piwik no script img

Kokablätter im UnterrichtLehrer freigesprochen

Applaus für einen Freispruch: Zwei Lehrer werden nicht dafür bestraft, dass in ihrem Unterricht Kokablätter an Schüler verteilt wurden.

In Peru gelten die Kokablätter als Heilmittel, bei uns sind sie verboten. Bild: dpa

MEMMINGEN dpa | Im Prozess um Kokablätter im Unterricht hat ein Gericht in Bayern den Freispruch zweier Lehrer bestätigt. Zahlreiche Zuschauer im Landgericht Memmingen – darunter auch Eltern von betroffenen Schülern – reagierten am Dienstag mit Applaus.

Die beiden Lehrer hatten im November 2012 eine Peruanerin in den Erdkundeunterricht der Mittelschule in Weißenhorn eingeladen, um vor den Schülern über die Sitten ihres Heimatlandes zu sprechen. Dabei zeigte die Peruanerin, die an der Schule als Putzfrau tätig war, den Siebtklässlern neben Textilien und Schmuck auch Kokablätter.

Einzelne Schüler nahmen die Blätter in den Mund und zerkauten sie, andere nahmen sie mit nach Hause.

Die Blätter des Kokastrauchs gelten in Südamerika als Heilmittel. Da sie der Grundstoff für Kokain sind, sind die Blätter in Deutschland verboten. Die Staatsanwaltschaft hatte die Lehrer – einen Mann und eine Frau – der Beihilfe zur unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige angeklagt und gegen den Freispruch des Amtsgerichts Neu-Ulm Berufung eingelegt.

In seinem Schlussvortrag hielt der Staatsanwalt den 45 und 61 Jahre alten Angeklagten „Blauäugigkeit“ vor und forderte für beide hohe Geldstrafen zur Bewährung.

Das Landgericht Memmingen erkannte jedoch keinen Vorsatz und bestätigte den Freispruch aus erster Instanz. Den Lehrern sei nicht klar gewesen, dass die Peruanerin eine strafbare Tat begeht, sagte der Richter in seiner Begründung. „Wenn sie gewusst hätten, es geschieht hier etwas Rechtswidriges, hätten sie sicher etwas getan.“

Die Peruanerin ist bereits rechtskräftig verurteilt worden – sie erhielt eine Geldstrafe zur Bewährung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Wie kam es hier denn überhaupt zur Anklage? Hat Sohnemann oder Töchterlein zu Hause erzählt, was sie im Sachkundeunterricht gemacht haben und das besorgte Helikopter-Elternteil hat dann Anzeige wegen "BTM-Abgabe von Erziehungsbeauftragten" erstattet?

    Das wird im Text leider nicht erwähnt.

  • Und sowas wie der Staatsanwalt hat Abitur gemacht. Wahrscheinlich reformierte Oberstufe. Chemie-LK hat der bestimmt nicht gehabt.

     

    Was wir Ende der 70er da alles in Experimenten hergestellt haben, müsste dann reichen, meine Chemielehrer bis heute in den Knast zu bringen, wenn die nicht schon lange tot bzw. zumindest in Pension sein müssten.

     

    Naja, bei dem 12jährigen Abi, bei dem man auch mit den LKs Deutsch und Kunstgeschichte Abi machen kann, wird wohl eh keiner mehr Chemie nehmen. Und die Zeit für Experimente ist auch wahrscheinlich durch langweiliges Büffeln für die Klausuren und Prüfungen weggefallen.

  • Meine Religionslehrerin hat anno dazumal auch Hanfblätter mit in den Unterricht gebracht. Allerdings haben wir die nicht gekaut.

     

    In (Coca) Cola ist doch Koka-Extrakt, warum ist das nicht verboten?

     

    WP sagt: When chewed, coca acts as a mild stimulant and suppresses hunger, thirst, pain, and fatigue. Und: Chewing the leaves or drinking coca tea does not produce the intense high (euphoria, megalomania, depression) people experience with cocaine.

     

    Ist doch gar nicht so schlecht in der Schule. Dann sind die Schüler mal wach und fressen nicht ständig.

    • @Cededa Trpimirović:

      Das war mal...

      • @Spider J.:

        Hanfblätter machen nicht high und Coca Cola gibt es seit langem nur noch ohne Koka-Extrakt.

  • Applaus-was muss eigentlich an deutschen Schulen noch passieren-und natürlich mal wieder dei Schwächste verurteilt, dei Frau hatte weder eine akademische Ausbilung , noch dürfte sie mit dem deutschen Drogengesetz vertraut sein, für sie waren die Kokablätter was komplett natürliches und die Lehrer-ihnen sei nicht klar gewesen-Zurück auf die Schulbank mit den zweien, wobei sich die Naivität unserer Akademiker zeigt. sie laden ein, ermuntern die Frau und wissen von nix ! Hurra!

    • @Georg Schmidt:

      Mich würde interessieren wie hoch die Strafe der Putzfrau wurde. Warscheinlich verliert sie auch noch ihre Anstellung...

       

      Die danebenstehenden Akadamiker kommen davon wenn sie zulassen, dass vor ihren Augen an ihre Schutzbefohlenen Verbotene Stoffe verteilt werden aber die Putzfrau wird verurteilt. Billiger Anwalt? Zu große Angst vor den Kosten einer weiteren Verhandlung?