Kolumne Afrika Afrika: Wo Geld den Rasen regiert
Nigerias Fußballverband NFF hat den Spielern eine Siegprämie versprochen, sollten sie Argentinien schlagen. Aber das reicht den Spielern nicht: Sie wollen vor Anpfiff den Scheck sehen.
I n Nigeria ist Fußball eine Religion. Für beides gilt: Wenn man nicht aufpasst, wird daraus ganz schnell ein Bürgerkrieg. Und einem Bürgerkrieg vorzubeugen heißt in Nigeria, vorher alle offenen Finanzfragen zu klären. Daher dreht sich die Diskussion kurz vor dem Auftaktspiel der Super Eagles gegen den zweimaligen Weltmeister Argentinien am Samstag nicht um Sport, sondern um Geld.
Nigerias Fußballverband NFF hat den Spielern eine Siegprämie versprochen, sollten sie Argentinien schlagen, aber das reicht den Spielern nicht. Sie wollen vor Anpfiff den Scheck sehen, mit Unterschrift, dazu die genaue Aufteilung: wie viel Geld pro Tor, wie viel für den besten Akteur des Spiels, wie viel für das gesamte Team. Lars Lagerbäck, der neue Trainer, sieht sich außerstande, zu dieser Frage irgendetwas zu sagen. Nigerianer verstehen das nicht.
In Nigeria ist es üblich, Sportler mit Luxushäusern, Luxusautos und Millionensummen zu überhäufen. Bisher aber ist nicht einmal bekannt, wie viel Geld NFF überhaupt für Prämien zur Verfügung stellt. "Wir bestehen immer auf den Prämien, damit wir Spieler zur Verantwortung ziehen können, wenn sie gewinnen, wenn sie verlieren, und auch für ihr Verhalten auf dem Spielfeld", sagt Ijike Okoro, ein Geschäftsmann in der Hauptstadt Abuja. Es gehe diesmal außerdem um viel Prestige. "Afrika kann dieses Mal Geschichte schreiben, indem es die WM gewinnt, und Nigeria sollte das tun." Fußballfan Nowell Ukwa findet ebenfalls, die Höhe der Prämien sollte öffentlich bekanntgegeben werden, und zwar vor Beginn des Spiels gegen Argentinien, um jede Schummelei zu vermeiden. "Das ist immer der Punkt, wo wir uns über die Fußballbehörden aufregen, nachdem wir unnötigerweise verloren haben", erklärt er und fügt hinzu: "Ich habe Respekt für Argentinien, aber ich bin nicht damit einverstanden, dass wir auf afrikanischem Boden gegen sie verlieren."
Ikechukwu Osodo ist Journalist in Nigeria
Nigeria, Afrikas bevölkerungsreichstes Land, ist zweimal Afrikameister gewesen, 1980 und 1984, und will jetzt unbedingt die Welt erobern. Während des Afrika-Cups in Angola zu Jahresbeginn spielten die Nigerianer ziemlich schlecht. Aber mit der richtigen "Motivation", sagt der Fußballfan King Lawal, könnte Nigeria die ganze Welt überraschen.
"Diesmal gibt es keine Ausreden!", meint er. "Was in Angola passierte, darf sich in Südafrika nicht wiederholen. Wir müssen in diesem Turnier punkten, denn es gehört Afrika. Wir können uns auch nicht beklagen, dass wir im Ausland spielen, denn Südafrika ist für uns wie zu Hause. Riesige Geldsummen müssten unsere Jungs motivieren, zu gewinnen."
Jetzt, pünktlich zum WM-Beginn, sieht es plötzlich gut aus. NFF-Präsident Sani Lulu Abdullahi hat gesagt, er sei bereit, den Spielern ihre Prämien zu "zeigen", bevor sie auf den Rasen treten. "Wir wissen, dass es nicht um Geld geht", behauptet er. "Jeder Spieler will bei der WM spielen und sein Bestes geben, und unsere Spieler haben selbstverständlich klargemacht, dass es ihnen bei diesem Turnier nicht auf Geld ankommt. Aber das Geld könnte einen Anreiz bieten, drei Punkte zu holen. Wir reden alle über die drei Punkte."
Nur die genauen Höhen der Prämien - darüber ist dem Fußballverband noch immer kein Wort zu entlocken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gegen den Trumpismus
Amazon-Boykott, jetzt!
Linkenkandidat Sören Pellmann
Roter Rettungsschirm im Gegenwind
Demos gegen rechts am Wochenende
Mehr als eine halbe Million auf der Straße
Kampf um Kanzleramt
Er wird weichen müssen
Talkshowgast Alice Weidel
Rhetorisches Rollkommando
Wagenknecht und Migration
Wäre gerne eine Alternative zur AfD