Kolumne Die Kriegsreporterin: Offene Bluse gegen Quotenquatsch
Die Selbstinszenierung als Sexobjekt ist Maria Furtwängler schwer vorzuwerfen. Béla Réthy hat derweil Quark im Hirn und das ZDF in der Hand.
H allo, taz-Medienredaktion!
Irgendwie ist diese Woche wie die letzte Woche: Alle Inhalte sind wieder da. Auch diese Woche gilt: Keine Witze über Béla Réthy! Im Gegenteil! Statt sich Gedanken ÜBER ihn machen, möchte ich anregen, MIT ihm zu denken. Das geht ganz einfach mittels des 3-Satz-Lese-Systems, mit dem man sich seine Inhalte ganz bequem ins Hirn laden kann. Los geht’s!
1. „Das Größte zum Schluss – das Finale!“ 2. „Mit dem ersten Teller Nudeln haben sie die Taktik in Fleisch und Blut.“ 3. „Hans-Peter Briegel – früher bei Verona, heute bei Markus Lanz.“ Abgesehen davon, dass ich immer wieder froh bin, wenn die Dinge ihre Ordnung haben und so etwas wie ein Finale tatsächlich zum Schluss kommt, bleibt doch die Frage, warum dieser Mann fast alle wichtigen Spiele, die das ZDF übertragen hat, kommentieren durfte.
berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.
Weil er mit dem ersten Teller Brei Quark im Hirn hatte? Oder muss man sich fragen: Wen beim ZDF hat er in der Hand? Und womit? Das ist fast so spannend, wie die Frage, womit Jogi Löw es sich mit der Bild verscherzt hat, jenseits des Ausscheidens der deutschen Mannschaft. Keine Kinderfotos rausgerückt? Die eigenartige Ehefrau nicht beim Kuchenbacken fotografieren lassen?
Mit dem Stichwort „Foto“ geht es auch gleich weiter zum nächsten Thema der vergangenen Woche: Maria Furtwängler mit BH-Foto im Manager Magazin (MM). Sehr, sehr böse hat es mich gemacht, dass das Interview mit der Schauspielerin und Ehefrau des Burda-Bosses, die zum Thema „Führungsfrauen in den Medien“ als Gesprächspartnerin so richtig ist wie Mutter Beimer, mit einem Foto bebildert wurde, auf dem ihre Bluse so weit geöffnet ist, dass man ihren BH sieht. Unterstützt wird das BH-Versprechen von einem unschuldig-lasziven Gesichtsausdruck.
Ein Kollege, der sich als Blattmacher recht häufig mit Leuten rumplagen muss, die meinen „wichtig“ zu sein, setzte mir den Gedanken in den Kopf, dass die Fotos auf ihre Rechnung gehen könnten. Solche Menschen seien totale Kontrollfreaks, sagt er, es sei ungewöhnlich, dass sie nicht die Hoheit über die Bilder und den Text hätten.
Sollte ich Arno Balzer, Chefredakteur des MM, Unrecht getan haben mit meinem Vorwurf, wenn Männer schon Macht abgeben müssen, dann versuchen sie die Hoheit über die Sexualisierung der Frau zurückzugewinnen? Ich habe meine Öhrchen gespitzt und mich im Verlag umgehört. Und ja, es soll so gewesen sein: Die Furtwänglerin soll auf die Fotografin ebenso bestanden haben, wie sie die Bildauswahl getroffen haben soll.
Als Erstes habe ich gedacht: „Miststück!“ „Wir mühen uns hier mit dem ganzen Quotenquatsch ab, um endlich eine Form von Gerechtigkeit zu erlangen und ernst genommen zu werden, und du stellst die Frau wieder mal als Sexobjekt zur Verfügung!“ Dann aber kam so etwas wie Mitleid auf, mit einer Frau, die sich, um Anerkennung zu ernten, so zeigen möchte.
Sicherlich musste ich mich auch fragen, ob bei Herrn Balzer eine Entschuldigung fällig ist, sollte das Foto tatsächlich so seinen Weg ins Heft gefunden haben. Dann aber frage ich mich, was ist das für ein Chefredakteur, der seine Hoheit abgibt und sein Heft den Regeln seines Interviewpartners unterwirft?
Das ist so wie die Frage, was man mit ARD und ZDF anstellen soll, die Millionen an Gebührengeldern für die Fußballrechte zahlen und es dann hinnehmen, dass ihnen die Uefa-Weltregie Bilder in die Liveübertragung reinbastelt, die gar nicht aus der Situation stammen?
Ach, das sind alles große Scheißfragen, die nicht viel Freude bereiten. Da gebe ich heute doch mal richtig schlecht gelaunt zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation