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Kolumne Die Farbe LilaAugen zu und durch

Kolumne
von Susanne Klingner

Von der Fröhlichkeit des Mutterseins in Frankreich und einer Ungerechtigkeit, die selbst Superväter nicht auflösen können.

V or kurzem war ich für eine Veranstaltung in Frankreich, und als ich in Straßburg in den Zug nach Hause stieg, erfasste mich eine fröhliche Leichtigkeit. Ich hatte dort Frauen getroffen, die mich nicht merkwürdig fanden, obwohl ich mit Kind Vollzeit arbeite. Die Französinnen fanden das nicht der Rede wert, eher selbstverständlich, dass ein Kind seine Wochentage mit anderen Kindern und mit Erziehungsprofis verbringt. Die Mütter in meinem erweiterten Freundes- und Bekanntenkreis sehen das zum großen Teil anders.

Komischerweise führe ich mit den gleichen Frauen Gespräche zum Beispiel über die Ungerechtigkeit, dass Frauen im Alter durchschnittlich nur 60 Prozent der Rente beziehen, die ein Mann bekommt. Ich traue mich dann kaum zu sagen, dass das auch daran liegt, dass sie weniger arbeiten und mehr bei den Kindern bleiben als ihre Partner. Und wer im Alter nicht dumm dastehen will, sollte in den Jahrzehnten davor gut für sich sorgen. Das muss nicht zwangsläufig heißen, sich wie ich für die Vollzeitberufstätigkeit entscheiden zu müssen – in Deutschland mit seinem schrägen Mutterbild wird das sowieso nie zur Regel werden.

Aber wenn sich Paare heute gemeinsam dafür entscheiden, dass Er weiter Vollzeit arbeitet und Sie runter auf eine Teilzeitstelle oder sogar einen Minijob geht, sollten diese Frauen dabei auch an ihre Rente denken. Also bitte: Wenn ihr ein solch ungleiches Arrangement trefft, dann lasst euch von eurem Partner gefälligst die Rentenbeiträge zahlen. Männer geben im Durchschnitt zwischen 100 und 200 Euro monatlich in die Rentenkasse, Frauen zwischen 50 und 100 Euro.

Bild: Stephanie Fuessenich
SUSANNE KLINGNER

ist Mitautorin des Buches „Wir Alphamädchen“ und bloggt als Frau Lila.

Der Deal „Der Mann sorgt fürs Geld, die Frau für die Kinder“ betrifft eben nicht nur das Haushaltsgeld, sondern auch die Rente. Wenn Frauen sich durch für das Allein- oder Zuverdienermodell finanziell von ihren Partnern abhängig machen, wenn sie ihm den Rücken freihalten, sollten sie beim Thema Rente nicht so tun, als seien sie nur WG-Mitbewohnerinnen ihrer Männer und wer weniger verdient, zahlt halt weniger ein. Wenn sich die WG nämlich irgendwann auflöst, fallen diese Frauen durch das neue Unterhaltsrecht ins Bodenlose. Denn der Expartner muss sie jetzt nur noch so lange unterstützen, wie ein Kind unter drei Jahren in ihrem Haushalt lebt und kein Krippenplatz verfügbar ist.

Vor ein paar Wochen, am Internationalen Frauentag, hätte die zuständige Ministerin zwar Themen wie den 60-%-Missstand ansprechen können, aber sie zeichnete lieber zwei „Superväter“ aus. Als könnten einzelne Superpapas das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern beseitigen. Bei den meisten Beziehungen bleibt es dabei: Wenn Kinder kommen, pausieren Frauen im Job, und wenn jemand in der Familie pflegebedürftig wird, kümmern sich die Frauen. Die Bundesregierung gibt zwar zu, dass Altersarmut die Folge unterbrochener Erwerbsbiografien ist und dass ihr oberstes Politikziel eine dauerhafte Erwerbstätigkeit sei. Aber die Familienministerin ermuntert Paare trotzdem, bei diesen – natürlich ganz privaten – Entscheidungen das Alleinverdienermodell zu wählen, indem sie den Frauen 150 Euro Betreuungsgeld verspricht und am Ehegattensplitting festhält.

Klar, 150 Euro kommen den Staat billiger als ein Krippenplatz. Und dass es später mal ein Problem geben könnte – nun ja, das ist eben später.

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9 Kommentare

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  • G
    Gitte

    Was sind denn bitteschön "Erziehungsprofis"?

