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Kolumne BlickeReden und foltern

Alle reden über Herrenwitze: Jetzt ist der Moment, die Kampfzone auszuweiten – auf diese überzeugten Amokquatscher.

Laber Rhabarber: Fast so schlimm wie Sexismus Bild: Worthülse/photocase.com

D er Boden glänzt, kraftvolle Diskursreiniger haben das verbale Brüderle-Smegma weggeätzt, die Debatte hat auch tiefe Verkrustungen gelöst. Aber ist nach der siegreichen Schlacht unter dem Himmelreich-Kommando auch der Krieg gewonnen? Natürlich nicht.

In der Kampfpause wollen wir den Blick etwas weiten. Denn wenn Laura Himmelreich und, na gut, der Stern, diese Republik verändert haben – und verdammt, das haben sie –, dann blicken wir doch auch mal 3.000 Zeichen lang auf diejenigen, die uns eben nicht nur mit ihrem Sexismus nerven, sondern mit ihrer tiefen Überzeugung, so oft, so lang und so bescheuert reden zu können wie sie wollen.

Auf die Abteilungsleiter also, die Professoren, die Alt-68er und die Alt-Punks, die Projektleiter, Präsentationsspezialisten und Dozenten, die Fußballtrainer und Skatbrüder, die Lehrer, Journalisten und cordbehosten Totalitarismusexperten, die alten Nazis, das mittlere Management und die jungen Vollidioten.

Bild: Alexander Janetzko
AMBROS WAIBEL

ist Meinungs- und tazzwei-Redakteur der taz.

Schauen wir auf all jene, die uns Untergebenen den fauligen Atem ihrer nicht enden wollenden Ansprachen entgegenpesten, mit einer wohl nur von Sarrazin zu erklärenden Verve und Ausdauer.

Es hört nie auf

Es beginnt in der Grundschule, wenn die Tante an der Tafel einfach kein Ende findet, während draußen die Sonne scheint und drinnen kleine Kinder sitzen, die eigentlich hier angetreten waren, weil sie etwas lernen wollten, aber nun zum ersten Mal in ihrem jungen Leben den dunklen Sog der Geschwätzigkeit an sich zerren fühlen.

Und es geht weiter in höherer und hoher Schule, in den dumpfen Sprechstundenräumen des Lehrpersonals, bei den Terminen, auf die man stundenlang gewartet hat, um dann mit keiner einzigen Frage konfrontiert zu werden, sondern mit einem unerschütterbaren Sermon des Wissenden, der jeder noch so zarten gedanklichen Versuchung widersteht, sein Gegenüber könne vielleicht doch auch ein vollwertiger Mensch sein mit eigenem Wert und originellen Ansichten.

Doch zum Glück lässt man ja jene Wesen, die sich selbst gar nicht genug von Dialektik reden hören können, aber nie den Lichtstrahl der zweiten Meinung in die dunklen Kammern ihres Selbst lassen – also: irgendwann verlässt man die Uni.

Foltereffekte im Einsatz

War man so klug, in einen nichtakademischen Beruf zu wechseln, kann es sein, dass man den Monologisten von nun an entkommt: Beim Malern oder Kochen geht es eher wortkarg zu. Will man aber zur gesellschaftlichen Elite gehören, verbringt man den Rest seiner Tage face to face mit Wesen, die nach scheindemokratischem Beginn die rhetorische Abnutzungsschlacht starten.

Man muss ihnen dabei nicht mal immer Absicht unterstellen. Sie schaffen es einfach nicht, noch den simpelsten Sachverhalt einmal klar darzulegen, sondern ergehen sich in paraphrasenhafter Umständlichkeit – in jüngster Zeit mit dem verschärften Foltereffekt des „Öhm“, was irgendwie US-amerikanisch klingen soll, aber am Ende nur auf ein Rülpsen rausläuft.

So, ich muss schließen, ich hoffe, ich bin niemandem zu nahe getreten. Falls doch entschuldige ich mich nicht, sondern gebe lediglich zu bedenken: Am Ende sind wir alle nur Menschen.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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12 Kommentare

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  • K
    kokett

    Ich stimme Ambros zu. "Amen".

     

    Und letztlich sind wir alle nur Menschen - Jepp! ;)

  • J
    Jojas

    Ein solcher Kommentar ausgerechnet von dem, der gerne ins diffus schwafelig-lektorierende-aus-dem-Nähkästchen-plaudernde abdriftet, beziehungsweise, es gar nicht erst verlassend, es schafft, einen an sich interessanten Punkt in Phrasen und Allgemeinplätzen zu ersticken. Aber immerhin wars nicht der Diez, diese scharfzüngige Nemesis des deutschen Kolumnistenwesens, sonst müßte ich mal wieder gepflegt verzweifeln.

