piwik no script img

Kolumne Die KriegsreporterinKlopf, klopf, hier ist die Moderne!

Kolumne
von Silke Burmester

Das ZDF braucht Hilfe bei der Suche nach neuen Shows für junge Leute, der Springer Verlag enttäuscht und der „Spiegel“ wird kuschelig.

Hier könnte „Tuma-BoX“ stattfinden: das neue Burmester-Format für „Spiegel“-Redakteure. Bild: keimfrei / photocase.com

H allo, taz-Medienredaktion!

Das ZDF hat mir geschrieben. Es sucht „gezielt den Dialog mit jungen Kreativen im Medienbereich“. Die Leute dort haben wohl gemerkt, dass man mit der „heute show“ allein kein Programm bestücken kann, und rufen deshalb einen Wettbewerb mit dem Titel „Show up!“ aus. Natürlich habe ich mich sofort angesprochen gefühlt und fünf Konzepte entwickelt, die a) ohne Markus Lanz und Joko und Klaas auskommen und b) richtig, richtig obertoll sind.

Zum Beispiel habe ich das Format „Tuma-BoX“ entwickelt. Der Zuschauer wird zu einer Art Gummizelle geführt, in der sich ein Mann, vornehmlich ein Spiegel-Redakteur, befindet und seiner Angst vor Frauen freien Lauf lassen kann. Er kann schreien, toben und gegen die Wände hauen, zum Beispiel weil Frauen auf die Idee kommen, sich zu organisieren, damit sie auch mal die eine oder andere Bestimmerposition abkriegen.

Wie wir Journalistinnen etwa, die wir uns zum Verein ProQuote zusammengeschlossen und das auch noch – zu Thomas Tumas Leidwesen – publik gemacht haben. Aufgabe der Fernsehzuschauer ist, das Ausflippen nach Kriterien wie artikuliertem Inhalt, Wortvarianz, Wortfindungsreichtum, aber auch nach ästhetischen Gesichtspunkten wie Rötungsgrad, Zuckungsgeschmeidigkeit und der Konvergenz von Inhalt und körperlichem Ausdruck zu bewerten.

Bild: Eva Häberle
Silke Burmester

berichtet von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de

Aber – alles vergebens. Mitmachen bei „Show up!“ können nur Leute bis 30 Jahre. Also ich nicht. Ich bin ja schon 30 plus. Da ich kaum älter als 28 aussehe, finde ich das ziemlich beknackt.

Springer enttäuscht

Enttäuscht bin ich auch vom Springer-Verlag. Der hatte versprochen, nicht mehr in Printtitel zu investieren, und hält nicht Wort. Pünktlich zum Champions-League-Finale am Sonnabend ist Der Griller auf den Markt gekommen. Ein Heft, wo der Mann noch Mann sein darf. Da stehen nicht irgendwelche Jasminreiskocher, wie in Gruner + Jahrs Blutwurstmagazin Beef in der Bulthaup-Küche mit integrierter Thermofühlfunktion, die eben noch auf dem Markt drei Blätter Portulak erstanden haben, am Induktionsherd und gucken das Reh warm.

Nee, da wird das Wildschwein auf dem Rost mit Bier übergossen, während Mandy in Bikini und Ugg Boots danebensitzt und versucht, das Caipi-Rezept nachzukochen. Könnte man denken, ist aber nicht so. Auch bei Springer hat die Moderne angeklopft, und so werden aus Kerlen, deren Väter noch Erz in Hochöfen geschippt haben, Beck’s-Lemon-Trinker, die Vegetarisches auflegen. Total süß empfiehlt das Heft in höchster Sprachkunst „Von Schwenken bis Elektro – die besten Grills für jeden Typ“.