    Langsam ist doch wirklich mal gut mit dem Bashing von sogenannten unfähigen Eltern.

    Vorallem finde ich es schade, wie sehr die TAZ sich auf Seiten der neoliberalen Maschine /Bertelsmann, FDP, Hundt...) schlägt und alles andere verunglimpft.

    Zum Glück gibt es noch keine Gebärmaschinen, sonst würde man den angehenden Müttern auch raten, doch lieber die "Gebärprofis" ranzulassen. Wobei die steigende Kaiserschnittrate ja zeigt, wohin die Reise geht.

    Und das liegt nicht nur an den Frauen, sondern an der ständigen Entmündigung an die dann viele selbst glauben "Ich war nicht in der Lage mein Kind natürlich zu gebären" sagt bald jede 3. Frau. Tja, zum Glück gibt es ja Alphamädchen, die müssen sich die Hände nicht mehr mit sowas abartig vorgestrigen wie einer natürlichen Geburt schmutzig machen.

     

     

    Bald hört man die Frauen um 17:30 auf der kleinen Spielplatzrunde zwischen kita und Abendessen auch noch sagen "Ich bin leider nicht in der Lage, mich um mein eigenes Kind angemessen zu kümmern, aber zum Glück gibt es ja Erziehungsprofis, die kümmern sich drum"

    Taz wache auf, auch außerhalb euren kleinen feinen Berlinwelt in der irgendwie niemand so richtig erwachsene geworden zu sein scheint ( daher auch lieber Verantwortung für Kinder an Dienstleistungen, die ALLE Steuerzahler zahlen deligieren, als es selbst übernehmen, aber was sind schon 1200 Euro pro Monat für einen subventionierten Krippenplatz in Berlin als 150 Euro für so eine olle deutsche Mutti oder Vati)

    Es gibt in Deutschland noch Landstriche, die kann man nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, was da für Personal in schnell zusammengezimmerten Krippen arbeitet!

    Und den 2.Wagen spart sich die Landfamilie dann auch gleich (beide müssen ja zur Arbeit fahren und das Kind auf dem Weg manchmal in den 15km entfernten Kita auch noch abladen,)

     

    Die tollen Krippen in Frankreich kenne ich auch.

    Frau Klingler, waren Sie schon mal in einer ebensolchen? Und würden Sie guten Gewissens Ihr Kind dort 8-10 Stunden am Tag lassen?

    Die Langzeitschäden trägt immer die Gesellschaft, nicht die Tazgenossenschaft.

  • M
    Mira

    Ich sehe es ganz genauso wie suswe, ohne jegliche ideologie ist es mir zu viel, 40 Std. mit Kind (und auch ohne) zu arbeiten, denn ich habe auch noch andere Interessen, wie bspw. politisches Engagement. Davon sind Eltern de facto ausgeschlossen, wenn sie Vollzeit arbeiten.

    Eine generelle Arbeitszeitverkürzung würde dabei auch noch andere Probleme (z.B. Arbeitslosigkeit) lösen, und ist lt. Prof. Massarat auch bei vollem lohnausgleich finanzierbar.

    Ich hoffe es begeistern sich noch mehr Menschen für diese Idee!

  • B
    Bert

    Interessant wäre es einmal die französischen Kinder zu fragen ob sie mir ihrer Zwangsunterbringung in Heimen zu zufrieden sind.

     

    Was mich generell stört ist dieser ständiger Unterton bei der Diskussion das nur eine Erwerbsarbeit Frauen und Männer glücklich machen kann und Kinder doch letztlich nur eine Belastung sind.

  • E
    eva-maria

    Interssant –aber nichts neues! Dass es hierzulande mau steht um die Rolle als Frau & Mutter weiss doch jedes Kind ;-(

  • CA
    Captain Ahab

    Frau Klingner macht sich Sorgen um ihre Rente, und das in jungen Jahren. Vorbildlich, schliesslich werden Frauen bald 120 jahre alt im Schnitt und irgedwoher muss das Geld für die 60 Jahre Rentenbezug ja kommen.

     

    Da ist Kinderbetreuung aber sowas von lästig, und so uncool, so gar nicht alphamädchenkompatibel. Stell sich einer vor, das ist eine Beitragslücke! Bei-trags-lü-cke. Fragen sie mal ihren Versicherungsverteter danach! Der wird ihnen aber was von der Beitragslücke erzählen, dass es sich gewaschen hat!

