piwik no script img

Kolumne Barbaren in Beijing"Fenkjuforjurcoperäschn"

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Sind die netten jungen Leute, die am Eingang die Rucksäcke durchwühlen, wirklich Handlanger des kommunistischen Regimes?

D ie haben Waffen unter ihren Hemden, sagt einer. Ich nicke betroffen. Und Spitzel sind das auch, fügt er hinzu. Das habe ich auch schon irgendwo gelesen und kann es immer noch nicht fassen. Die jungen Leute, die immer so nett "fenkjuforjurcoperäschn" sagen, wenn sie am Eingang zum Olympiagelände meinen Rucksack durchwühlt haben, sie sollen Handlanger des Regimes sein, unter dem alle akkreditierten Journalisten im Medienzentrum so schrecklich leiden müssen? Sind die nett anzusehenden blauen Hemden der Helferarmee Uniformen einer Spezialeinheit? Machen mir diese lächelnden Wesen den Garaus, wenn ich ein falsches Wort sage? Ich bin verunsichert.

Gehört das blaue Helferhemdchen wirklich zu den offiziellen Uniformen, die ich hier in Peking gesehen habe? Sind die ohrenschmalzfarbenen Hemden, die alle Taxifahrer tragen, auch ein Zeichen dafür, dass die tollkühnen Großstadtpiloten Handlanger der hiesigen Machthaber sind? Ich mag es nicht glauben. Am Taxistand vor dem Pressezentrum fuchtelt ein Mann in froschgrüner Uniform herum und zeigt den Fahrern an, wo sie anhalten müssen. Er sieht aus wie ein Soldat, gestikuliert wie ein unbegabter Verkehrspolizist und ist wahrscheinlich ein Mitarbeiter des Bodenpersonals bei der Pekinger Taxiflotte.

Uniformen. Immer wieder Uniformen. Vor der Einfahrt zu dem Haus, in dem wir wohnen, sitzt immer eine junge Frau in blauer Uniform. Im gleichen Blau sind auch die Verkehrspolizisten in Peking gekleidet. Ich frage mich: Gehört die Frau zum Sicherheitsapparat oder ist sie einfach nur eine Parkwächterin? Ich weiß es nicht. Im Hof selbst steht immer ein junger Mann im gleichen Outfit wie die Frau an der Einfahrt. Er ist noch fast ein Kind. Als es am Donnerstag so stark geregnet hat, ist er mit seinen Gummistiefeln in einer Pfütze herumgesprungen. Muss ich vor dem wirklich Angst haben?

Die Olympiabauten werden von einem Sicherheitsdienst bewacht. Dessen olivfarben uniformierte Mitarbeiter sind auffällig klein, schmächtig und jung. Als ich bei einem Empfang des Olympiastützpunktes Berlin in Peking war, wurde die Tür von Typen bewacht, neben denen unser neuer Gewichtheberheros wie ein Hänfling wirken würde. Nein, angsteinflößend sehen die Olympiawachmänner wirklich nicht aus. Wenn zwei von ihnen zusammen unterwegs sind, dann gehen sie im Gleichschritt. Ist der Sicherheitsdienst auch so etwas wie eine Miliz? Soll mir ihr Sicherheitsballett Angst einflößen?

Doch, das ist ganz schlimm, sagt der Kollege jetzt wieder. Schau dich doch um! Ich schaue auf eine junge Frau im blauen Helferdress. Sie greift mit der Hand in ihre Hosentasche. Mist, denke ich mir. Und: Jetzt aber schnell! "Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein", fragt mich die junge Frau kurz darauf und hilft mir auf. Meine Kollegen starren mich an. Ich war der Einzige, der sich flach auf den Boden gelegt hatte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!