Kolumne Afrika Afrika: Die zerrupften Super Eagles
Was nach außen als chaotisches Hin und Her erscheinen mag, ist für die meisten Nigerianer ein willkommenes Zeichen politischer Entschlossenheit.
I n einem Land wie Nigeria, wo Fußball mehr als eine Religion ist, kann das Ausscheiden der Fußballnationalmannschaft in der Vorrunde der WM nicht ohne Konsequenzen bleiben. Jeder Nigerianer ist der Meinung, dass die Spieler und das Management in Südafrika Zeit, Anstrengung und Geld verpulverten.
Nichts zu leisten und dafür viel Geld zu kriegen - darauf musste Nigerias Präsident Goodluck Jonathan giftig reagieren, indem er die Super Eagles aus allen internationalen Wettbewerben ausschloss. Und indem der Präsident diesen Beschluss dann wieder zurücknahm, um einen Ausschluss Nigerias aus der Fifa zu vermeiden, hat er zugleich vermieden, die Wut der Nation auf sich zu ziehen. Denn die Nigerianer sind nicht geduldig genug, um Jahre zu warten, bevor sie mit einem neuen Team wieder Fußball spielen dürfen.
Jonathans Rückzieher sei eine Reaktion auf den Druck der Nigerianer gewesen, nicht auf den der Fifa, erklärt Präsidentensprecher Ima Niboro. Er sei auf "Appelle wohlmeinender Nigerianer, darunter frühere Führer" eingegangen. Und zugleich habe er damit sichergestellt, dass bei Nigerias Fußballbund NFF endlich Köpfe rollen: NFF-Präsident Sani Lujlu Abdullahi, Stellvertreter Amanze Uchegbulam und der Vorsitzende des Technikkomitees, Taiwo Ogunjobi, wurden aus ihren Sesseln entfernt.
Chinedu Okoro ist Mitglied des afrikanischen Journalistennetzwerks CAJ.
Nun lotet Sportminister Alhaji Isa Bio mit dem Rest des Technikkomitees eine neue NFF-Führung aus, um die Super Eagles zu neuem Leben zu erwecken. Was nach außen als chaotisches Hin und Her erscheinen mag, ist für die meisten befragten Nigerianer ein willkommenes Zeichen politischer Entschlossenheit.
"Dies ist allen Fußballgrößen eine Lehre", sagt Lamont Onouka. "Sie missbrauchen ihre Autorität, indem sie die falschen Spieler aufstellen und sich bloß amüsieren, wenn sie ihr Land im Ausland vertreten. Es war keine gute Idee, das Team komplett zu sperren, aber noch schlimmer ist es, dass Afrikas Fußballriese in der Vorrunde ausgeschieden ist."
Salim Ikeda applaudiert dem Präsidenten vorbehaltlos. "Ich habe es kommen sehen!", ruft er. "Das musste ja so kommen. Die Super Eagles haben nicht nur die Nation gegen sich aufgebracht, sondern auch den Staatschef. Das Vorgehen des Präsidenten war richtig. Wie kann es sein, dass ein Haufen Spieler mit unfähigen Managern und jemandem, der sich Trainer nennt, alle finanziellen Ressurcen nachgeschmissen bekommt und es dann trotzdem nicht schafft, der Nation Ehre zu bringen. Vor der ganzen Welt standen wir als Idioten da." Dass ausgerechnet Ghana, der kleine anglophone Rivale in Westafrika, das Viertelfinale erreichte, stößt vielen Nigerianern besonders sauer auf.
Wer dem Fußball nicht so nahesteht, ist noch härter im Urteil. Fatima Ikweru, eine Gemüseverkäuferin in der Hauptstadt Abuja, findet, die NFF-Größen seien viel zu leicht davongekommen: "Man hätte sie für den Rest ihres Lebens ins Gefängnis stecken müssen. Das wäre eine starke Botschaft an andere, die ihre Plätze einnehmen. Mein Mann hat Unmengen Geld verschleudert, um nach Johannesburg zu fliegen und die Nationalmannschaft zu unterstützen, nur um dort zu merken, dass die Spieler und Manager überhaupt nicht motiviert waren."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!