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Kolumne Alles BioWas heißt Ideologiekritik?

Kolumne
von Julia Seeliger

In der Linken gehört Diskurs zur Ideologiekritik und Stillstand ist der Tod. Genau das kann leicht zu einem Trip werden.

Eine vertrackte Situation – wie das Ende eines guten Pilztrips Bild: AP

U m diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, einen Umweg zu wählen.

Wir befinden uns im Wald. Im Gehölz raschelt es, verschiedene Arten von Moos bedecken den Boden. Es kracht, wenn man auf dem unebenen Boden auf Holz tritt. Ist man länger im Wald, zeigen sich Wege, die Tiere oder Menschen vorgezeichnet haben, weil sie sich angeboten haben.

Ideologiekritik ist in der Linken ein schönes Spiel, denn Diskurs gehört dazu und Stillstand ist Tod. Wer jedoch Ideologiekritik übt, weil ein anderer gesagt hat, dass sie zu üben ist, handelt unselbstständig. Wer ideologisch unideologisch ist, ist ideologisch.

Bild: Fiona Krake/fotografiona.tumblr.com/
Julia Seeliger

Julia Seeliger ist Kolumnistin der taz. Sie bloggt und twittert als Zeitrafferin.

Eine vertrackte Situation, die an das Ende eines guten Pilztrips erinnert. LSD ist besser als Pilze. Ein Gedanke verstrickt sich immer wieder in denselben und man macht sich, obwohl man weiß, dass es in einigen Stunden anders sein wird, etwas Sorgen, verrückt zu werden. Man kommt nicht raus, so wie es heute immer schwerer wird, sich außerhalb des Kapitalismus zu befinden. In einer Blogkritik zum tazlab war zu lesen: die Freiheit ist die Freiheit zur Leistung. Ich kann etwas tun, muss es aber nicht. Die Kontrolle liegt ganz bei mir. Herr und Knecht sind vereint.

Hier befinden wir uns also. Der moderne Kapitalismus erfordert ein genaues Hinsehen und Vorsicht mit dem Verkünden von Fortschritt und Freiheit, wie auch der moderne Faschismus nicht nur Straßenmobs, Polizeihorden und Folterwillkür in sich birgt.

Es ist der Krieg gegen dich, es sind sexistische, rasistische, ökofaschistische oder antisemitische Gedanken, die einsickern und eingesickert sind. Vorurteile machen das Leben einfacher und nur, weil auf der Straße keine Frauen mehr geschlagen werden, heißt das nicht, dass es keinen Sexismus mehr gibt oder in Zukunft mehr geben wird. Die Aufschrei-Debatte ist eine der üblichen und nötigen Erschütterungswellen, die die Frauenbewegung alle paar Jahre braucht.

Die Debatte ist auch Zeichen dafür, dass es neue Perspektiven und Instrumente gibt. Es ist im Internet möglich, fröhlich und militant zu handeln und mit Worten zuzuschlagen. „Schlag zurück“, singen Früchte des Zorns. Im Internet können Frauen zurückschlagen, wenn Männer geschlagen haben. Männer schlagen, indem sie Frauen in die Psychiatrie schicken, das geht schon lange so. Hysterie, Emotionalität, Wahnsinn.

Wir befinden uns also im Wald und wissen nicht, wohin wir gehen. Der Wald ist bedroht, nicht durch sauren Regen, sondern durch Ausverkauf, Rodungen, Ölbohrungen, gentechnisch verändertes Saatgut. Das ist schlimm, weil im und vom Wald Menschen leben, die ohne ihn nicht leben können, mit ihm aber sehr gut.

Der Wald wird verwüstet. Verwüstung ist mehr als Zerstörung. Die Zerstörung beseitigt nur das bisher Gewachsene und Gebaute, die Verwüstung aber unterbindet künftiges Wachstum und verwehrt jedes Bauen. Das Wort „die Wüste wächst“ kommt aus einem anderen Ort als die gängigen Beurteilungen unserer Zeit. „Die Wüste wächst“, sagt Nietzsche. Er fügt hinzu: „weh dem, der Wüsten birgt“.

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10 Kommentare

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  • leider schicken auch frauen frauen und männer in die psychiatrie und die frauen haben als personal fast die mehrheit da.

     

    liebe julia, das war eine gewollt idologische verbiegung zum einkassieren des "feminimius" mehrwerts an code.

     

    grotrsk ist es , das stimm, wo frauen so "gefühlsbetont" sind, da in dsr großchemoe versinklern zu machen.

     

    ich seh da auchkeine rechtfetigungsmöglichkeit.

    aber deswegen muss ja nicht "gelogen" werden.

  • A
    Anno

    Pilze genascht?

  • WW
    was wird hier eigentlich geredet?

    Manche warten schon seit über 40 Jahren auf einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, gefahrlosere Straßen und auf ein Ende der Bodenversiegelung, wie auch auf ein offenes Bildungssystem und befriedigende Arbeitsverhältnisse, manche noch länger.