     

    Französinnen sehen das genau so. Also ich hol mir jetzt eine Portion Froschschenkel und denk noch mal darüber nach.

  • I
    ich

    Warum ist Kindererziehung eigentlich nur dann Geld (viel Geld!) wert, wenn es fremde Kinder sind, die ich da betreue?

     

    Und warum sagen Frauen nicht ehrlich: die Erziehung meiner Kinder ist mir ziemlich egal, ich mache lieber Karriere und kauf den lieben Kleinen viel teuren Murks als selbst mit ihnen zusammen das Leben zu entdecken? Warum wird stattdessen so getan, als wären die staatlichen Kinderwegsperreinrichtungen, in denen das sogenannte Fachpersonal teilweise nicht mal elementarste pädagogische Grundkenntnisse hat, das absolut Beste fürs Kind?

     

    Natürlich hat jede Frau das Recht sich ihren eigenen Lebensweg zu wählen. Aber Kinder brauchen neben vielen anderen Dingen nun mal zuallerst Eltern, die sich um sie kümmern wollen, Eltern die ihre Kinder an ihrem Leben teilhaben lassen. Und wer nicht bereit ist dem Kind zuliebe auf manches zu verzichten, sollte vieleicht dem Kind zuliebe auf das Kind verzichten.

  • CS
    Christian Schmitt-Kilb

    Liebe Frau Klingner,

     

    wie immer habe ich Ihre Kolumne gerne und mit Vergnügen gelesen - vielen Dank!. Ein kleiner Kommentar: Frankreich ist sicher eine gute Vergleichsgröße, wenn es um die Möglichkeit der Vereinbarung von Familie und Beruf für Frauen geht (auch wenn ich das leistungs- und paukfixierte französische Kindergarten- und Schulsystem meinen Kindern würde ersparen wollen). Aber es lohnt auch ein Blick in den Osten unserer Republik. Wir sind mit Kindern vor 12 Jahren von Ffm nach Rostock gezogen und erlebten dabei genau das, was Sie in Frankreich erfahren haben: die Normalität der Vollzeit arbeitenden Mutter. Auch über 20 Jahre nach der Wiedervereinigung hat sich die Mutti-Ideologie des Westens, die in alternativen Milieus z.B. Berlins in gewandelter Form fröhliche Urständ feiert, hier noch nicht durchgesetzt.

  • SB
    Siegfried Bosch

    "Wenn sich die WG nämlich irgendwann auflöst, fallen diese Frauen durch das neue Unterhaltsrecht ins Bodenlose. Denn der Expartner muss sie jetzt nur noch so lange unterstützen, wie ein Kind unter drei Jahren in ihrem Haushalt lebt und kein Krippenplatz verfügbar ist": Hier wird ein sehr wichtiger Punkt unterschlagen: Die in der Ehe erworbenen Rentenpunkte (und auch Anwartschaften in anderen Rentenkassen, wie z.B. eine betriebliche Altersvorsorge) werden hälftig geteilt. Frauen erhalten also nur dann weniger Rentenpunkte als Männer, wenn sie vor oder nach der Ehe weniger Rentenpunkte als Männer erwerben; wenn eine Frau also gemäß neuem Unterhaltsrecht zügig wieder arbeiten geht (möglichst Vollzeit), entsteht keine Rentenlücke. Der Artikel behauptet in diesem Punkt also schlicht das Gegenteil der Wahrheit, da bisher Frauen regelmäßig durch den Unterhalt nicht sozialversicherungspflichtig wurden und daher auch keine Rentenpunkte bekamen.

  • S
    suswe

    Was wirklich not tut, ist eine Berufsrückkehrgarantie für Mütter, die drei Jahre Erziehungszeit nehmen wollen. Das hat mit schrägem deutschen Mutterbild nicht soviel zu tun als mit vernünftiger Sorge für die ersten Lebensjahre. Weiterhin muss eine generelle Arbeitszeitverkürzung auf vier bis sechs Stunden pro Tag her. Das ist menschlich machbar und sollte auch zum Lebensunterhalt reichen. Dafür müssten Männer und Frauen aber auch eine Verteilungsfrage an die Politik stellen. Es kann nicht sein, dass Arbeitgeber auf Kosten der kleinen Kinder ihre Arbeitszeitpolitik machen können.