Kollision in Teilchenbeschleuniger: Zusammenprall der Protonen
Wissenschaftlern am Europäischen Kernforschungszentrum CERN ist nach zwei missglückten Versuchen am Dienstag der Zusammenprall von Protonen mit nie dagewesener Energie gelungen.
GENF apn | Die experimentelle Erforschung des Universums hat am Dienstag einen mächtigen Schub erhalten: Wissenschaftlern am Europäischen Kernforschungszentrum CERN gelang ein Protonen-Crash mit bislang unerreichter Energie. Technische Probleme im weltgrößten Teilchenbeschleuniger LHC hatten das Experiment zunächst verzögert. Doch gegen 13.00 brach im Kontrollraum Applaus aus, als Detektoren die Kollision anzeigten.
Von den nun folgenden Versuchen erwarten sich die Forscher Antworten auf die großen Fragen der Physik. Unter anderem wollen sie das sogenannte Higgs-Teilchen nachweisen, das eine große Bedeutung beim Aufbau des Universums haben soll. In den kommenden Monaten werden die Forscher weiter Protonen aufeinanderprallen lassen, um ausreichend Daten zu sammeln, mit denen sich ihre Annahmen bestätigen oder widerlegen lassen.
Der LHC beschleunigt Protonen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit. Nun gelang es erstmals, zwei Protonenstrahlen aufeinanderprallen zu lassen. Die Energie bei dem Zusammenstoß war mit rund sieben Billionen Elektronenvolt drei Mal höher als bei bisherigen Experimenten.
CERN-Chef: "Wir sind sehr glücklich"
"Wir sind sehr glücklich" sagte CERN-Generaldirektor Rolf-Dieter Heuer nach dem Gelingen des Experiments. Dem deutschen Wissenschaftler war die Erleichterung anzusehen, als er den Kollegen in Genf seine Glückwünsche per Videokonferenz aus Japan überbrachte.
Seit zehn Tagen jagen Protonenstrahlen mit einer Energie von je 3,5 Billionen Elektronenvolt durch den ringförmigen 27 Kilometer langen Tunnel der europäischen Forschungseinrichtung. Das ist drei Mal so viel Energie wie beim bisherigen Rekord, der vom Teilchenbeschleuniger Tevatron bei Chicago gehalten wurde.
Vor dem Experiment am Dienstag konnte niemand wissen, ob es innerhalb der ersten Minuten und Stunden tatsächlich gelingen würde, den Zusammenprall von Protonen nachzuweisen. "Es ist, als ob sie zwei Nadeln über dem Atlantik zusammenstoßen lassen wollen", hatte Heuer gesagt.
Zwei kleine Pannen verzögern das Experiment
Am Dienstagvormittag verzögerten zwei kleinere technische Fehler das Experiment. Erst gab es Probleme mit der Energieversorgung, dann bremste ein Sicherheitssystem die Maschine irrtümlicherweise aus. "Es ist eine komplett neue Anlage", sagte Heuer. Es sei keine Überraschung, wenn die Dinge nicht beim ersten Anlauf funktionierten. Doch kurze Zeit später hatten die Forscher Erfolg. Sie gönnten sich ein Glas Sekt und gingen dann zurück an die Arbeit - denn es gibt noch viel zu tun.
Von ihren Experimenten erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschlüsse über die Entstehung des Universums und der Materie vor Milliarden von Jahren. Dass die bahnbrechende Forschung mit Risiken verbunden sei, weisen sie zurück. Sollten bei der Kollision tatsächlich sogenannte Schwarze Löcher entstehen, wären sie so mikroskopisch klein, dass sie sofort wieder zerfallen würden, sagte Heuer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pressekonferenz in Mar-a-Lago
Trump träumt vom „Golf von Amerika“
Ende der Faktenchecks bei Meta-Diensten
Nicht abhauen!
Verkehrsranking
Das sind die Stau-Städte
Forderungen von Donald Trump
5 Prozent Verteidigungsausgaben, 100 Prozent Ablehnung
Habeck-Werbung in München
Grüne Projektion
Hörsaalbesetzung in Hellersdorf
„Free Palestine“ mit dem Segen von oben