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Kolumne Die KriegsreporterinDie Wahrscheinlichkeit ist ein Mann

Die Wulffs „liken“ sich nicht mehr. Cherno Jobatey weiß nichts mehr mit seinem Morgen anzufangen. Männlich sein hilft bei Journalistenpreisen.

Kermit, die arme Sau, hat kein Zuhause mehr in der Sesamstraße. Vielleicht dann jetzt Hannover? Bild: reuters

H allo, taz-Medienredaktion!

Sorry, wenn hiär ab und su mal ein Buchstape falsch ist, aber aktuell brauche icx meine Finger sum Zählen. Auf die Frake des Medienmagasins Journalist, wie man einen Hennnri Nannen Preiz gewinnt, antwortet Andreas Wolfers, Jurymitgleid und Sprecher des Preises, es empfehle sich, männlich zu sein. In der Vergangenheit nämlich haben Fraun nur alle Jubeljahre mal einen Preiz begommen. Allerdings, behauptet Wolfers, hetten Frauen real die besseren Siegchancen.

Zu dieser Ergenntnis kommt mann, wenn man ihren Anteil an Einreichungen (niedrig) ins Verhältnis zu den ausgeseichneten Frauen setzt (wenige). Und deshalb sint meine Finger grad noch woanners. Nämlich bei 2012. Da waren 30 Personen für den Nannenbreis nominiert, davon 4 Frauen. 19 Leute wurden am Ennde ausgezeischned, alles Männer. Das wird auch nicht anders, wenn ich noch mal an den Fingern ziehe, weshalb ich jetzt alle zehn der Tastatur zur Verfügung stelle. Und mich nun frage, bei wem bei der Wahrscheinlichkeitsrechnung was falsch läuft, bei Herrn Wolfers oder bei mir.

Bild: Eva Haeberle
Silke Burmester

berichtet jeden Mittwoch von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Da es aber bereits in meiner Realschule hieß, es sei nicht schlimm, wenn ich in Mathe so schlecht wäre, schließlich bräuchte ich das als Frau nicht, wird Andreas Wolfers wohl am Ende recht haben, wenn er sagt, Frauen hätten etwas bessere Chancen, einen Nannen-Preis zu bekommen als Männer.

Noch ein Mann, der als Sieger vom Platz geht, ist der Moderator Cherno Jobatey, der einst als „Journalist mit den meisten Facebook-Fans“ galt. Es war der Begriff „Journalist“, der mich herausforderte, ihm den Rang ablaufen zu wollen, und weshalb ich meine „Kriegsreporterin“-Facebook-Seite installierte. Nach 20 Jahren beendet Herr Jobatey seine Moderation beim ZDF-„Morgenmagazin“ und das ist für mich Anlass, mich zu verbeugen und mit 3.382 „Freunden“ meine Niederlage gegenüber seinen 5.806 einzugestehen.

5.806 Menschen, die ihn hoffentlich durch den Abschied tragen und für ihn da sind, wenn er jetzt morgens um 7.30 Uhr an der Kaffeemaschine steht und sich fragt, was er mit diesem Morgen anfangen soll. Wobei ich doch mal die Frage in den Raum werfen möchte, was ausgerechnet Helmut Ziegler unter diesen 5.806 Leuten will und was ich falsch gemacht habe?

Irgendwas falsch gemacht hat auch Christian Wulff, weshalb Bettina ihr „Like“ zurückgezogen hat. Nun fragen sich alle, was mit dem schönen Haus passieren wird, das die Wulffs einst als Ausdruck der familiären Glückseligkeit gekauft hatten. Wird sich für diese steingewordene Stätte von Traum und Niedergang je ein Käufer finden? Wird die Niedersachsen-CDU es als Vereinsheim übernehmen? Müssen die Privatsender mit Sendungen wie „mieten, kaufen, wohnen“ Hilfestellung bieten, weil keiner die traurige Hütte haben will, aus Angst vor dem Fluch der Wulffs? Wird RTL eine Sondersendung „Das Horrorhaus“ drehen? Die Bild einen 3-D-Rundgang anbieten?

Wäre das Paar in die „Sesamstraße“ eingezogen, würden sich solche Fragen nicht stellen. Die feierte nämlich gestern ihr 40-jähriges Bestehen in Deutschland und ihre Bewohner sind glücklich wie am ersten Tag. Die jedenfalls, die noch da sind. Kermit, die arme Sau zum Beispiel, hat dort kein Zuhause mehr. Weil er an Disney verkauft wurde. Was bedeutet, dass die Kinder von heute ohne Kermit schlau werden müssen, was ein ziemliches Unding ist und wieder einmal zeigt, dass die aktuell Macht habende Form des Kapitalismus umgehend an die Wand zu stellen und zu erschießen ist. Das Rohr putzend, zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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5 Kommentare

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  • V
    vic

    Auf das Kapital schießen?