  • T
    tazitus

    "..Am Ende sind wir alle nur Menschen..."

     

    Am Ende sind wir alle tot. Und dann ist Ruh. Schöner Text. Wie heißen noch diese Wörter/Texte, die selbst so sind, wie das, was sie beschreiben?

  • U
    Uli

    Lieber Ambros, Du hast mit dem Artikel etwas in Worte gefasst, was mir aufgrund der durch die Wortschwalle verursachten Minderwertigkeitsgefühle bisher nur halbbewusst war.

     

    Danke dafür, Gruß

  • KK
    Karl K

    Geht klar.

    Bis auf das den geistig und seelisch Amputierten geschuldete "nur" im letzten Satz.

     

    Egal. Es soll aber auch Eltern gegeben haben/geben, die ihren Kindern beibringen/vorleben,

    daß man solchen Schwerstbehinderten konsequent über´s Maul geben kann und erstaunlicherweise meist folgenlos; und im Finish - das Leben ist ein Langstreckenlauf - damit besser fährt;

    auch für´s eigene Seelenheil.

  • I
    Ivokainkrieg

    Die Twitter Überschrift führt nicht in eine erweiterte "Kampfzohne" sondern in eine weinerliche "Matschzohne"

    Eigentlich habe ich gehofft, dass über die Übergriffigkeit unserer Sprache, Interaktion und Wirtschaft auf die "Kirschen in Nachbars Garten" nachgedacht wird.

    Z.B. der unsägliche Ratschlag: "Angriff ist die beste Verteidigung"

    Oder die Beschimpfung unserer Kinder: "hör auf, du bist zu dumm"

    Oder zwei Stufen höher: diese Rohstoffe, Märkte, Verschmutzungrechte... stehen uns zu.

     

    Ich freu mich über die #aufschrei Debatte weil wir uns alle täglich ändern können, da Respekt und Reflexion die Voraussetzung für Frieden zwischen den Geschlechtern Generationen und Nationen ist.

  • O
    oranier

    Bei der Aufzählung von Leuten und Gruppen, die bestrebt sind, "so oft, so lang und so bescheuert reden zu können wie sie wollen." hat der Autor offensichtlich sich selbst vergessen.

     

    Man muss ihm dabei nicht mal Absicht unterstellen. Er schafft es einfach nicht, noch den simpelsten Sachverhalt klar darzulegen, sondern ergeht sich in paraphrasenhafter Umständlichkeit.

     

    Zwar ist seine Grammatik noch entwicklungsbedürftig ("Wesen, die nach scheindemokratischen Beginn die rhetorische Abnutzungsschlacht starten"), doch was bedeutet das schon bei jemandem, der mit solch genialer metaphorischer Artistik rhetorische Abnutzungsschlachten schlägt, ohne offenbar von dem eigenen "dunklen Sog der Geschwätzigkeit", der an ihm zerrt, im Gerinsten sich beeinträchtigt zu fühlen.

     

    Ein taz-Artikel eines gewollt Intellektuellen mit missraten antiintellektueller Attitüde, wie man ihn sich sparen kann.

  • W
    willibald

    Nette etwas geschwätzige Kolumne ... ;-)

  • S
    Sabine

    "(...)in jüngster Zeit mit dem verschärften Foltereffekt des „Öhm“, was irgendwie US-amerikanisch klingen soll, aber am Ende nur auf ein Rülpsen rausläuft." Lieber Ambros Waibel, herzlichen Dank - so nehme ich das auch wahr! Hab mich köstlich amüsiert.

  • J
    JohnReed

    Danke, passt.

  • RB
    Reinhart Buck

    Ich habe vor ein paar Jahren die Entschwafelungsanlage entwickelt als Standard-Modell u.Zusatzgerät für hartnäckige Fälle. Habe sie der "Titanic" angeboten. Leider ohne Erfolg. Wenn Sie Interesse haben, reiche ich Ihnen gern die Skizze ein. Ein Patent habe ich nicht angemeldet, nachdem mir die Meldung für die Phrasendreschmaschine merkwürdigerweise verweigert wurde.

     

    Mir erfinderischen Grüßen

     

    Reinhart Buck

    (Hamburg)

    Twitter @originalhamburg

  • G
    Gähn.

    Der Artikel war mir jetzt doch etwas zu lang.