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Kolumne Aufm PlatzVon wegen Kontrolle

Frauke Böger
Kolumne
von Frauke Böger

Das war knapp. Ein dürftiges 1:0 schaffen die Spanier gegen die Kroaten. Aber warum musste das so zitterig sein?

Es gibt etwas, was die Leute nicht sehen und das ist die Nervosität“, sagte Iker Casillas nach dem knappen 1:0 gegen die Kroaten im letzten Vorrundenspiel der Spanier. Klar, wer wäre da nicht nervös, wenn auf einmal nichts mehr so geht, wie alle dachten, dass es geht.

Wenn das schöne Kurzpassspiel weder richtig schön ist noch durch schnelle Abschlüsse belohnt oder gute Fernschüsse ersetzt wird? Aber warum muss ausgerechnet der über Nervosität sprechen, der die Ruhe bewahrt hat? Was ist da los bei den Spaniern?

Sie hatten 14 Torschüsse. Das muss doch reichen für einen entspannten Sieg. Entspannt war da aber nix. „Wir haben gelitten wie nie und gesiegt wie immer“, titelt die Online-Ausgabe von Marca am Morgen danach. Und auch El País weiß, dass „Cassillas das Ersticken verhindert“ hat.

Bild: taz
Frauke Böger

ist Redakteurin bei taz.de und Mitglied des EM-Teams der taz.

Nur Nationaltrainer Vicente del Bosque scheint das Spiel nicht gesehen zu haben: „Am Ende haben wir bewiesen, dass wir das Spiel kontrollieren können.“ Naja. Am Ende haben sie bewiesen, dass auch die Spanier manchmal Glück brauchen. Oder einen Schiedsrichter wie Wolfgang Stark, der mindestens einen Strafstoß für die Kroaten einfach nicht gab.

Verteidigung und Mittelfeld der Kroaten waren zu eng für die Spanier, die sonst überall durchpassen. Sie mussten es mit Fernschüssen versuchen, was nicht gelang. Sie waren zu langsam, warteten auf Bälle über die Außenbahnen und kamen einfach nicht an der kroatischen Verteidigung vorbei – vor der Viererkette waren Ivan Rakitic und Ognjen Vukojevic beweglich und schon fast unüberwindbar und dann kam ja noch die Viererkette. Die Kroaten standen kompakt, wenn man so will, aber nicht unbeweglich. Sie waren Sand, wenn auch ein bisschen feucht und klebrig.

Es war nicht die Kontrolle über das Spiel, die den Treffer in der 88. Minute brachte, sondern pures Glück, dass sich dann doch mal eine Lücke auftat in der Abwehr der kroatischen Küchentücher. Dass die Spanier in der Vorrunde aus dem Turnier rausfliegen, wäre eine irre Enttäuschung gewesen, aber ein Sieg der Kroaten über die weltbesten Fußballer wäre genauso irre schön gewesen.

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Frauke Böger
Leiterin taz.de (ehem.)
Jahrgang 1982, seit 2009 bei der taz. 2011/2012 Redakteurin für die „berlinfolgen“, die mit dem Grimme Online Award 2012 ausgezeichnet wurden. Von Anfang 2013 bis Juli 2014 leitete sie zusammen mit Julia Niemann das Online-Ressort der taz. Anschließend wechselte sie zu Spiegel Online.
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2 Kommentare

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  • K
    KSD

    Vielen Dank Andreas Suttor für diesen erstklassigen Kommentar. Dem ist nichts hinzuzufügen.

  • AS
    Andreas Suttor

    Nein - das Kurzpaßspiel der Spanier ist nicht schön und war es auch noch nie. Gepflegte Ballzirkulation kann schnelles, vertikales Spiel und vor allem Zug zum Tor nicht ersetzen. Es gibt allerdings mehr als nur ein Fünkchen Hoffnung, daß wir dieses langweilige Ballgeschiebe nicht bis zum Endspiel ertragen müssen.

    Dieses letzte Vorrundenspiel hat Wolfgang Stark und sein Team entschieden - mit der schwächsten Leistung seit Jahren. Ein nicht gegebenener sogenannter hundertprozentiger Elfmeter (Torrichter Florian Mayer stand einen Meter entfernt) und die Anerkennung des spanischen Tores nach Handspiel Iniesta (ja, der Oberarm gehört nach dem Reglement auch zu Bereich des Handspiels) besiegelten das Ergebnis dieses Spiels. Allerdings sind die Kroaten nach den Italienern jetzt die zweite Mannschaft des Turniers, die gezeigt hat, wie man gegen Spanien spielen muß - es besteht Hoffnung, daß es nicht die letzten waren. Pique und Ramos sind als Innenverteidiger ein Sicherheitsrisiko und das spanische Spiel ist vieles, aber nicht unberechenbar. Mögen sie spätestens im Halbfinale rausfliegen - damit wir uns nicht schon wieder ein superlangweiliges Endspiel bei einem grossen Turnier angucken müssen.