: Kohler will nicht absteigen
Präsident und Fans warten vergeblich auf ein Bekenntnis von Trainer Jürgen Kohler zum MSV Duisburg. Nach dem 1:3 gegen Bayern München ist der direkte Wiederabstig nur noch Formsache
AUS DUISBURGHOLGER PAULER
Ausgerechnet vor dem Spiel gegen die Bayern aus München wurde die Charakterfrage gestellt. Eine „hundertprozentige Identifikation mit dem Verein“ hatte Präsident Walter Hellmich von den Profis des MSV Duisburg gefordert. Die Fans unterstützten den Clubchef. Ein langes Transparent wurde in der Nordkurve entrollt. „Könnt ihr noch in den Spiegel schauen?“ Das Megafon der Ultras blieb stumm – aus Wut über das desaströse 2:5 in Frankfurt eine Woche zuvor schwieg ein Großteil der Zuschauer. Nur aus den Ecken kamen vereinzelte MSV-Rufe. Nach zehn Minuten durchbrachen die Fans ihr Gelübte und peitschten ihr Team nach vorne. Die MSV-Spieler dankten es ihnen mit einer engagierten aber nutzlosen Leistung. Trotz Führung unterlagen sie den Bayern mit 1:3. Der Klassen–erhalt ist damit acht Spieltag vor Saisonende sieben Punkte entfernt. Immerhin konnte die Frage nach dem Spiegel positiv beantwortet werden: „Die Leistung war in Ordnung“, sagte der spät eingewechselte Markus Kurth. Klar: „Gegen Bayern kann man mal verlieren“, sangen die meisterschaftstrunkenen Gästefans. Ein Test ohne Wert.
Ein Anderer ist auf dem besten Weg durchzufallen. MSV-Trainer Jürgen Kohler mochte nach dem Spiel nicht sagen, ob er seine Zukunft auch im Falle des Abstiegs in Duisburg sehe. „Ich möchte mich nur zum Spiel äußeren, alles andere folgt zu seiner Zeit“, so Kohler. Ein zögerliches Bekenntnis zum MSV kam erst nach mehreren Nachfragen. Der Trainer Kohler hat nicht viel von der Kompromisslosigkeit des gleichnamigen Abwehrspielers retten können.
Walter Hellmich hatte wenig Verständnis für das Zögern seines Übungsleiters: „Personen sind austauschbar“, sagte er mit ruhiger Stimme. Es gehe hier nicht um die Personen Hellmich oder Kohler. „Es geht nur um den MSV.“ Der Verein werde seinen Weg – „auch ohne Jürgen Kohler“. Die Worte des Präsidenten und Mäzens klangen emotionslos aber durchaus entschlossen. Vor dem Bayern-Spiel wurde Jürgen Kohler im Stadionheft Zebra-Magazin noch als „Arbeiter ohne Allüren“ beschrieben. „Ehrliche Arbeit wird im Ruhrgebiet geschätzt, dafür stehe ich“, so Kohler. Bei den Fans kommt diese Arbeit nicht mehr wirklich an. „Kohler wird gehen und das ist auch gut so“, lautet eine Reaktion im Fanforum.
Noch in der Winterpause war Kohler der Wunschkandidat der Duisburger Führungsetage. „Ich könnte mir vorstellen, dass Kohler zu Duisburg passt“, sagte Hellmich damals. Später gratulierte er sich und dem Verein zur Verpflichtung des „zuverlässigen und ehrlichen Arbeiters“. Der 1:0-Sieg zum Rückrundenauftakt beim VfB Stuttgart schien die Entscheidung zu manifestieren. Es war der letzte Höhenflug der Meidericher Truppe. In der Folge wurden Punkte teils emotionslos, teils unglücklich hergeschenkt. Schon in der Woche nach dem Stuttgartspiel verspielten die Duisburger einen 2:0-Vorsprung gegen den Abstiegskonkurrenten 1. FC Kaiserslautern. Kohler wechselte eine Viertelstunde vor Spielende Neuzugang Nesat Aygün ein. Der Abwehrspieler war an den beiden Gegentreffern zum 2:2 Endstand maßgeblich beteiligt.
„Es darf nicht sein, dass wir nach nur einem Jahr wieder in die Zweitklassigkeit müssen“, sagte Walter Hellmich. Nur: Seine Spieler haben sich bereits innerlich von der ersten Liga verabschiedet. „Alle anderen punkten im Abstiegskampf, nur wir nicht“, sagte Carsten Wolters nach dem Spiel. „In Wolfsburg haben wir nun unsere letzte Chance.“ Immerhin spenden die MSV-Profis ihren Fans die Fahrt dorthin – als Entschädigung für die vergangenen Monate. Und als Abschiedstour durch die Liga.
Jürgen Kohler wird mit absteigen. Dass er dem MSV erhalten bleibt, ist unwahrscheinlich. Seine erste Station als Profitrainer endet denkbar schlecht. Was er dann in die Bewerbung für neue Aufgaben schreiben wird, ist sein Geheimnis.