Kolumne Älter werden: Der Untergang der Scheinriesen
Die Splitterpartei FDP geht auf Europa und den Euro los. Retten können sich die Liberalen damit auch nicht mehr.
I st der Euro noch zu retten? Diese Frage jedenfalls stellte Dr. Herrmann Otto Solms (FDP-MdB) kürzlich im Wiesbadener Hotel Oranien sich und anderen Euro- und Europafeinden, die sich in dieser antiquierten Handelsvertreterherberge vor mehr als zehn Jahren schon einmal zusammengerottet hatten, um die D-Mark zu retten; und gleich danach wieder zur Gründung eines deutschen Ablegers der FPÖ, der dann aber wegen der schieren Blödheit seiner Protagonisten - Gott sei Dank - schnell wieder in der Versenkung verschwand.
Die von der FDP nun aktuell in Wiesbaden - und auch anderswo - aufgeworfene Frage ist ohnehin die falsche. Ist die FDP noch zu retten? Das genau nämlich, liebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus (undogmatisch) links, die Sie - wie ich - mit der Vision Europa erst erwachsen und auch älter geworden sind, ist die eigentliche Frage hinter der von den Scheinriesen der nur noch scheinbar liberalen FDP nach dem x-ten Landtagswahldebakel und einigen hirnlosen Personalrochaden aufgeworfenen Scheinfrage nach der Zukunft der kontinentalen Leitwährung. Wie waidwund geschossene Spitzmausbullen (Berlin: 1,8 Prozent) läuft die gesamte Talkshowprominenz der Splitterpartei FDP kollektiv Amok, geht auf Europa und den Euro los und bedient dabei die allerniedrigsten nationalistischen Instinkte - bar jeder politischen Verantwortung für die Einheit Europas und die Export- und Reiseweltmeisterrepublik Deutschland. Und dem Irrglauben verfallen, damit vielleicht doch noch den unmittelbar bevorstehenden Untergang (im Regierungsbunker) abwenden zu können. Pfui Deibel!
Fort, fort also mit dieser Partei, die niemand (mehr) braucht, und deren Bundesvorsitzender R. als Regierungspolitiker die wohl größte Zumutung seit Kaiser Caligula (12 bis 41 n. Chr.) ist, der ja sein Pferd Incitatus, das im Palast einen eigenen Trakt bewohnte, zum römischen Konsul ernennen wollte (vorher wurde der antike Killer allerdings selbst noch schnell ermordet).
Nicht, dass wir von My Generation, die wir die Vision von den Vereinigten Staaten von Europa weiter im Herzen tragen und in diesem, unserem Leben auch noch realisiert sehen wollen, dem lächerlichen Herrn R., der tatsächlich auch noch Deutschlands Wirtschaftsministerdarsteller ist, gleichfalls ein solches jähes Ende wünschen würden!
Aber wenn der Mann ohne Eigenschaften und ohne jede Grundüberzeugung, der gerade dabei ist, unser Generationenprojekt Europa für ein paar schmutzige Prozentpunkte mehr zu verraten und den Euro an die Spekulanten zu verkaufen, wenigstens endlich von der Bildfläche verschwinden würde, wäre das doch ein Segen für die Menschheit. Mit ihm kann gerne auch noch die ganze restliche "freidemokratische" Bagage dorthin demissionieren, wo der Blutwurz wächst. Mitnehmen können sie dann gleich die neoliberalistischen Schmierlappen der Generation doof etwa in der Wirtschaftswoche, die jüngst den Euro auf dem Titel ohne jeden Bezug zur Realität - der Eurokurs ist seit Jahren stabil - als Weichwährung diskreditierten. Auch Lust auf Untergang? Bitte zusammen mit der FDP.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung