die nur an wenigen Orten in der Stadt so akzeptiert werden, wie sie sind. Und Solidarität mit den Erzieher*innen, die auch in diesem Jahr wieder für eine angemessene Bezahlung kämpfen müssen.
Und. Nicht oder. Denn einem solidarischen Feminismus ist nicht daran gelegen, eine benachteiligte Gruppe gegen die andere auszuspielen. Das Engagement im feministischen Thaiboxstudio, das Transmenschen willkommen heißt, ist nicht weniger wichtig als die Mitarbeit bei der Leipziger Kita-Initiative, die sich für bessere Arbeitsbedingungen für Erzieher*innen einsetzt.
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