piwik no script img

Kolumbien will mehr US-MilitärStrategie in der Kritik

Südamerika Regierungsspitzen beraten bei einem Gipfel kontrovers über den Plan Kolumbiens, amerikanischen Streitkräften Zugang zu Stützpunkten zu gewähren.

Abgeschirmter Tagungsort in Buenos Aires, wo es zu Demonstrationen gegen den Stützpunkt-Vertrag kam. Bild: ap

BUENOS AIRES taz | Das hatte Südamerika noch nicht erlebt: Live in voller Länge im Fernsehen diskutierten die zwölf Staats- und Regierungschefs der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) die Militärstrategie der USA für ihre Region. Was die US-Militärs auf dem südlichen Teil Amerikas vorhaben, wird jetzt genau unter die Lupe genommen. Dies beschlossen die zwölf am Freitag bei ihrem außerordentlichen Gipfel in der argentinischen Stadt Bariloche.

Zentrales Thema des Treffens: Kolumbiens Vorhaben, den US-Streitkräften Zugang zu sieben Militärstützpunkten zu gewähren. Nach den bisherigen Informationen sollen auf sieben Basen bis zu 800 US-Soldaten und 600 Mitglieder privater Militärfirmen stationiert werden. Derzeit halten sich rund 300 US-Soldaten in Kolumbien auf.

Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe verteidigte abermals die Militärpräsenz der USA als Hilfe im Kampf gegen den Drogenhandel. Sein venezuelanischer Amtskollege Hugo Chávez referierte fast nur aus einem "Weißbuch ,Global Enroute Strategy'". Das ist ein Strategiepapier der US-Luftwaffe, das seit Mai zugänglich ist. Es geht um die künftigen Transport- und Luftwege zu den für die USA wichtigen Weltregionen. Und es behandelt die Anforderungen, die zukünftige Luftwaffenbasen außerhalb der USA zu erfüllen haben. "Mit Hilfe der AMC (Mobilen Luftkommandos) und des Kommando Transport hat das US-Kommando-Süd Palanquero in Kolumbien als einen Ort der Sicherheitskooperation ausgemacht", zitierte Chavez aus dem Text.

Aufgeschreckt von dem, was Chávez fachgerecht als "flächendeckende Überwachung" durch die US-Luftwaffe interpretierte, wurde einstimmig ein umgehendes Treffen mit dem US-Präsidenten Barack Obama gefordert. Jedoch taucht die Forderung in der Schlusserklärung nicht mehr auf. Dies dürfte auf den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva zurückgehen. Lula hatte bereits vor zwei Wochen ein Treffen mit Obama wegen der Stützpunkte in Kolumbien angeregt, sich aber in Washington einen Korb geholt.

Lula wiederholte in Bariloche seine Forderung an Uribe, im Vertrag zu garantieren, dass die US-Militärpräsenz zu keinen militärischen Aktionen in anderen Ländern führt. Boliviens Evo Morales sprach sich vehement gegen die US-Präsenz aus.

Eine gemeinsame Ablehnung der Stationierung ausländischer Militärs wurde nicht erwartet und auch nicht erzielt. In der Abschlusserklärung fordern die zwölf, dass die Anwesenheit ausländischer Militärs "die Souveränität und Integrität einer südamerikanischen Nation nicht bedrohen darf, und damit als Konsequenz, den Frieden und die Sicherheit in der Region." Der UNASUR-Sicherheitsrat soll in den kommenden Wochen die US-Militärstrategie für Südamerika analysieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!