    Au ja, da würde sogar ich als Pazifist mal ne Ausnahme machen.

    Bescheid?

  • KK
    Karl K

    "…, dass die aktuell Macht habende Form des Kapitalismus umgehend an die Wand zu stellen und zu erschießen ist. Das Rohr putzend…"

     

    Was die Betreffenden mal ruhig ernst nehmen sollten.

    Sind doch die Namensvorfahren (-mester, Stamer, Lossens, K… usw)

    spätestens seit Heinrich dem Löwen schon dafür bekannt,

    immer bereit zu sein, unliebsame Zeitgenossen

    mit dem bleiernen Handtuch abzutrocknen.

  • J
    jakob

    Wenn man annimmt dass alle Teilnehmer mit gleicher Wahrscheinlichkeit einen Preis erhalten, ergibt sich für das Ereignis "nur Männer" bei 30 Teilnehmern, 26 Männern und 4 Frauen:

     

    http://www.wolframalpha.com/input/?i=%2826+choose+19%29+%2F+%2830+choose+19%29

     

    ungefähr 1,2% Wahrscheinlichkeit. Klingt wenig...

     

    Wenn man etwas genauer hinsieht, merkt man:

    - der Nannen-Preis hat mehrere Kategorien

    - Es gab 2 Kategorien mit weiblichen Teilnehmern:

    "Reportage" mit 2 Frauen und 1 Mann

    "Essay" mit 2 Frauen und 1 Mann

    Unter derselben Voraussetzung (alle Teilnehmer haben dieselbe Chance auf einen Preis) ergibt sich nun eine Wahrscheinlichkeit von 1/9, also ungefähr 11,1%. Das ist meiner bescheidenen Meinung nach zu viel, um die Jury des Sexismus zu überführen.

     

    Schade ist, dass von den 5 Kategorien in nur 2 Kategorien Frauen teilnehmen, und dann auch noch in diesen Kategorien die Mehrheit stellen...

     

    Einen ähnlichen Effekt gibt es bei der Zuteilung von Studienplätzen bei NC-Studiengängen. Frauen tendieren dazu, sich in wenigen Studiengängen zu sammeln. Nun ist die Zuteilung bei verschiedenen Studiengängen unabhängig. Selbst wenn in jedem Studiengang absolut fair verteilt wird (Anteil weibl. Bewerberinnen = Anteil weibl. Zugelassene), führt dies dazu, dass der Anteil von zugelassenen Frauen in allen Studiengängen zusammen niedriger ist, als der Anteil von sich bewerbenden Frauen.

  • R
    ReVolte

    Der “Merkur – deutsche Zeitschrift für europäisches Denken” an die Adresse von proquote:

     

    “Wir haben in den letzten Monaten einiges versucht. Wir haben verstärkt potenzielle Autorinnen angesprochen, wir haben all unsere “Scouts” um Tipps gebeten, wir haben gezielt Verlagsprogramme und Publikationen studiert, und müssen konstatieren, dass der Erfolg sich bislang in Grenzen hält. Ohne alle Wertung nach den Erfahrungen des ersten Jahres gesagt: Frauen sind im Schnitt skrupulöser und zögerlicher, haben weniger den Drang, sich über Themen zu äußern, die (ihrer Wahrnehmung nach) außerhalb ihrer Kernkompetenz liegen und feilen länger an den Texten. Und vor allem: Sie schicken uns keine unverlangten Manuskripte. Das Verhältnis ist nicht so, dass Angebote von Frauen eben etwas seltener als solche von Männern wären, sondern: Auf hundert unverlangt eingesandte Texte von Männern kommen rund fünf von Frauen. Beim üblichen Qualitätsschnitt – wir lehnen sicher mindestens zwei Drittel der angebotenen Texte ab – bleibt davon nicht viel.”

     

    http://www.merkur-blog.de/2012/12/in-eigener-sache/

     

    100 Männer : 5 Frauen!

    Das deckt sich doch in etwa mit den Nannen-Zahlen.

    Liegt natürlich an den 120 Ois "Herdprämie" zwecks nichtvorhandener Kinder. Woran denn sonst.

    Sarcasm off.

  • HO
    Hotel Ostoria

    Wo bleibt der Springers Friedespreitz? Muss Mann denn alles alleine machen?