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Kolumne Die KriegsreporterinVom Himmelpreis und Höllenverträgen

Kolumne
von Silke Burmester

Warum sind Menschen, die jeden Nepper-Schlepper-Bauernfänger-Vertrag unterzeichnen, Journalist geworden? Zahnarzthelfer wäre passender gewesen.

H allo taz-Medienredaktion! Es ist alles scheiße. Hier. Heute. Ich finde alles langweilig. Nur der Restalkohol spricht mir gut zu. Gestern Abend war die Spiegel-Einweihungsparty und es war sehr schön. Man stelle sich das vor! Da ist ein Riesenrums. Tausendwasweißichnichtwieviele Gäste und ich sage: "Es war sehr schön!"

Bleibt die Frage, sind die Menschen zu gut erzogen oder bin ich zu früh gegangen? Hat Georg Mascolo vielleicht doch noch zum Impressum-Karaoke angehoben? Die Pantomime-AG noch zum Ressortleiterraten gerufen? Egal. Es ist erfreulich, dass der Spiegel so gut läuft, dass man so fette Partys feiern kann. Auch wenn bei Spiegel TV gerade etliche Leute entlassen wurden.

Rette ich uns über die Langeweile mal mit einem kleinen Quiz: Wer hat diesen Satz gesagt: "Nur wer anstößig ist, kann Anstöße geben"? A) Konrad Adenauer, B) Kai Diekmann oder C) Stephanie zu Guttenberg? Es war Kai Diekmann auf den Passauer Medientagen, der Burner-Veranstaltung im Süden. Diekmann nutzte das Podium, um sich als "Hauptarbeitgeber des Deutschen Presserats" zu profilieren. Ja, der Zynismus … die Krücke, auf der sich die emotional Verwahrlosten durch die Gesellschaft schleppen …

Bild: Eva Häberle
SILKE BURMESTER

berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Apropos schleppen. Mir ist etwas Schlimmes passiert. Ich bin beim ZDF-"Traumschiff" hängen geblieben. In Schockstarre gebannt, war ich leider unfähig, zu Stift und Papier zu greifen, um meine geschätzten Leser an den Dialogen teilhaben zu lassen, die man aus einem Heimatfilm von 1956 übernommen zu haben scheint.

Oder hat man sich bei der Autorenwahl aus Kostengründen auf einem Gnadenhof für Drehbuchschreiber bedient? Dass es schlimm sein würde, war ja klar. Aber so schlimm … Da kann ich nur sagen: Sehen Sie selbst, staunen Sie selbst! Und seien Sie nicht überrascht, wenn die Figuren noch die gleichen sind wie beim Start vor 30 Jahren. Das ist wie bei den Hunden in "Lassie". Die wurden auch einfach durch einen ähnlichen ausgetauscht.

Nächster langweiliger Punkt: Der Jahreszeitenverlag, der Verlag, der auch mal für Journalismus stand, hat einen Rahmenvertrag für freie SchreiberInnen rausgeschickt, der recht fies ist. Nicht nur, dass von der Abtretung von Rechten die Rede ist, die ein Gericht zuvor schon in den Verträgen von Gruner + Jahr für unrechtmäßig erachtet hat, der Jalag geht auch so weit, das Abtreten "urheberrechtlicher Vergütungsansprüche" einzufordern. Da mir keiner beim Verlag sagen konnte, was damit gemeint ist, warte ich nun auf Aufklärung durch den Justiziar des Hauses. Fest steht, dass die meisten Freien brav unterschreiben. Womit man zu der Frage kommt, warum Menschen, die jeden Nepper-Schlepper-Bauernfänger-Vertrag unterzeichnen, ausgerechnet Journalist geworden sind. Zahnarzthelfer wäre vielleicht passender gewesen.

Nicht ohne Fehl und Tadel, doch mit der Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen, ist Freischreiber, mein kleiner, tapferer Verein freier JournalistInnen. Hatte man zunächst den "Code of Fairness" ins Leben gerufen, der ein Mindestmaß an Fairness im Umgang zwischen Redaktionen und freien Journalisten regeln soll, musste die Wahl von Deutschlands fiesester Redaktion abgesagt werden. Ein Fehler im Verfahren war die Ursache.

Nichtsdestotrotz wird am Freitag in Hamburg die "fairste Redaktion" mit dem "Himmelpreis" gekürt. Und vielleicht interessant für alle, die den Jalag-Vertrag vor sich liegen haben: Bevor es eine wilde, ausschweifende Party gibt, findet eine Diskussion dazu statt, welches Risiko Freie eingehen, wenn sie sich für ihre Belange einsetzen. Das Partykleid bügelnd zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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5 Kommentare

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  • SB
    Silke Burmester

    Nehme Anregungen zu Fotoarbeiten entgegen und denke darüber nach. Entkryptiisierung der Kolumne kann jedoch nicht versprochen werden, schließlich beschwere ich mich auch nicht, wenn auf der Banken-Arschloseite so geschrieben wird, dass ein nicht Banken-Arschloch, also ich, es nicht versteht. LG Bur.

  • P
    polyphem

    "..Ja, der Zynismus … die Krücke, auf der sich die emotional Verwahrlosten durch die Gesellschaft schleppen … .."

     

    Das führt schon wieder zu Kopfkino. Ich werde ja bald in Rente gehen dürfen. Dann melde ich mich bei Silke Burmester für das Seminar für kreatives Schreiben an.

  • BS
    b. sick interessiert mich nich

    bitte keine beweisfotos! mir reicht die von blumig bis bissig reichende sprache der autorin vollkommen, um mir eigene bilder zu machen. außerdem glaube ich ihr alles, schließlich bin ich keine journalistin ...

  • T
    tazitus

    Naja. Ein Link zum Bastian erklärt alles. (sick!)

  • J
    Jana

    Silkes Texte machen Spaß. Ich fürchte aber, dass der Durchnittsbürger und alle Menschen die keinen Irgendwas-mit-Medien-Beruf haben, bei vielen Inhalte und Anspielungen nur "Bahnhof" verstehen und nicht so recht wissen, um was es eigentlich geht. Wäre aber schade, wenn die Kolumne nur eine Insider-Institution der Medienmeute wäre.

     

    Nur als Beispiel: Sofern jemand nicht zufällig aus Hamburg kommt, wird er garantiert keine Ahnung davon haben, um was es für eine Einweihungsparty geht. Die Nachricht, dass gestern das neue Verlagsgebäude eingeweiht wurde, wird kaum in der Lokalpresse gemeldet, bundesweit existiert die Information praktisch nicht.

     

    Wenn die Texte mit Links versehen wären, würde das anders aussehen, dann hätte z.B. ein Link zum Kollegen Sick alles erklärt: http://www.bastiansick.de/fotoalben/aus-meinem-leben/einweihungsparty-beim-spiegel#1

     

    Neben Links in den Texten wäre es doch sinnvoll wenn die Kriegsreporterin hin und wieder ein Foto von ihren Kriegsschauplätzen in die Kolumne einbaut. Wäre sicher interessant gewesen, ein paar Beweisfotos von der gestrigen Party zu sehen, die zeigen, dass es dort wirklich so langweilig war, wie hier beschrieben. Man muß ja nicht so weit gehen, wie Kollege Sick und auf den Toiletten fotografieren: http://www.bastiansick.de/fotoalben/aus-meinem-leben/einweihungsparty-beim-spiegel#8