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Kolumne Afrika AfrikaNicht Ghana. Afrika!

Kolumne
von Daniel Künzler

Toooor! Kollektiv bejubeln Fans in der Elfenbeinküste das Tor von Asamoah Gyan gegen die USA. Nicht Ghana hat das Spiel gewonnen, sondern Afrika.

T oooor! Nach dem kollektiven Aufschrei springen die Fans umher und jubeln. Das Tor geschossen hat Asamoah Gyan, es brachte Ghana am Samstag den Sieg gegen die USA und damit die Qualifikation für das Viertelfinale am kommenden Freitag. Die Freude ist groß: Ghana hat die Ehre Afrikas gerettet.

Das Außergewöhnliche an dieser Szene: Sie ereignet sich in der benachbarten Elfenbeinküste, im Carrefour Siporex in der ivorischen Metropole Abidjan. Die Elfenbeinküste und Ghana sind eigentlich alte Rivalen in Westafrika, auch im Sport. In den 1980er Jahren waren Länderspiele zwischen der "kapitalistischen" Elfenbeinküste und dem damals "sozialistischen" Ghana stellvertretende Duelle zweier politischer Systeme. Auch in den letzten Jahren war das Verhältnis nicht herzlich. Es gab bestenfalls gegenseitige Ignoranz.

Das anglophone Ghana hat eine andere Währung und eine andere politische Tradition als die frankophonen Staaten, von denen es umgeben ist und wo durchaus Witze über den Nachbarn gemacht werden. Unvergessen bleibt der Oktober 1993, als die ghanaische Klubmannschaft Asante Kotoko in Kumasi ihr Heimspiel gegen die ivorischen ASEC Mimosas verlor und die mitgereisten Gästefans attackiert wurden. Ein Ivorer wurde getötet, mehrere verletzt. Dies führte zu anti-ghanaischen Ausschreitungen in der Elfenbeinküste. Beim Rückspiel in Abidjan einen Monat später gab es dann 20 Todesopfer unter den angereisten ghanaischen Fans. Insofern ist das jetzt zu beobachtende ivorische Wohlwollen durchaus bemerkenswert.

Der Autor

Daniel Künzler ist Autor von "Fußball in Afrika: Hintergründe zu ,Elefanten, ,Leoparden' und "Löwen und derzeit in der Elfenbeinküste.

Aber am Samstag hat ja auch nicht Ghana gegen die USA gewonnen, sondern Afrika. Darauf verweist auch die ivorische Sportzeitung Supersport. Sie erwähnt, dass die Mannschaft nicht unnötig verändert wurde, und zitiert Stephen Appiah, der seinen Stammplatz verloren hat: "Bei uns gibt es kein Starsystem." Beides - das schreibt die Zeitung nicht explizit - ist in der Elfenbeinküste anders: Das im Spiel gegen Portugal bewährte Team wurde verändert, Starspieler Didier Drogba wieder in die Mannschaft integriert.

Einige Fans verweisen auch darauf, dass die Elfenbeinküste Ghana beim Afrikacup Mitte Januar mit 3:1 besiegte. Womit man ja stärker wäre als ein WM-Viertelfinalist - jedenfalls wenn man ignoriert, dass Ghana damals mit einer sehr jungen Mannschaft bis ins Endspiel kam, während die Elfenbeinküste im Viertelfinale ausschied.

Ghana wird jetzt als afrikanische Mannschaft wahrgenommen. Seit Beginn der WM wird in ivorischen Medien der Anlass konsequent als gesamtafrikanisch dargestellt. Auch viele Fans verweisen gebetsmühlenartig darauf. Ihr Interesse an Algerien war allerdings gering und den Südafrikanern wurde eine Mischung aus hochnäsigem Mitleid und Bedauern entgegengebracht. Nachdem das Interesse an Kamerun anfangs hoch war, wurde das Ausscheiden des frankophonen Rivalen teilweise mit offener Schadenfreude kommentiert. Bei Nigeria war die Grundstimmung ähnlich, wenngleich weniger ausgeprägt. Die Spiele Ghanas wurden dagegen seit Beginn mit viel Interesse und Lob geschaut. Erfolg zieht halt die Loyalitäten an.

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