Auf der anderen Seite wird man damit der Geschichte von Axel Springer, dem Jungen, gerecht, der – wie man aktuell im Internet erfährt – in einer Garage groß wurde. Der hatte, weil das mit den Wörtern schwierig war und um die Zeit bis zu einer möglichen Befreiung rumzukriegen, angefangen, Bilder auszuschneiden. Eine Technik, die er nach seiner Zeit im Verlies mit der Bild-Zeitung perfektionierte. Eine Zeitung, die schon bald dank „einfacher Sprache“ zum erfolgreichsten Inklusionsmedium Europas wurde.

Hinter dreimal um die Ecke formulierten Gedanken hingegen wandelt sich der Spiegel zum „HerzSpiegel“. Dort ist aktuell zu lesen, dass Springer-Vorstandschef Döpfner „noch verheiratet“ sei, aber eine Beziehung zu irgendeiner Kunsttrulla habe (einer tollen Erbin natürlich). Endlich. So lange immer nur Politik, Wirtschaft und Samenstau. In Vorfreude auf nächste Woche, wenn es heißt „Döpfner wieder bei seiner Frau – warum verließ er die schöne Erbin?“, zurück nach Berlin!

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • T
    tazitus

    @ridicule: "ein ulkiges Völkchen."

    Ja. Und manchmal sind Sie radikal.

  • R
    ridicule

    @von tazitus:

     

    nochens:

    " Goethe spielt Flöte

    auf Schiller sein Piller"

     

    (Widmung von momos für Harry Rowohlt)

     

    Denn:

    "paradox ist, wenn ein Goethedenkmal

    durch die Bäume schillert".

     

    Der Herr Verbindungsstudent aber sagt darob:

    " Ja,ja - tadadadam!"

     

    Naja, schon der olle Tacitus befand,

    die Bewohner Germaniens seien

    "ein ulkiges Völkchen."

  • T
    tazitus

    @ridicule - apropos Amseln:

     

    "Die Apfelbäume hinterm Zaun erröten,

    Die Birken machen einen grünen Knicks,

    Die Amseln spielen auf ganz kleinen Flöten

    Das Scherzo aus der Symphonie des Glücks."

    (aus Kästners Gedicht vom Mai

    - schon wieder fast vorbei.)

     

    ansonsten:

     

    Vegi-Griller

    als Quotenkiller,

    Silkes Pausenfiller.

    als (Lese-)Hungerstiller.

     

    "Tuma lieber die Möhrchen aufm Grill."

    (nach Helge Schneider)

  • R
    ReVolte

    Mensch Frau B., du solltest mal brauchbare Patente anmelden. Oder wollts von aktuell um die 2% hier etwa auch per Gesetz auf 40% Patentanmeldungen kommen? Bei Burmester ist mit allem zu rechnen.

    Ab in die Zelle!

  • R
    ridicule

    Burmesters Silke und -

    holperdistolper und schnackeldidackel

    weicht Regenrauschen der Sonne

    und - tschilpen erleichtert die Amseln.

    Faultach kann schmunzelnd beginnen.

    Ergo: Schwenk den Ochsen.

     

    ps: ok, tschilpen tun Spatzen;

    wär mir aber zu persönlich;

    paßt schon.

  • H
    hto

    "Es sucht „gezielt den Dialog mit jungen Kreativen im Medienbereich“."

     

    Obacht, denn dieser Aktionismus ist von der Abhängigkeit zu den Rundfunkgebühren so inspiriert wie der Aktionismus irgendeines "Sozialträgers" wenn es Geld von einem europäischen "Sozialfond" gibt - TTV, Konzepte von und für NICHTS!!! ;-)

  • V
    vic

    Gibts echt, Christophe: http://www.beef.de/impressum

     

    Gern geschehen, Silke.

  • CT
    Christophe T.

    "Da stehen nicht irgendwelche Jasminreiskocher, wie in Gruner + Jahrs Blutwurstmagazin Beef ..." Gibt s das jez echt (sorry bin im Ausland) ? "Beef" wieso kann man das nicht einfach "Ochse" oder so nennen ?

     

    Interessant wieviel Information man in einem Satz unterbringen kann, wenn man sich Mühe gibt.