     

    Statt dessen ist dieser Nahverkehr eher abgebaut und natürlich auch teuer geworden, und bei den anderen Ansprüchen?

     

    Was also wirklich einsickert und eingesickert ist, stellt sich als weitaus konkreter dar, als es diese Autorin vielleicht jemals wahrgenommen hat.

     

    Und dann das mit der Ideologie - eine demokratische Wirtschaft ist doch immer noch eine erstrebenswerte Utopie, da sie bislang noch nicht erreicht wurde.

  • L
    Leser

    Fräulein Seeliger,

     

    als eine ihnen freundlich gestimmte Person möchte ich Sie dazu auffordern Ihren Konsum bewustsseinsverändernder Substanzen einzuschränken. Ihr Artikel ist wirr und zudem kaut er nur Altbekanntes wieder.

     

     

     

    Ein Freund

  • W
    Wladilen

    Die Vertraulichkeit des Seins sollte in größerer Übereinstimmung quasi mit dem Datenblatt unserer geistigen Konstruiertheit (auch im Unterbau) vollzogen und nicht nur angedacht werden. Sollten uns die ewig gleichen 4 Wände anstarren und den Ausgang in eine gemeinsame natürliche Zukunft verwehren, wäre es dann nicht an der Zeit aufzuwachen, sozusagen aus dem Traum des Traumes? Wenn aber unsere Wahrnehmung immer schriller die Tiefe der Stille auslotend am Boden zerschellt, dann müssen wir handeln. Ist die Krawatte erst einmal verrutscht, nutzt es auch nichts, den Kindern Bonbons anzubieten! Unsere Gegenwehr erlahmt im Angesicht der bürgerlichen Dreifaltigkeit, der Faltigkeit des bürgerlichen Angesichts, nein, der Aussichtslosigkeit bürgerlichen Faltenwurfs. Fort mit des Geldes Fluch, der mich gefangen hält! Runter mit der Hose bürgerlicher Bedecktheiten, liebgewordener sexistischer Notdurft! Heraus zum 1. UND zum 2. Mai! Der Rassismus auch und gerade gegenüber der jüngeren Generation ist eben gerade noch nicht ins Bewußtsein der Mitte getreten. Um mit Wehner zu fragen: “Wer schnäuzt dann die Dackel?“

    Diese Gefahr ist uns nahe!

  • SR
    steffen rühl

    "und nur, weil auf der Straße keine Frauen mehr geschlagen werden, heißt das nicht, dass es keinen Sexismus mehr gibt oder in Zukunft mehr geben wird"

     

    ..nach der logik bedeutet es auch, dass es nie keinen Sexismus geben wird. Und wenn das der Fall ist sollten wir uns womöglich eher daran gewöhnen oder den sexismus in unsere "linkes" weltbild integrieren als ihn zu bekämpfen wenn es eh kein sinn hat..

  • JL
    Jürgen Lieskounig

    Also simplistischer und konfuser geht's wohl kaum: statt begrifflicher - und kategorialer - Schärfe ein Mischmasch, das am Täuschungsgeschäft der Meinungsmaschine selbstgefällig mitwirkt.

  • I
    ironimus

    Oh Du seelige Julia , nachdem ich Dich gelesen habe , bekam ich so ein waldiges Ideologiegefühl : ich glaube , ich stehe im Wald . Oder isses schon das Mai-Gefühl . Oder was ?

  • T
    tommy

    Ich versteh diesen Text mit seinen wirren Gedankensprüngen nicht. Aber ich bin ja auch nicht links. Und das ist gut so.

  • H
    hto

    "Wir befinden uns also im Wald und wissen nicht, wohin wir gehen."

     

    - nee nee, wir VEGETIEREN im geistigen Stillstand, seit der "Vertreibung aus dem Paradies", und haben eigentlich als "brave" Bürger jede Berechtigung für Kritik an die "Treuhänder" unseren "Verantwortungslosigkeit" delegiert, durch Kreuzchen auf dem Blankoscheck, u.a. Formen der "zivilisierten" Abtretung von Bewußtseinsentwicklung, damit wir dem Konsum- und Profitautismus relativ ungestört fröhnen können.

     

    Und weil wir dabei stets zeitgeistlich-reformistisch (also hirnrissig wie mit Syphilis infiziert) im Kreis laufen (der Trip heißt nun "freiheitlicher" Wettbewerb), haben wir uns ALL SO (in gleichermaßen unverarbeitete und somit manipulierbare Bewußtseinsschwäche in Angst, Gewalt und "Individualbewußtsein") zu systemrationaler UNWahrheit in Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche GEBILDET (Staat & Kirche) - da wundert es absolut NICHT, wenn stets nur die spalterische Konfusion in Überproduktion von KOMMUNIKATIONSMÜLL gesurft wird, anstatt die fusionierenden Konsequenzen / Möglichkeiten einer eindeutigen Wahrheit zum geistig-heilendem Selbst- und Massenbewußtsein (NEIN NEIN NEIN, das wollen wir nicht, denn "Schuld sind doch immer nur die "Anderen")!? ;-)